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Freie Grundschule Kamern(3): Zeitprotokoll des Verfahrens - auf verlorenem Posten.

Druckwerkstatt Kamern
Der Verein “neugierig e.V.” als Antragsteller, Träger der Freien Grundschule Kamern hatte bereits für das Schuljahr 16/17 um Bewilligung zur Eröffnung einer Grundschule nachgesucht. Grundlage war ein hochinteressantes pädagogisches Konzept, welches überregional seinesgleichen sucht, und welchem 2016 selbst von der damaligen zuständigen Fachstelle im Bildungsministerium eine besondere pädagogische Bedeutung zugesprochen wurde. Trotzdem flatterte anfangs Juni 2016 ein Ablehnungsentscheid auf den Tisch, welcher im Wesentlichen mit “fehlendem pädagogischen Interesse” begründet wurde. Dasselbe Schicksal erreichte 2016 die Träger der freien Grundschule Hansestadt Werben und 2015 und 2016 zwei Antragsteller aus Berga.

Neuer Anlauf des Vereins “neugier”

Im Folgenden werden lediglich die zeitlichen Abläufe dargestellt, dazu Fragen gestellt und kommentiert. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Fachverständnis des Bildungsministeriums wird Thema des nächsten Beitrages sein.

17.06.2016: Einreichung des Antrages zur Eröffnung der freien Grundschule Kamern
27.09.2016: Einreichung modifiziertes pädagogisches Konzept.
03.11.2016: Eine e-Mail vom Landesschulamt:
"Sehr geehrte Frau Wischer,
heute wurde mir die Stellungnahme des Fachreferates zu dem von Ihnen eingereichten überarbeiteten Konzept aus dem Bildungsministerium übersandt. Es konnte kein besonderes pädagogisches Interesse an der Errichtung der Grundschule festgestellt werden.
Mit freundlichen Grüßen i.A.
WAS war das denn?
  • Der Versuch, einer erneuten unangenehmen Auseinandersetzung um ein hochwertiges Schulkonzept aus dem Weg zu gehen? ..und weshalb?  
  • Mal kurz ne Mail schicken und dann “geben die endlich Ruhe”?
  • Mit zwei Sätzen ein hochkomplexes und zukunftsweisendes  pädagogisches Konzept zu den Akten legen und sich den Aufwand einer Begründung sparen?
  • Dreister Einschüchterungsversuch?

11.11.2016: Per Einschreiben verlangt der Antragsteller eine ausführliche Begründung und einen rechtsfähigen Bescheid. Zugleich beauftragt er den Grundschulverband e.V. mit einem unabhängigen Gutachen.
16.11.2016: Besuch von Bildungsminister Tullner in Kamern, der sich von den räumlichen Voraussetzung und der pädagogischen Ausrichtung des Konzeptes angetan zeigt, Unterstützung zusagt.
15.12.2016: Einreichung des letzten Antragsteils ( Finanzierungskonzept, Finanzierungszusage der Bank, Anmeldungen der Kinder, Stellungnahme des Bürgermeisters und des Lehrerkollegiums)
09.01.2016: Gutachten des Grundschulverbandes e.V liegt vor und wird mit Bitte um Weiterleitung an das Bildungsministerium an die zuständige Fachstelle  des Landesschulamtes abgeschickt. Die Antwort trifft in Form einer Mail ein:

"Sehr geehrte Frau Wischer,
es ist mir nicht bekannt, welche Absprache es zwischen Innen und dem Bildungsministerium gegeben hat. Mein letzter Kenntnisstand war, dass das MB im Herbst eine Bewertung IHres pädagogischen Konzeptes vorgenommen hatte. Das Ergebnis habe ich Ihnen per Mail mitgeteilt. Falls es eine Vereinbarung zwischen Ihnen und Frau……. gibt, dass Sie ein Gutachten einreichen dürfen und dass dieses dann erneut geprüft werden soll, dann bin ich darüber nicht in Kenntnis gesetzt worden. Wenden Sie sich mit Ihrem Anliegen daher direkt an das MB."
Mit freundlichen Grüße i.A.

Ob da die Linke weiß, was die Rechte tut?

Januar 2017: Sachbearbeiterwechsel im Landesschulamt. Der neue Stelleninhaber sendet das Gutachten am 31. Januar vom Landesschulamt ans Ministerium für Bildung.

24.02.2017: Antrag auf Akteneinsicht laut Informationszugangsgeset. Zwei wichtige Punkte bleiben beim Antragsteller haften:
  1. Nachgereichte Unterlagen waren nicht oder unzureichend in der Bewertung des Bildungsministeriums eingearbeitet. Verschiedene Personalunterlagen fehlen.
  2. In der Akte liegen laut Angabe des Antragstellers zwei Facheinschätzungen aus dem Bildungsministerium, wonach das eingereichte Konzept durchaus von pädagogischem Interesse ist.

