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Situation an den Grundschulen Sachsen-Anhalts - eine Momentaufnahme

Pressemitteilung vom 06.07.2015

Seit 2012 wird in Sachsen-Anhalt zum Thema Grundschulen neben dem Thema Grundschulschließungen (als vermeintliche Personalsparmaßnahme) in erster Linie über die Versorgung mit Lehrkräften debattiert. Trotz offensichtlicher Unterversorgung erklären uns Bildungsministerium und Landespolitiker unverdrossen, diese Schwierigkeiten im Griff zu haben und es sei alles nicht so schlimm. Wir finden es tragisch und verantwortungslos, gerade zum  Thema Bildung über Jahre hinweg offensichtliche Versorgungsmängel schön zu reden.

Schon längst müsste nämlich in Sachsen-Anhalt über das Thema Schulqualität gesprochen werden. . Die aktuell erschienene Studie der Caritas zum Thema Schulabschluss mit Sachsen-Anhalt auf dem letzten Platz muss uns alle aufrütteln. Nicht die Lehrkräfte sollen hier kritisiert werden, sondern die Rahmenbedingungen, unter denen Lehrkräfte zu unterrichten haben.

Zwei Themenkreise, zu denen wir sensibilisieren möchten

1. Schein und Realität an unseren Grundschulen

Landesschulamt und Bildungsministerium werden nicht müde, gerade Grundschulen als innovativ, pädagogisch und konzeptionell breit aufgestellt, themenzertifiziert und leistungsfähig darzustellen. In Tat und Wahrheit kämpfen die SchulleiterInnen der meisten Schulen um das tägliche Überleben = Aufrechterhaltung des Schulbetriebes durch Improvisation und Überstunden. Mit Qualität hat dies nur noch wenig zu tun. Wenn dann auch noch behauptet wird, an Grundschulen gäbe es lediglich 2,5% Stundenausfall, dann ist dies eine nicht nachvollziehbare Verharmlosung der Realitäten.
Wir haben deswegen mit einer Elternbefragung diese gesamte Thematik aus einer anderen Sicht beleuchtet. Die Ergebnisse müssen uns alle erschrecken. Hier die Auswertung.

2. Lehrermangel an Grundschulen - Einstellungsbedarf
Unsere Zahlen zum Thema Lehrerbedarf
Der Tagespresse war zu entnehmen, in welcher Form man der offensichtlichen Lehrerknappheit zu begegnen gedenkt. Die dabei kommunizierten   Einstellungskorridore und neu zu schaffenden Ausbildungsplätze bis 2031 sind ein Plattwalzen eines akuten Personalengpasses auf eine Zeitschiene von 15 Jahren. Die Annahmen, auf Grund derer die Ermittlung des Grundbedarfes an Neueinstellungen stattfand, sind uns nicht bekannt. WIR kommen jedoch zu völlig anderen Ergebnissen und die lauten: 
Für den Zeitraum 2018-22 dramatischer personeller Notstand! Er rührt daher, dass es in den Jahren 2010 bis 2016 aus finanzpolitischen Gründen unterlassen wurde, auf die sich abzeichnende altersbedingte Verrentungswellen im gesamten Lehrkörper zu reagieren und die Ausbildungskapazitäten entsprechend hochzufahren. Die jetzt eingeleiteten Maßnahmen werden frühestens 2022 auf dem Stellenmarkt aktiv. Hier unsere Gewichtung und Prognose zu diesem Thema.

Wir vertreten den Standpunkt, dass es politisch verantwortungslos ist, mit Verweis auf die Haushaltslage notwendige Mittel für Neueinstellungen von Lehrkräften und sofortige massive Erhöhung der Ausbildungskorridore zu blocken und auf die Zeit NACH 2019 zu verweisen, sich aber gleichzeitig dafür zu loben, man habe 200 Mio € Schulden abgebaut.. Wir brauchen JETZT ganz klare Signale für Investitionen in die Zukunft. Gute Bildung IST  Zukunft für unser Bundesland.

Woher nehmen und nicht stehlen?

Es ist offensichtlich: Ausgebildete Lehrkräfte sind derzeit bundesweit Mangelware. Eine weitere Realität besteht darin, dass wir bis 2022 jährlich 300-400 qualifizierte Lehrkräfte aus anderen Bundesländern finden müssen, um den derzeit aktuellen Bedarf  decken zu können. 
Wir meinen, dass das gesamte Ausschreibungsprozedere auf völlig neue Beine gestellt werden muss. Wir sind der Überzeugung, dass dies in dezentralisierter Form, bundesweit  und ganzjährig ausgeschrieben bedeutend effizienter ist. Nötig ist dafür eine Plattform, auf welcher Lehrkräfte stellenspezifisch und ortsdefiniert umworben werden. Wer kann das besser als die Schulleitungen in Zusammenarbeit mit den Standortgemeinden, welche den künftigen Arbeitsort mit Schul- und Ortsprofil vorstellen, evt. auch weitere Angebote bezüglich Wohngelegenheit etc. einbringen? Ganz nebenbei machen wir damit auch Standortwerbung für viele tolle Kommunen in Sachsen-Anhalt.
Im Weiteren gehört die Vertretungsthematik völlig neu aufgegleist, damit man wenigstens mittelfristig  Entlastung und taugliche Lösungen im Schulalltag für unsere gebeutelten Grundschulen garantieren kann. Wie das andernorts seit Jahren praktiziert wird,  wurde von uns bereits ausführlich dargestellt.
Das Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort wird diese beiden Themen auch im kommenden Schuljahr konstruktiv-kritisch weiter verfolgen. Dabei werden wir weiterhin auf Momentaufnahmen in Form von Eltern- und Lehrerbefragungen setzen.

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