Überall, wo Menschen arbeiten, entstehen krankheitsbedingte Absenzen, auch in unseren Schulen. Für diesen Fall greifen die Landesschulverwaltungen und Politiker auf die so genannte Vertretungsreserve zurück. Letztere kann jedoch nur aktiviert werden, wenn eine Grundausstattung von 103% in der Lehrerversorgung existiert. (Grundversorgung 100% + Vertretungsreserve). Dies die Theorie. Ausgeblendet wird offenbar, dass in einem Lehrkörper mit Durchschnittsalter 50+ deutlich mehr als die berechneten 3% des Personals erkranken.
Die Realität an unseren Grundschulen im Jahre 2017: Die Unterrichtsversorgung beträgt je nach Quelle zwischen 96 und 98%. Dies bedeutet: Nicht alle Stellen sind besetzt. Noch krasser: In diesem Prozentwert sind die kurz- und mittelfristig erkrankten und somit nicht im Unterricht verfügbaren Lehrkräfte mit eingerechnet. Wir setzen den wirklichen Krankenstand mal eigenmächtig auf einen aus unserer Sicht tiefen Wert von 6 - 8%. Daraus resultiert eine tatsächliche Unterrichtsversorgung von unter 90%. Diese Ausfälle werden von den restlichen Lehrkräften über längere Zeiträume durch Mehrarbeit, Klassenzusammenlegungen oder Beaufsichtigung durch pädagogisches Personal kompensiert. Wirklicher Ersatz, (nicht Abordnung aus einem anderen Schulhaus, wo die Lehrkraft dann fehlen wird! ), kommt, wenn überhaupt, durch das Landesschulamt, was aber Wochen, wenn nicht Monate dauern kann.
Vertretungsreserve? Wo nicht mal eine 100%-Versorgung sicher gestellt ist, erübrigt es sich, von Vertretungsreserven zu sprechen… Darunter wäre ja zu verstehen, dass solche Vertretungen innerhalb von z.B. 48 Stunden vor Ort und einsatzbereit sind. Dem ist nicht so. Der einfache Grund: Diese “Reserve” ist physisch nicht vorhanden, also imaginär. Wer kurzfristig in diese Lücke springt, wird von einer anderen Schule abgezogen und hinterlässt ein Loch, welches dort wieder von Kollegen gestopft werden muss.
Personalmanagement “Krankheitsbedingter Lehrerausfall” Note 6 !
Trotz einer nicht existierenden Feuerwehr erklären sich Bildungsministerium und Landesschulamt als alleine zuständig für die Brandbekämpfung! Der Löschtrupp wird in Tat und Wahrheit erst NACH Brandausbruch im Ausschreibungsverfahren gesucht.
Wann kommt endlich der Schulhaus bezogene Vertretungspool?
Seit Jahren fordern wir, dass Schulleiter die Möglichkeit kriegen, sich eine regionale/örtliche Vertretungsreserve anzulegen. Wie das funktioniert, ist hier beschrieben und am Beispiel Bayern praktisch und verwaltungstechnisch dargestellt.
Dabei gibt es zwei Ebenen, auf denen sich Interessenten anmelden können:
- Schulhaus bezogen über Schulleitung, wenn sie einen solchen Einsatz nur als “Notnagel” , an diesem Ort und für eine beschränkte Zeit ins Auge fassen.
- Landesbezogen, weil sie sich derartige Einsätze auf Abruf regional oder landesweit durchaus vorstellen können. In beiden Fällen wird vorab geprüft, ob die sich interessierende Person für diesen Einsatz qualifiziert ist.
Der immer wieder vorgebrachte Widerspruch: “Wir finanzieren doch keine Lehrkräfte, welche im Wartezimmer auf ihren Einsatz warten”, zeigt, wie wenig sich gewisse Leute überhaupt in dieses Thema hineinzuarbeiten bereit sind.
Deswegen nochmals zusammengefasst:
- schulhausbezogener Vertretungspool bedeutet: Schulleiter haben auf Eigeninitiative oder durch das Landesschulamt zugetragen eine Liste mit bereits vom Landesschulamt anerkannten Lehrbefähigten, welche bereit sind, bei Unterrichtsausfällen kurzfristig an dieser Schule einzuspringen.
- Diese Personen stehen zwar auf der Liste, kosten jedoch erst ab dem Zeitpunkt, zu welchem sie eingesetzt werden. Dadurch, dass die Unterlagen bereits vorgängig geprüft wurden, steht im Krankheitsfall einer Lehrkraft einem sofortigen Einsatz eines Ersatzes nichts im Wege.
- Um dieses Personal auch bezahlen zu können, bedarf es des Budgetpostens Vertretungsreserve, welcher separat im Haushalt eingestellt werden muss. Dazu ein Hinweis: Grundlage darf nicht der Wert “ausgefallene Schulstunden” sein. Vielmehr sollte man sich am Durchschnittswert der landesweit ausgefallenen Lehrerstunden orientieren. Es ist ebenso klar, dass diese Position in einem Jahr vielleicht nicht voll ausgeschöpft, in einem anderen Jahr jedoch überzogen wird.
Wir erheben nicht den Anspruch, mit diesem Schulhaus bezogenen Vertretungspool würden die Lücken bei krankheitsbedingtem Lehrerausfall schlagartig geschlossen. Wir sind jedoch der festen Überzeugung, dass damit mindestens 20-30% der “Notfälle” bereits auf Stufe Schulleitung unkompliziert geregelt werden können. Diese Quote steigt von Jahr zu Jahr und entlastet das Landesschulamt ungemein.
Wir halten fest, dass diese von uns seit 2014 vorgeschlagene Organisationsform gegenüber der jetzigen Praxis deutlich effizienter ist und das Landesschulamt von so genannten Notfallübungen entlastet. Um so unverständlicher ist es, dass in der extrem angespannten Personalsituation keinerlei Schritte in diese Richtung unternommen werden.
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