Es lohnt sich, zurückzublicken. Die Situation, in welcher wir heute mit unseren Grundschulen stecken, ist alles andere als erbaulich. Zwar wird von offizieller Seite immer wieder versucht, dies als überraschende Entwicklung und so nicht vorhersehbar darzustellen. Vielleicht soll dies auch eine Entschuldigung für die nun stattfindenden halbherzigen Versuche sein, die immer offensichtlicher werdenden Versorgungslücken in der Lehrerausstattung zu stopfen.
Damit ist in Sachen Entwicklung von guter Schule noch gar nichts erreicht. Stattdessen wird seit einem Jahr versucht, WENIGSTENS die Grundversorgung an Lehr- und Betreuungspersonal irgendwie aufrecht zu erhalten. Konzeptionell ist bis heute keine Linie zu erkennen, sondern es finden "von Fall zu Fall-Entscheide" statt. Etwas, was die Standortträger zur Weißglut treibt , da eigenständige Planung verunmöglicht wird, sämtliche Entscheide bezüglich Lehrerausstattung und Grundschulstandorten in Form von Sondergenehmigungen oder eben -maßnahmen des Landesschulamtes fallen.
Es lohnt sich, zurückzublicken:
Ausschnitte aus der Anhörung vom Januar 2014:Dazu gab es konkrete Fallbeispiele, in welchem diese "kleinen Schulen" in ein tragfähiges Konzept eingebettet wurden. Wie hier dargestellt, ist dies die Grundlage dafür, dass diese Schulen überhaupt erfolgreich arbeiten können. Deswegen VOR den Fallbeispielen der entsprechende Passus der Anhörung, der zusätzlich ergänzt wurde "Rektorat in Zusammenarbeit mit Standortgemeinde".
Und hier nun die Praxisbeispiele: Projektion auf 2023.
Dieser Vorschlag wurde in den Ausschüssen versenkt und kam dann 2015 mit einer unglaublich oberflächlichen Argumentation und Ablehnungsempfehlung an uns zurück. Im Januar 2016, also 2 1/2 Jahre nach deren Einreichung wurde die Petition als erledigt erklärt. Eine von uns geforderte Zusatzanhörung, begründet in der Tatsache, dass sich die ganze Schließungsproblematik wegen STARKIII rasant verschärfe und diese Thematik unbedingt einbezogen werden müsse, wurde abgelehnt.
Was wir damals sagten, können wir heute 1:1 zu wiederholen: Wer Schulen im ländlichen Raum perspektivisch halten will, kommt nicht um das Modell jahrgangskombinierte Klassenbildung herum.
4 Jahre nach dem Start unserer Petition, 38 Monate NACH unserer Anhörung vor dem Petitionsausschuss und getrennten Gesprächen den Bildungsausschüssen CDU/SPD, welche weder zu einer vertieften inhaltlichen Diskussion führten, NACH der völlig unnötigen Schließung von inzwischen 50 Grundschulen kommt jetzt DAS, was wir damals unausweichlich nannten: (Volksstimme 23.03.2017)
Eine Stellungnahme, welche mehr Fragen als Antworten aufwirft, Eltern und Lehrkräfte verunsichern wird, denn:
- 22 Schüler in einer zusammengelegten Klasse wird es nicht geben, da ja Bildung von Anfangsklassen "im Ausnahmefall" mit 13 bewilligt wird.... Wir sprechen dann also von 26 Schülern in einer Klasse, vielfach Klassenräume mit einer Fläche zwischen 50 und 60 m2. Dazu möge das Bildungsministerium bitte ein "Handbuch zur Führung von jahrgangskombinierte Klassen" abgeben! Lehrkräfte, GEW und die Vertreter der "reinen Lehre" werden dies sicherlich mit größtem Interesse analysieren - und in der Luft zerreißen...
- Es gibt laut Bildungsminister Marco Tullner die "reine Lehre", welche "zweizügige Grundschulen mit A- und B-Klassen pädagogisch sinnvoll" betrachten. Hochinteressant! Also mindestens 120 Kinder heute, folgedessen noch besser 160 bis 180 Kinder, wenn man Zukunft auf die kommenden zehn Jahre planen will, nicht wahr? Stammt denn diese "reine Lehre" von STARKIII oder dem Landesrechnungshof und was hat dies mit gutem Unterricht zu tun?
- Wir bezahlen also "einen Preis", wenn wir Landschulen halten. Nicht direkt gesagt, aber es kommt schon rüber, was der Bildungsminister sagt: Pädagogisch sinnvoll ist das offenbar nicht...Eine C-Liga. Im Vergleich zur "guten Schule" also eine "schlechte Schule". Hatten wir das nicht schon 2014 im Landtag? So ein Unsinn! Mit Folgen, denn: Da stürzen sich alle Beteiligten doppelt motiviert auf dieses pädagogisch nicht empfohlene Modell, welches das Bildungsministerium ab nächstem Jahr "von Fall zu Fall" anzuwenden gedenkt...(Ironie aus).
Was hier ankündigt wird, ist genau das, wovor wir immer gewarnt haben. Jahrgangskombinierte Klassenbildung unter dem Motto größere Klassen mit dem alleinigen Ziel, Lehrkräfte einzusparen, ist zum Scheitern verurteilt. Wir haben in obigen Fallbeispielen ganz deutlich dargestellt, in welchen konzeptionellen Rahmen dies eingebunden werden muss und eigentlich ohne Schwierigkeiten erfolgen kann. DAVON hört man jedoch gar nichts. Genau so wenig wie von der inhaltlichen Ausgestaltung der Schulverbünde, mit denen die CDU seit 2014 (NACH unserer Anhörung!!) hausiert!
Halten wir fest:
- 40% aller Schulstandorte in Österreich arbeiten mit jahrgangskombinierter Klassenbildung. Ca. 12% davon mit Schulgrößen von weniger als 25 Kindern.
- Immer mehr Stadtschulen in Österreich und der Schweiz führen die jahrgangskombinierte Klassenbildung auch in großen Schulen mit 300 und mehr Kindern ein. In der Schweiz nennt sich dies Altersdurchmischtes Lernen (AdL), gemeint: Klassen werden gebildet aus Schülern 1-3. Klasse , 4.-6 Klasse / oder 1./2 Klasse, 3./4. Klasse, 5./6. Klasse.
- Alleine Niederbayern hält 56 Schulstandorte mit total 99 jahrgangskombinierten Klassen vor.
- Der Freistaat Sachsen führt das Konzept "Jahrgangskombinierte Klassenbildung für den ländlichen Raum" seit 2015 schrittweise ein, inzwischen profitieren davon etwa 20 Schulstandorte.
Dieser offensichtliche Trend rund UM Sachsen-Anhalt widerspricht der "reinen Lehre" IN Sachsen-Anhalt, auf welche sich unser Bildungsminister beruft. Zeit, sich damit auseinanderzusetzen.
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