In zwei Wochen gehört das Schuljahr 2017 in Sachsen-Anhalt der Vergangenheit an. Es handelt sich dabei um das dritte Jahr in Folge, in welchem eine offensichtliche Unterrichtsversorgung mit Lehrern tiefe Spuren in der Bildungslandschaft hinterlässt, dies zum Nachteil unserer Kinder, vor allem aber auch als immer größere physische und psychische Belastung der Lehrkräfte.
Verschärft wird diese Situation im kommenden Schuljahr durch den Erlass des Kultusministeriums vom Mai 2017, wonach die schülerbezogene Stundenzuweisung reduziert wird. Dies bedeutet für die Schulleiter: Weniger Lehrerstunden zur Aufrechterhaltung eines gesicherten und qualitativ guten Unterrichts. Wir haben also die Situation, dass seit Jahren von einem absehbaren Lehrermangel gesprochen wird, dem das Bildungsministerium mit statistischer Rechenakrobatik zu begegnen versucht, wissend, dass in Tat und Wahrheit Unterrichts- und Bildungsqualität abgebaut werden. Damit zeichnet sich auch für 2018 ab, dass Improvisation, Überstunden, Klassenzusammenlegungen und /oder Stundenausfälle der rote Faden des Schuljahres 2017/18 sein werden. Irgendwie über die Runden kommen.....
Alles dreht sich um fehlende/kranke Lehrkräfte
Angesichts der prekären Unterrichtsversorgung greifen wir die dazu gehörigen 3 Themenkreise und unsere Vorschläge erneut auf. Wir halten fest, dass sich nichts, aber gar nichts in diese Richtung bewegt, obwohl damit viel mehr Flexibilität und Entschärfung der aktuellen Unterversorgung erzielt werden kann. Der ernüchternde Ist-Zustand kann auf dieser Seite abgelesen werden. Das Landesschulamt sucht zentral derzeit weder Vollzeit-Lehrkräfte, noch Vertretungslehrkräfte (Anforderungsprofil beachten!) Man könnte also davon ausgehen, dass Vollversorgung besteht. Dem ist jedoch nicht so, wie dieser aktuelle Beitrag zeigt. Es ist dieses zentralisierte Bewerbungssystem, welches es verunmöglicht, zeitnah auftretende Personallücken zu schließen.
Thema 1: Reguläre Vollzeit-Stellenausschreibung Note 5
Enormer Handlungsbedarf, Arbeitsweise muss grundlegend verbessert werden
- Ausschreibungen müssen dauerhaft für jede zu besetzende Stelle im Netz sichtbar sein und zwar ab dem Zeitpunkt, in welchem die Lücke sichtbar ist. z.B. Schulleiterin geht Sommer 2018 in Rente: Es ist also völlig logisch, dass diese Stelle JETZT ausgeschrieben wird.
- Ausschreibung ist nicht nur funktional, sondern da präsentieren sich Schulteam und Standortgemeinde (evt. sogar mit dem Anbieten von Wohnraum!) mit verweisenden Links.. Das bringt Leben, Farbe und Individualität im Wettbewerb um Lehrkräfte. Im Zentrum stehen Schule und Schulstandort. Das Stelleninserat bleibt so lange online, bis die Stelle besetzt ist.
- Ausschreibung geschieht durch Schulleitung und Standortgemeinde auf einem modifizierten Stellenportal des Landes oder einem neu zu schaffenden Portal einer anderen Institution. So was steht innerhalb von drei Wochen! Masken gibt es genügend.
- BewerberInnen, welche sich NACH dem Kontaktgespräch mit dem Team und der entsprechenden Empfehlung FÜR diese Stelle entscheiden, werden auch hier angestellt. Das Landesschulamt nimmt die formalrechtliche Anstellung vor.
Im Gegensatz zum jetzigen System ist es also für Lehrkräfte möglich, sich frühzeitig nach Stellen umzusehen, sich intensiv mit Wohn- und Schulort zu befassen und sich DANN zu bewerben. Nicht das Landesschulamt, sondern Schulleitung und Standortgemeinde werben um Lehrkräfte. Hier ein solches Ausschreibungs-Modell, man beachte auch die Beschäftigungspensen!
Der mögliche Einwand, hier existiere eine kommunale Schulbehörde, ist nicht haltbar. In der Praxis gibt nämlich die Schulleitung die Empfehlung ab, welche von der lokalen Verwaltung übernommen und von der Bildungsdirektion formalrechtlich (Anforderungsprofil gewährleistet?) bestätigt wird.
Das derzeitige Ausschreibungsmodell des Landes Sachsen-Anhalt für Vollzeitbeschäftigte mag verwaltungstechnisch praktisch sein. Das Resultat sind jedoch Ausschreibungen, welche völlig unattraktiv und eigentlich demotivierend daher kommen. Im Gegensatz dazu diese Ausschreibung , in welcher sich gleichzeitig der Ort präsentiert und die Schulleitung persönlich um eine neue Lehrkraft wirbt.
Am Rande!
Eine immer wiederholte Forderung des Aktionsbündnisses Grundschulen vor Ort ist es, dass im Grundschulbereich mehr Kompetenz auf die Kommunen verlagert wird. Dies führt nicht nur zu kürzeren Entscheidungswegen. Viel wichtiger ist die Identifikation von Behörden und Bevölkerung mit der “eigenen” Schule auch in inhaltlichen Fragen. In der oben zitierten Ausschreibung findet sich auf der Gemeindeseite eine Schulbeschreibung, welche interessierten Lehrkräften derart viele Zusatzinformationen im Voraus liefert, dass sie sich ein weit über die reine Lektionentafel hinaus gehendes Bild von ihrem künftigen Arbeitsort machen können. All dies sind doch die wirklichen Entscheidungskriterien, welche Lehrkräfte motivieren, sich überhaupt erst um eine Anstellung zu bewerben.
Das gilt jedoch nicht nur für Lehrkräfte. Familien, welche mit dem Gedanken spielen, sich hier anzusiedeln, kriegen genau so ein Bild der Bildungsangebote und -schwerpunkte ihres künftigen Wohnortes. Standortwerbung mit einer funktionierenden, profilierten Schule… auch DAS hätten unsere Schulträger im ländlichen Raume Sachsen-Anhalts dringend nötig.
Stattdessen wird nun seit Jahren auf Landesebene über Lehrerversorgung und Haushaltsmittel diskutiert, streiten sich “Experten” seit 2014 um die Definition des “mutmaßlichen” Lehrerbedarfs, während die personelle Versorgungsstruktur immer schwächer wird, Schulqualität verschwindet. 3 lange Jahre! Auszubaden haben dies die Kinder, die Lehrkräfte, die Eltern, die Standortträger. Effizienz geht anders.
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