Daraufhin wendet sich der Antragsteller schriftlich an Bildungsminister Tullner und weist auf die Ungereimtheiten und offensichtlichen Kommunikationslücken zwischen Landesschulamt und Bildungsministerium hin und bittet um Unterstützung.

Ende Februar: Laut Verordnung über Schulen in freier Trägerschaft (SchifTVO) muss spätestens jetzt der Antragsteller im Besitze eines Zwischenberichtes zum Stand des Genehmigungsverfahrens sein.

März 2017: Keine weitere Korrespondenz
April 2017: Keine weiter Korrespondenz
bis:
28.April 2017: Der “Zwischenbericht”, der eigentlich im Februar hätte zugestellt werden sollen, trifft ein. 7 Seiten, vorwiegend Haarspalterei, fehlerhafte Ausführungen und Schlussfolgerungen, da das Konzept entweder nicht ausreichend studiert oder aber in seiner Wirkung nicht verstanden wurde. Die Begründung des Bildungsministeriums zusammengefasst: Was ihr hier anstrebt, machen die öffentlichen Schulen schon lange. Es liegt kein besonderes pädagogisches Interesse vor.  (Die Aussagen und Inhalte des Zwischenberichtes und des Ablehnungsentscheides werden im nächsten Beitrag speziell beleuchtet)
Dem Antragsteller wird eine Frist von 14 Tagen zwecks Nachbesserung  eingeräumt.

09.05.2017: 12-seitige Antwort des Vereins auf den Zwischenbericht, in welchem auf verschiedene Fehler im Zwischenbericht aufmerksam gemacht wird, der Antragsteller an seinem Konzept festhält. Die Antwort des Vereins hat es insofern in sich, als da auch eine klare Rechtsbelehrung zu verschiedenen strittigen Punkten stattfindet

Mai: Schweigen

01.06.2017: Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss ein rechtsmittelfähiger Bescheid des Bildungsministeriums vorliegen. Das ist nicht der Fall:
09.06.2017: Der Antragsteller reicht Untätigkeitsklage ein.
09.06.2017: Mit demselben Datum trifft der Ablehnungsentscheid ein. Im Wesentlichen die Ausführungen des Zwischenberichts (mit denselben Fehlern und Fehlannahmen!) , ohne dass auf die Stellungnahme des Antragstellers zum Zwischenbericht eingegangen wird.

Antragsteller wandelt Untätigkeitsklage um in Klage auf Genehmigung der Schule und Antrag auf einstweilige Anordnung gemäß § 123 VwGO . Entscheid wird für Ende Juni erwartet.

31.07.2017:  Bis zum heutigen Tage liegt kein Entscheid des Landesverwaltungsgerichtes vor, ist auch kein Entscheidungsdatum in Aussicht gestellt. Der 1. August ist für die vorgesehenen Lehrkräfte der letzte Termin, an welchem sie sich bei ihren jetzigen Arbeitgebern verbindlich festlegen müssen….

31.07. 2017 12 Uhr: Ablehnung des Antrages auf einstweilige Verfügung. Der Schulträger geht nun ins ordentliche Verfahren, wird aber bis zu dessen Abschluss ein weiteres Schuljahr verlieren.

Von Anfang an auf verlorenem Posten ! 

Dieses Zeitprotokoll macht vor allem etwas deutlich: Der Antragsteller steht von allem Anfang an auf verlorenem Posten. Er kann den Antrag NOCH so früh einreichen, das  Bildungsministerium manövriert ihn  auf die bereits kritisierte Zeitschiene der Antrags-Verordnung.  

Rechtsmittel zu ergreifen, wird dem Antragsteller zwar zugestanden. Die zeitliche Aufgleisung des Antragsverfahrens ist jedoch darauf ausgelegt, dass bei einem möglichen positiven Entscheid der Rekursinstanz das neue Schuljahr schon begonnen hat, der Antragsteller mit leeren Händen da steht und somit ein weiteres Jahr in der Warteschlaufe verbringt, den Antrag erneut stellen muss - und durch diese Zeitschiene erneut in diese unsägliche Situation gebracht wird.  Ein teures Unterfangen, wenn bereits in die Infrastruktur investiert wurde!

Im Falle des Vereins "neugierig e.V" ein bewundernswertes Engagement der Initianten, welche bereits seit 2011 am Ball sind und weiter für ihre Schule kämpfen. Diese Schule ist eindeutig bereit und gewappnet für einen erfolgreichen Start mit einem ganz speziellen pädagogischen Konzept.  Bereits jetzt läuft da sehr viel. 

"Belohnt" werden die Antragsteller mit einer Behördenarroganz und Schnoddrigkeit, welche es verdient, im nächsten Beitrag im Detail dargestellt zu werden.

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