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Bildungsministerien: Öffentlichem Interesse mit Maulkörben begegnen?

Bildnachweis: cnythzl  gettyimages
Wir kennen das Problem in Sachsen-Anhalt  seit  Jahren. Konkrete und aktuelle Probleme um die Zukunft von Schulstandorten, den Zustand von Gebäuden oder akute Versorgungsengpässe stoßen bei Betroffenen, aber auch in den Kommunen und bei den Medien verständlicherweise auf großes Interesse. Was sich dann offenbar bundesweit abspielt, ist sehr interessant.

Aktuelles Beispiel

Das ARD-Magazin TTT befasste sich mit dem Thema Lehrermangel und marode Schulen. Ab 3:45 erfahren wir, dass  der Schulleiter dem Kamerateam das Filmen im Gebäude auf Anweisung des Schulamtes NICHT erlauben darf. Wie die Redakteure trotzdem an Bildmaterial gelangten  und wie es da drin ausschaut, sieht man in der Folge. Sind sich die Verantwortlichen eigentlich bewusst, wie mit derartigen Maßnahmen SchulleiterInnen zu Hampelmänner/Hampelfrauen degradiert werden?

Von öffentlichem Interesse oder nicht?

  • Träger von Grundschulen und Sekundarschulen, vielfach auch von Gymnasien, sind die Kommunen und Landkreise. Seit Jahren beklagen sie sich über mangelnde finanzielle Mittel, mit denen beispielsweise öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Horte auf Fordermann gebracht werden sollten. Es wäre also im Interesse dieser Schulträger, dass derartige Standorte mit ihren Problemen sichtbar gemacht werden, damit unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden können. Denn machen wir uns nichts vor: Ein Restaurant- oder Pensionsbetreiber riskiert bei einer gesundheitspolizeilichen Prüfung mit  vergleichbaren Mängeln die sofortige Schließung seines Betriebes.
  • Nicht so öffentliche Schulen. Da gibt es trotz seit Jahren tropfender  Abwasserrohre oder undichter Fugen in Toiletten, Schimmel in Unterrichts- und Speiseräumen erst Reaktionen, wenn Eltern laut aufschreien oder Medien darüber berichten wollen. Ansonsten nimmt der Zerfall seinen Weg....   
  • Damit dies so bleibt, haben wir Schulleiter, welche von ihrem Arbeitgeber - dem Landesschulamt oder Schulamt - in die Pflicht genommen werden. Die Schulleitung wird im Grunde genommen angewiesen, Berichterstattung zu diesem Thema zu verhindern. Meistens halten sich die Leitungen konsequent  an diese Vorgabe. Wer will schon eine Abmahnung? 
  • Personalengpass? "Wenden Sie sich ans Landesschulamt, ich bin gegenüber Medien nicht auskunftsberechtigt", Schimmel im Speiseraum? "Ich kann dazu nichts sagen, aber die Vorwürfe werden geprüft, es finden Untersuchungen statt. Wenden Sie sich an....". Dies zu einem Thema, welches Lehrkräften, Eltern und Standortträger schon längst bekannt ist und seit Jahren akuter Handlungsbedarf besteht.. 
  • So kommt es, dass zwei Tage später völlig frustrierte Lehrkräfte und Schulleitungen den Medien entnehmen können, dass die Zustände nur halb so schlimm seien, wie "die reißerischen" Aussagen einiger Eltern etc. Und alle Betroffenen wissen, dass sie jetzt eine dicke Lügenkröte schweigend runterzuschlucken haben. Das klingt dann beispielsweise so.  Bei einer Unterrichtsversorgung von 69%! Ist diese Informationspolitik vermittelbar und vor allem rechtens? Wer übernimmt die Verantwortung, wenn die Nutzer dieser Gebäude gesundheitlich zu Schaden kommen?
Öffentliches Interesse geht vor Maulkorb - besonders wenn es um die Gesundheit und Sicherheit von Kindern, Jugendlichen, aber auch Lehrkräften geht!

WER hat denn eigentlich das Sagen?

