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Fakultatives Referendum und realistische Bedingungen für ein Volksbegehren - Ein Muss!

Auf Grund unserer Erfahrung gehen wir heute davon aus, dass ehrliche und verbindliche Landespolitik erst dann glaubwürdig sein kann, wenn diese in einer Rechtsverbindlichkeit zum Wähler steht. Diese  besteht darin, dass Wähler die Möglichkeit haben:

  • Gefällte Entscheide der gewählten Volksvertreter an der Urne zu bestätigen oder eben auch abzulehnen (Fakultatives Referendum)
  • Die politische Agenda der Landesregierung durch eigene, dringlich erscheinende Anliegen zu verändern und mitzubestimmen. (Volksbegehren) Aktive politische Teilhabe.
Erst dann ist eine Form von Bürgernähe und "Dialog" zwischen Landespolitik und Wählern hergestellt, welche auch in der Praxis zu handhaben ist. Fehlt diese Verbindlichkeit, besteht die Gefahr der schleichenden Einführung von Richtlinien, Erlassen, welche letztendlich der Form halber noch in eine Verordnung einfließen und zuletzt durch eine Gesetzesanpassung nachgeschrieben werden. 


Schluss mit der schleichenden Einführung von Verordnungen und Richtlinien!

 Zur Einleitung, aktuelles Top-Beispiel aus Thüringen: Das "Vorschaltgesetz"
  • Aktuell Thema auf mdr. und in Thüringen derzeit heiß diskutiert. Volksbegehren gegen Gemeindegebietsreform läuft und bereits reagiert die Regierung mit der Frage "dürft ihr das überhaupt?
  •  Ein "Vorschaltgesetz"im Wert von 150 Mio € an Prämien für Fusionswillige soll  der Grund sein, dass das Volksbegehren gegen das Hauptgesetz als unzuläßig erklärt werden soll, weil es in die "Finanzhoheit des Landes" eingreift! 
  • Sinn dieses "Vorschaltgesetzes" ist es also, ein noch zu beschließendes Gesetz von enormer Tragweite und genau so umstritten wie die Gemeindegebietsreform 2010 in Sachsen-Anhalt in einen vermeintlich rechtlichen  Zwangsbezug zu setzen und damit unanfechtbar zu machen, auch ein laufendes Volksbegehren zu verunmöglichen. 
  • Fragt niemand darnach, ob es nicht zwingend nötig wäre, dieses "Vorschaltgesetz" ins Hauptgesetz einzubinden? In der Praxis würde dies bedeuten , dass sich die gesamte Gebietsreform auf der Zeitachse um ein bis zwei Jahre nach hinten verschiebt, was die "Freiwilligkeit" von Gemeindefusionen betrifft? Wurde hier nicht der zweite Schritt vor dem ersten gemacht? So wie in Sachsen-Anhalt auch?
Es handelt sich um ein krasses Beispiel für die Regierungsform: "Von oben nach unten durchregieren." Die Bürger mit ihren politischen Rechten hat man dabei offensichtlich nicht eingeplant oder versucht sie auszutricksen.

In verschiedenen Beiträgen haben wir in der Vergangenheit dargestellt, dass scheinbar harmlos daher kommende Verordnungen, manchmal sogar nur Richtlinien (dazu gehört auch STARKIII), gewaltige Auswirkungen auf den ländlichen Raum, den Fachbereich anderer Ministerien, die künftige Struktur des ländlichen Raumes und damit die Fortschreibung der Raumplanungsordnung haben. 

Beispiel Gemeindegebietsreform:
Gesetz wird 2008 erlassen, doch haben wir ab 2007 "freiwillige Fusionen", welche mit Steuergeldern gefördert werden! Das wiederum bedeutet, dass das zu beschließende Gesetz bereits unter Zugzwang steht, da ja sämtliche bereits notwendigen Maßnahmen (Haushalt etc.) getroffen wurden! Es werden also Abhängigkeitsketten geschaffen, wonach A unweigerlich B und anschließend C nach sich zieht. Da man mit "A" begonnen hat "muss" nun eben auch B und C umgesetzt werden. Wo ist das Gesamtpaket, worüber zu entscheiden ist, also ABC? Weitere Frage: Kann A ("Vorschaltgesetz") politisch wirksam angegriffen werden, wenn B und C noch gar nicht bekannt sind? Ist eine derartige Aufgleisung legal?


Hier die gesamte Logik-Kette: 

  • Gemeindegebietsreform 2010, begründet mit Effizienzsteigerung  (Auflösung der Schulhoheit der ehemaligen Kommunen und jetzigen Ortsteile)
  • Überhang von Schulen mit neuer SEPL-VO2014 und erhöhten Mindestschülerzahlen sichtbar machen. Begründung Spardruck ( Über 160 Schulen sind demnach bis 2023 nicht mehr bestandsfähig) = Handlungsbedarf für Verwaltung der neu gegründeten Einheitsgemeinden! So will es die Verordnung.  Ortsteile haben nichts mehr zu sagen, genau SIE sind jedoch betroffen. Schließung von 50 Schulen bis 2016/17.
  • STARKIII-Programm zwingt Einheitsgemeinden zu "freiwilligen" Entscheiden der Schulnetzoptimierung. (2014-19) Steht aber bezüglich Förderfähigkeit und Mindestschülerzahlen gegenüber der geltenden SEPL-VO2014 völlig quer in der Landschaft. (=Schließung von Dutzenden von Schulen bis 2024/25)
  • Regionale Planungsgemeinschaften definieren ihre neuen Grundzentren über das Vorhandensein von Infrastrukturen (dazu gehören auch Schulen), bieten in erster Phase (geteilte Grundzentren oder Grundzentrum mit besonderer Funktion an), um sie dann in der fortschreibenden Planung nach und nach vom Netz zu nehmen. Dieser Kampf ist in vollem Gange und wird weiter gehen.
  • Noch etwas wird sich fortsetzen: Laut  Gesetz erfüllen bereits heute (also 8 Jahre nach Inkraftsetzung und 6 Jahre nach Fusion) viele Einheitsgemeinden und Verbandsgemeinden die damals gelegten Fusions-Anforderungen nicht mehr. Verbandsgemeinden mit zu kleinen Gemeindegliedern (< 1000 Einwohner) müssten folgerichtig Einheitsgemeinden werden, zu kleine Einheitsgemeinden müssten aufgelöst = fusioniert werden... 
Was hier also stattfindet ist eine erweiterte Umsetzung der Gemeindegebietsreform, eines Gesetzes aus dem Jahre 2008.  Die Mittel sind verschiedene Verordnungen und als Anreiz Fördergefäße, kurzfristige Belohnung, im Haushalt eingestellt, bevor das entsprechende Gesetz beschlossen wurde! Zentrales Argument: Weniger ist mehr, Größer ist besser. Wir müssen sparen. Ausführlich dargestellt in einem Beitrag im Februar 2014

