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Freie Grundschule Kamern (2): Die Verhinderungsverordnung

Schulgarten Kamern
Es braucht Mut, wenn man in Sachsen-Anhalt als Verein oder Freier Schulträger beabsichtigt, Antrag auf Bewilligung einer Schule zu stellen. Das beginnt bereits mit der Verordnung, welche beschreibt, WAS alles BIS WANN und WO einzureichen ist. Eine Verordnung, welche in der Zeitschiene  darauf ausgelegt ist, Antragsteller in eine unmögliche Situation hinein zu manövrieren, was das Zeitmanagement betrifft. In diesem Beitrag geht es um die formale Darstellung des Verfahrens.

  • Bis spätestens Ende Dezember ist der Antragssteller verpflichtet, Konzept, Finanzierung, Lehrkörper (Verträge, Lehrberechtigung etc.) mit allen Unterlagen beim Bildungsministerium zu hinterlegen. Der Antragsteller muss bis zu diesem Zeitpunkt seine “fertige Schule”, welche im August des Folgejahres (vielleicht) den Betrieb aufnehmen wird, präsentieren.
  • Dem Antragsteller wird in der Verordnung zugesichert, 2 Monate NACH Antragstellung , also spätestens im Februar, einen Zwischenbericht zum Stande des Bewilligungsverfahrens zu erhalten. Im vorliegenden Fall ist dieser Bericht am 28. April eingetroffen! Zwei Monate zu spät. Zwei wichtige Monate, in denen zeitnah Klarheit hätte geschaffen werden können. Was die Verordnung vorschreibt, gilt offenbar lediglich für den Antragsteller, nicht aber für das Bildungsministerium.
  • Während sich das Bildungsministerium ganze 4 Monate Zeit lässt, ein Konzept zu prüfen, kriegt der Antragsteller eine “Nachbesserungsfrist” von 14 Tagen. Wird diese nicht eingehalten, kann der Antrag abgelehnt werden.
  • Anschließend gibt die Verordnung dem Bildungsministerium Zeit, bis spätestens 1. Juni einen Entscheid zu fällen.  Im regulären Verfahren würde dies bedeuten: Zwischenbericht spätestens Ende Februar, “Nachbesserungsfrist” 14 Tage = Mitte März. Ja und dann lässt sich das Ministerium Zeit bis 1. Juni, um einen Entscheid zu fällen… 10 Wochen!... und selbst diesen Termin lässt es verstreichen! Das alles, um einen Text aus dem Zwischenbericht mehr oder weniger im Copy-Paste -Verfahren als Entscheid zu verpacken. Mit denselben Falschinformationen und Fehlannahmen, obwohl der Antragsteller in seiner Stellungnahme deutlich darauf hingewiesen hat.
  • Eltern und Lehrkräfte brauchen also stabile Nerven bei diesem Poker, vor allem, wenn ein Zwischenbericht eher Ablehnung des Konzeptes ankündigt. Das Risiko des Antragstellers besteht darin, dass Eltern ihre Kinder abmelden, Lehrkräfte in dieser Zeit aktiv abgeworben werden oder der Ungewissheit mit einer gesicherten Festanstellung andernorts ein Ende bereiten. Fazit: Große Wahrscheinlichkeit, dass dieser Antrag nach einem negativen Zwischenbericht implodiert. Genau DAS scheint mit diesem Zeitfenster der Verordnung beabsichtigt!
  • Die entscheidende Frage ist jedoch, ob mit dem letzten Termin (1. Juni)  nicht die Rechte des Antragstellers schikanös eingeschränkt werden. 3 Wochen vor Schulferien kriegt er einen Bescheid, gegen welchen er innerhalb eines Monats rechtlich Widerspruch einlegen kann. Das Verfahren selbst dauert dann auch noch seine Zeit. ..und so lange gibt es weder für Eltern noch für Lehrpersonal irgendwelche Sicherheit.
  • Selbst wenn einem Widerspruch, einer Klage des Antragstellers irgendwann im Juli stattgegeben wird, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er den Betrieb mangels Schülern oder Lehrkräften  nicht wird aufnehmen können, das ganze Bewilligungsverfahren für das folgende Jahr neu aufgerollt werden muss. Kamern befindet sich bereits in dieser zweiten Runde.
  • Diese Zeitschiene verfolgt offensichtlich nur ein Ziel: Sie gibt dem Bildungsministerium die Möglichkeit, Schulträger, welche den bestehenden Schulentwicklungsplan gefährden, abzublocken. Dies in der Hoffnung, dass sich, unbesehen einer späteren rechtlichen Klärung, “das Problem” von selbst erledigt.  

Ein völlig schikanöses Verfahren! Da ist politischer Handlungsbedarf!

Kernstück und sofort anzugehen:
Endgültiger rechtsfähiger Entscheid und Begründung des Bildungsministerium in Sachen Bewilligung Freier Schulträger spätestens am 15. April!  

Damit bricht diese Verhinderungsverordnung zusammen. Die Antragsteller kriegen überhaupt erst die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsentscheides  in einem, aus Eltern- und Lehrersicht noch erträglichen Zeitfenster wahrzunehmen und rechtlich klären zu lassen.

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