WER ist denn Hausherr in diesen Schulen? Eigentlich ist es die Standortgemeinde, welche mit Eigenmitteln und Fördergeldern dieses Gebäude gebaut hat und unterhält.  Mangels finanzieller Zuweisungen durch das Land ist sie jedoch verdammt dazu, irgendwelche Fördermittelanträge auszufüllen und Jahre darauf zu warten, ob sie  auch an die Reihe kommen wird. Oder aber  der Förderantrag  wird mit nicht nachvollziehbaren Gründen abgelehnt, womit alles beim Alten bleibt. Hier aktuell ein Bericht zu einem Top-Gymnasium im Salzlandkreis. 

Üblicherweise ist es auch der Standortträger, welcher über die weitere außerschulische Nutzung der Schulgebäude bestimmen sollte/könnte - müsste man meinen. Ein Haus der Bildung, aber auch der Gemeinschaft - erbaut mit Steuermitteln. Öffentlich nutzbar, nicht wahr?

In der Praxis läuft jedoch was völlig Anderes ab: "Hausherr" ist die Schulleitung. Sie ist Anlaufstelle für alle und zuständig für den Betrieb während der verlässlichen Öffnungszeit und anschließend ist die Schule geschlossen. WEM ist die Schulleitung unterstellt? Dem Landesschulamt. Direkter Bezug zur Standortgemeinde? Sehr lose, wenn es um bauliche und Unterhalts-Maßnahmen geht. WAS hat die Gemeinde zus sagen, wenn es um neue Nutzungskonzepte geht, wenn um Schulstandorte gefeilscht wird? Wo steht da die Schulleitung? Richtig. Maulkorb.

An wievielen Orten liegen diese Räumlichkeiten ab 13:30 Uhr und während der Schulferien konsequent brach? Ausnhamen bestätigen die Regel. Ist DAS Sinn und Nutzungszweck von Schulgebäuden? Im Sinne der Bildungsministerien, im Sinne der Standortgemeinde, im Sinne der Steuerzahler, im Sinne der Einwohner eines Schulstandoertes?


Thema Lehrermangel, Unterrichtsversorgung, Ausfall


Eine Schule, permanent unterversorgt, kollabiert  und die Schulleitung wird  mundtot gemacht. Klappe!  Hier der ganze Beitrag.  

So geht es gleich weiter. Wernigerode 2016:


Verordnetes Schweigen an den Schulen und nichtssagende Auskünfte vom Landesschulamt. Auch hier die Frage: Gibt es ein begründetes öffentliches Interesse an Information und was, wenn diese aus nichts sagenden  Allgemeinplätzen besteht? WAS hat diese Aussage mit der Problematik in Wernigerode zu tun

Wir halten fest: Direktbetroffene Eltern, Lehrkräfte und Journalisten, welche berichten wollen, werden ans Landesschulamt verwiesen und dort mit  nichts sagenden Auskünften abgewiegelt. Dabei betonen wir, dass wir diese Vorwürfe nicht direkt dem Landesschulamt machen, denn auch diese Beamten sind weisungsgebunden. Die aktuelle prekäre Situation ist ein Produkt der Landespolitik und der zuständigen Ministerien.

Das fragwürdige Informationsmonopol

Das Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort hat nun 4 Jahre lang zugeschaut und zugehört, was alles an Infos und "Fakten" von Seiten des Bildungsministeriums an die Öffentlichkeit getragen wurde. Regelmäßig wurden Grundaussage UND Zahlen durch Betroffene und Gewerkschaften, aber auch Lehrer- und Elternorganisationen in Frage gestellt. Meistens sogar widerlegt. Dies bedeutet: Das Zahlenmaterial oder die Aussagen waren und sind vielfach nicht belastbar. 

Wir werden deswegen ab morgen 26.08.2017 bis Freitag 08.09.2017 wie angekündigt mit unserer ersten Eltern-Befragung zur Situation an Grundschulen  im Schuljahr 2017/18 starten. Während 14 Tagen wird sie im Netz stehen und wir sind jetzt schon gespannt auf die Ergebnisse, denn hierbei handelt es sich um Momentaufnahmen vor Ort, breit erfragt und wir versprechen uns  für die laufende Diskussion zum Thema Bildung aussagekräftige Rückmeldungen. Wir freuen uns auf die Beteiligung vieler Eltern an möglichst viele Schulstandorten.



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