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Unterrichtversorgung: Wie aus weniger mehr wird

Wieder einmal werden Presse und damit Öffentlichkeit zugemüllt mit Zahlen, welche Besserung suggerieren, wo in Wirklichkeit ein massiver Leistungsabbau stattfindet. Betroffen sind einerseits Grundschulen, wie aber immer deutlicher wird, auch Gymnasien. Dies ist insofern erstaunlich, als hier eine Unterrichtsversorgung von 103% ausgewiesen wird.

Doch der Reihe nach. In einer Pressemitteilung legt das Bildungsministerium Zahlen zum neuen Schuljahr auf den Tisch.  Darunter befindet sich die nebenstehende Tabelle zum Thema Unterrichtsversorgung. Demnach haben wir mit Ausnahme von Förder- und Gesamtschulen einen Versorgungsgrad von 100 und mehr Prozent. Und Bildungsminister Marco Tullner findet, im Vergleich zum Vorjahr stehe man bezüglich Unterrichtsversorgung besser da. Die Abdeckung habe um einen Prozent zugenommen.

Mathematisches Wunderwerk: Aus weniger wird mehr. Das Rezept.

  1. Man kürze am Ende des Schuljahres 2016/17 die schülerbezogene Lehrerstundenzuweisung um 6%. Folge sind Klassenzusammenlegungen, Bildung übergroßer Klassen. Grund: Eine Grundschule mit 120 Schülern kriegt im neuen Schuljahr 2017/18 12 Lehrerstunden/Woche weniger zugeteilt. Nach Berechnungen der GEW wird damit die Unterrichts-Versorgung auf 96% hinunter gefahren. Klarer Versorgungs- , Leistungs- und Qualitätsabbau..
  2. Man erkläre für das Schuljahr 2017/18 diese 96% nun als neuen zu deckenden Versorgungs-Richtwert = 100%.  Somit erübrigen sich irgendwelche Vergleiche bezüglich Unterrichtsversorgung zum Schuljahr 2016/17.
  3. Man ordne die frei werdenden Lehrkräfte an neue unbesetzte Stellen ab. Gewinn ca. 200 Lehrkräfte.
  4. Man biete pädagogischen Mitarbeitern mit DDR-Qualifizierung Klassenlehrerjobs an. Ca. 100 Personen konnten von diesem Angebot Gebrauch machen.
  5. Man reduziere die Anzahl der (eigentlich berechtigten!) Freistellungsphasen für Altersteilzeit von 1209 auf 881. Ob das die Motivation der Lehrkräfte steigern, die krankheitsbedingten Ausfälle der Betroffenen senken wird?
Daraus ergibt sich: 
Für das Schuljahr 2017/18 wurden aus dem bestehenden Schulnetz über 300 "neue Lehrkräfte" herausgepresst - Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiter, welche an den ursprünglichen Schulen  fehlen. 
Eine einmalige Maßnahme, verkauft als "Effizienzsteigerung", in Tat und Wahrheit Personalabbau im Grundschulnetz. Ergebnis: Größere Klassen, weniger und vielerorts gar keine Arbeitsgruppen, Reduktion der verlässlichen Öffnungszeit. 

Für 2018/19 muss eine neue Formel her, denn der Lehrermangel wird bleiben, die Rentenabgänge werden steigen und das alles muss durch Neueinstellungen gedeckt werden. Es sei denn, man findet nochmals einen Weg, Lehrkräfte aus dem bestehenden System abzusaugen.

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