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Unsere Pressemitteilung zum Thema Grundschulverbünde vom 22.10.2017

Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort: Pressemitteilung zum Thema Grundschulverbünde vom 22.10.2017

Das Bildungsministerium präsentiert unter dem Anspruch „Kleine Schulen retten“ seine Vorstellung von Grundschulverbünden in Sachsen-Anhalt. Vorausgegangen ist eine 14-tägige„Anhörungsfrist“ während der Herbstferien (!!) zu welcher 14 Verbände und Organisationen eingeladen waren.. Geantwortet haben 7 Verbände, teilweise mit Protest gegen die kurzfristig angesetzte Anhörung. 4 Verbände und Fachstellen haben gegen diese Form der Anhörung protestiert und keine Stellungnahme abgeliefert, da dies im vorgegebenen Zeitraum nicht möglich sei.

Das Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort ist entsetzt bezüglich des Vorgehens, insbesondere jedoch was den Inhalt dieser Gesetzesvorlage zum Thema Grundschulverbund bringt und begründet dies in 5 Punkten:

  1. Das ist KEIN Schulverbund, sondern die klassische Außenstellenlösung. Eine kleine Schule fusioniert mit einer größeren Schule und bleibt unter bestimmten Voraussetzungen als unselbstständiger Standort erhalten. Das Wort Schulverbund dürfte folgedessen gar nicht in den Mund genommen werden. Es besagt nämlich: Zusammenschluss mehrerer gleichberechtigter Schulen einer Schulstufe oder stufenübergreifend zu einem Verwaltungsverbund.
  2. Festsetzung der Mindestschülerzahlen erzwingt geradezu Schulschließungen. Die kleinere Schule erhält gegenüber der geltenden SEPL-VO2014 (Mindestschülerzahl 60) nun neu eine untere Grenze von mindestens 40 Schülern (=33% Spielraum). Die größere Schule muss mindestens 80 Schüler vorhalten können. Dazu schreibt das Bildungsministerium: „Nach Koalitionsvertrag wird für den Grundschulverbund für den Hauptstandort auf eine Schulgröße orientiert, die oberhalb dieser Mindestgröße liegt und zwar auf eine 80er Grundschule. Eine 80er Grundschule wäre eine einzügige Grundschulemit einer mittleren Klassenstärke von 20.“ Das ist Sarkasmus und Desinformation pur, denn: Fällt die größerer Schule unter 80 Kinder, scheitert der Schulverbund. Setzt man denselben prozentualen Spielraum für die größere Schule ein (=33 % Spielraum nach unten), so benötigt diese Schule heute 120 Schüler. Erst dann wird der Schulverbund mittelfristig tragfähig. Mit 120 Kindern bewegen wir uns jedoch in Richtung zweizügige Grundschule!
  1. Schulverbünde“ müssen mittelfristig beantragt werden, kurzfristige Errichtung nicht möglich. Das bedeutet: Strukturelle Vorbereitung der nächsten Schulschließungswelle 2021-26. Konkret heißt dies nämlich, dass die Standortgemeinde im Rahmen der Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung eine „Schulverbunds-Lösung“ einzuleiten hat. Stadt A hätte also heute zu beschließen, dass ihr Schulstandort B nicht mehr eigenständig ist, sondern mit Standort C ab 2020 einen Verbund eingeht. WAS passiert mit Standort B, wenn der größere Standort C in den Folgejahren unter die 80 Kinder fällt? Schulverbund wird durch dieses Gesetz aufgelöst, Standort B ( eh schon nicht mehr selbstständig !) wird mit Standort C fusionert, also geschlossen. Mit diesem Papier werden die Voraussetzungen für künftige Schulschließungen getroffen, an denen dann niemand Schuld trägt, da die Kommunen ja „freiwillig“ in diese „Schulverbünde“ (wir sagen Außenstellen) eingetreten sind.
  2. Kommunalhoheit? Fehlanzeige! Erneut wird ein Gesetz vorgelegt, welches mehr Fragen und Präzedenzfälle produziert, als es klare Richtlinien formuliert. Angefangen vom vorzulegenden „pädagogischen Konzept“, über das Thema „Vorlauf zur Errichtung eines Verbundes“ bis hin zur Erpressung der Standortträger: Weniger als 60 Kinder?- Schließung oder Schulverbund! (=Schließung des selbstständigen Standortes und Errichtung einer Außenstelle mit ungewisser Zukunft!), überall sind es letztlich Bildungsdirektion und Landesschulamt, welche von Fall zu Fall bestimmen werden. Dies nicht unter Berufung auf das Schulgesetz, sondern auf zu erarbeitende „untergeordnete Verordnungen und Erlasse“, welche derzeit nicht bekannt sind und auf welche der Landtag keinen Einfluss mehr hat. Wie ist es beispielsweise um die Größe der „mindestens zwei Lerngruppen“ bestellt, auch wenn die Mindestschülerzahl 40 eingehalten wird? Gerade im ländlichen Bereich sind die Schwankungen der einzelnen Jahrgänge bekanntlich besonders groß. Klasse 3-4 mit 28 Kindern, Klasse 1-2 mit 12 Kindern? Was, wenn die kleinere Schule 2 Jahre unter die 40 Schüler fällt, in den Folgejahren aber darüber liegt? Ausnahmeregelung? Genau DAS wollen wir doch endlich vom Tisch haben. Wir brauchen Planungssicherheit, auch für Investitionen.
  1. Für wen greift eigentlich dieser „Schulverbund“? Da bleibt wenig übrig!
  • Er greift NICHT für Regionen mit mehr als 70 Einw/km2, folgende Regionen sind folgedessen ausgeschlossen!!  (bei der sich öffnenden Seite auf das Symbol Dichte klicken und mit Maustaste über die Karte fahren. Es folgen die Ergebnisse für die einzelnen Kommunen)
  • Er greift mittelfristig NICHT für „größere“ Schulstandorte mit 80-100 Schülern ,da diese bis 2025 unter die 80-Kinder Grenze fallen werden. Genau in diesem Segment bewegen sich jedoch die meisten (größeren) Schulen des ländlichen Raumes. Ob dann ein Schulverbund einer wirklich großen Schule in einem Mittelzentrum mit einer 10 km entfernten Landschule Sinn macht, ist zu hinterfragen. Besonders gespannt sein kann man auf das geforderte und einzureichende „Pädagogische Konzept“!
  • Er greift NICHT für einen Verbund MEHRERER Schulstandorte mit 60-80 Schülern, welche sich zu einem Verbund zusammenschließen möchten. Genau dafür wäre ein wirklicher Schulverbund jedoch eine tolle Lösung!
  • Im Zuge der STARKIII/STARKV Programme gibt es eine große Anzahl von Landschulen, welche in den kommenden 10 Jahren aufgelöst werden müssen, um den Demografie-Check des zu fördernden Objektes zu gewährleisten. Wir gehen von über 20 Schulstandorten aus. Sie alle können von diesem „Schulverbund“ NICHT profitieren.

Fazit:

Versprochen wurde seit nunmehr drei Jahren ein Multicar für den ländlichen Raum. Was hier präsentiert wird, ist jedoch ein schlecht verarbeitetes Dreirad, welches keinerlei Ansprüchen gerecht zu werden vermag.

Wir empfehlen Zurückweisung des Themas Schulverbund im Landtag und notfalls die sofortige Beantragung eines Normenkontrollverfahrens durch die Opposition.

Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort

Ernst Romoser ernst.romoser@freenet.de

Walter Helbling walteranamur@gmail.com


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