Wie greifen nun fakultatives Referendum und Volksbegehren?


  • Kommunale Gebietsreform, Gesetz vom 14.02.2008: In Beratung und Beschlussfassung können Opposition, Verbände und Bürger bereits das Referendumskomitee gründen und diesen Beschluss dem fakultativen Referendum unterstellen = Volksentscheid VOR administrativer Umsetzung
  • Genau so ist das Vorgehen bei SEPL-VO2014. Verordnung mit GesetzeswirkungFakultatives Referendum  Ein Normenkontrollverfahren ist auch möglich, hat aber keine aufschiebende Wirkung!
  • STARKIII ist im Grunde genommen die landespolitisch geprägte Gestaltung eines EU-Förderprogrammes mit viel weit reichenderen Folgen, als sie die EU  vorsieht. Wir wollen uns hier nicht auf juristisches Glatteis begeben, aber: Diese Richtlinie muss angegriffen werden können, da sie fachübergreifende Folgen in mehrere Ministerien hat und durch erzwungene Schulschließungen die Struktur des ländlichen Raumes verändert... Sie ist also übergriffig.
  • KIFÖG 2013 Von Anfang an haben Kommunen bemängelt, dass hier vom Lande neue Bedingungen diktiert werden, welche kostenmäßig nicht abgedeckt sind. Ebenso wurde kritisiert, dass für die KITAS neu die Landkreise zuständig sein sollen. Fakultatives Referendum. Im Nachhinein haben Gemeinden dieses Gesetz beklagt und einen klaren Teilerfolg erzielt.
  • Personalentwicklungskonzept 2011-25 (S.36!!!!!) Wer kann hier wie eingreifen, wenn sich schon bei Bekanntgabe herausstellt, dass gravierende handwerkliche Fehler im Konzept liegen und  diese Vorgaben in mehreren Ministerien geradewegs in die Unterversorgung führen werden? 
  • Ein Volksbegehren macht an folgendem Beispiel Sinn: Mehr Kommunalhoheit und Stärkung der Ortsteile. Konkrete Einbringung eines Gesetzesvorschlages in welchem diese Zuständigkeiten neu geregelt werden. Dies als Antwort auf eine Kommunalgebietsreform, welche von Anfang an umstritten war (Schaut das an! Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 2008) und welche sich im Nachhinein als sehr problematisch und bezüglich Effizienz fragwürdig erweist. Aktuell auch hier!

Wir brauchen diese zwei Instrumente dringend, wenn gesellschaftlicher Wille  im Landtag verbindlich ankommen soll:

  • Fakultatives Referendum als Sofort-Mittel um umstrittene Gesetzesvorlagen und Verordnungen VOR deren Umsetzung dem Volke zur Abstimmung zu unterbreiten.
  • Volksbegehren als Impulsgeber oder Korrektiv: Um neue Themen, Gesetzesvorschläge aus dem Volk in den Landtag hineinzutragen und die Bürgerinnen und Bürger darüber befinden zu lassen. Das können also völlig neue Themen sein oder aber ein notwendig erscheinende Korrektur in der bestehenden Gesetzgebung oder Verordnung.
Die Ängste:
  • erschwert Politbetrieb - richtig, führt aber auch zu vertiefter öffentlicher Auseinandersetzung, Argumente müssen ausgetragen werden. Höheres politisches Bewusstsein dank politischer Teilhabe. "Erschwert" meint dann in diesem Falle wohl das "von oben nach unten durchregieren". Ja, das wird erschwert, ist auch richtig, da keine direkte Demokratie.
  • Volk ist überfordert - wenn "das Volk" überfordert ist, dann sind es aber auch sehr viele Politiker oder Parteien, welche sich andauernd auf ihren "Wählerauftrag" berufen, aber nicht DAS umsetzen, was sie im Wahlkampf versprochen haben (Stichwort Koalitionsvertrag 2011). Eine Leistungsüberprüfung oder ein konkretes Einschreiten des "Auftraggebers" (=Wähler), muss also gewährleistet sein.
  • Minderheiten missbrauchen Volksrechte - die Geschichte der letzten Jahre zeigt, dass diese "Minderheit" inzwischen klar die Mehrheit ist - teilweise aus Interesselosigkeit, teilweise politisch ausgegrenzt. Mit "Minderheit" zu argumentieren ist also gefährlich. Es muss doch Ziel sein, möglichst viele Menschen in politische Entscheide einzubinden, am politischen Geschehen unmittelbar zu beteiligen.
  • Kostenfaktor - Ja, eine Volksabstimmung kostet. Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif, Bildung auch nicht.....

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