GrundschuleV-Vogelperspektive |
Ansicht der halben Front Grundschule V |
Regionen, was den Strukturwandel nach der Wende betrifft. Entsprechend ausgeprägt sind auch Abwanderung, Arbeitslosigkeit, Leerstand von Immobilien. Zugegeben: Es ist nicht einfach, unter solchen Rahmenbedingungen Zukunft zu planen. Die Stadt Aschersleben hat das versucht, indem sie "von außen nach innen schrumpfen" zur Planungsmaxime erklärt hat. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Für solche Programme stehen Fördergelder des Landes, des Bundes und der EU zur Verfügung. Auch Hettstedt hat in dieser Hinsicht verschiedene Projekte realisieren können. Man müsste also davon ausgehen, dass nach einem Zukunftskonzept multidisziplinär geplant wird.
STARKIII lässt grüßen....
Einem Bericht der MZ vom 15.06.2015 ist zu entnehmen, dass die Stadt Hettstedt mittelfristig von drei Grundschulstandorten nur noch eine Schule zu halten gedenkt. Diese will man mit Fördermitteln aus dem STARKIII-Programm umfangreich sanieren. Schon einmal entbrannte hierzu eine hitzige Diskussion. Damals ging es um den Vorschlag, die Grundschule am Markt zu schließen, da das Gymnasium aus allen Nähten zu platzen drohe. Auch darüber wurde in der MZ ausführlich berichtet.
Nun also das neue Schulkonzept, gründend auf der Hoffnung, dass die Novalis-Schule (Grundschule V) mit STARKIII-Fördergeldern umfassend saniert und damit sämtliche Grundschüler der Stadt Hettstedt dort untergebracht werden könnten So läuft die Planung:
- Grundschule "am Bahnhof" wird 2017 geschlossen. Die Schule arbeitet mit einem klaren Schulprofil, ist als pädagogisch wertvolle Schule zu bezeichnen. Das Gebäude hat hohen Sanierungsbedarf und ist nicht voll genutzt. Die 80 Schülerinnen und Schüler sollen auf die verbleibenden 2 Schulen verteilt werden.
- Logischerweise auf die nahe liegende Grundschule am Markt (z.Z. ca. 130 Schüler), wären da nicht die Platzprobleme des Gymnasiums, welches jetzt schon in den Räumen der Grundschule unterrichtet. Bestenfalls könnten also Klassen bis zur Zweizügigkeit aufgefüllt werden.
- Grundschule am Markt: Sie soll Bestand haben, "so lange Zweizügigkeit gewährleistet ist". Offensichtliche Ankündigung eines Auslaufmodells. Dabei könnte sie mit Schulkreisanpassungen langfristig als stabil bezeichnet werden. Kein Grund für Schließung.
- Verbleibt Grundschule V (Novalis-Grundschule), ein Erfurt II-Gebäude, in welchem zu DDR Zeiten bis zu 900 Kinder und Jugendliche unterrichtet werden konnten. Derzeit ist sie belegt von ca. 130 Kindern. Hier soll mit mit dem aus EU-Fonds gespiesenen STARKIII eine mehrere Millionen € schwere Sanierung durchgeführt werden, wobei allerdings 1/3 der Kosten bei der Stadt hängen bleiben wird. Natürlich rechnet es sich nicht, wegen 130 Kindern einen solchen Riesenkasten zu sanieren...
So weit, so gut. Kaufmännisch gedacht: Konzentration auf einen Standort, Betriebskosten von zwei Standorten einsparen und den verbliebenen Ort aufwändig sanieren.
..und setzt stadtplanerisches Denken außer Betrieb
Nun muss man sich den Lageplan betrachten, um zu erkennen, was da abläuft!
Die zu sanierende Schule liegt ganz am Rande der Stadt Hettstedt (hier auf google-Karte zur Orientierung). Umgeben ist sie von unsanierten Plattenbauten des Wohnkomplexes 4, über deren Zukunft offenbar neu spekuliert werden darf. Bisher zählten sie auf Grund ihres Zustandes und hohen Leerstandes als zurückzubauen. Hier also soll die einzige zukunftsfähige Schule der Stadt Hettstedt entwickelt werden - am Stadtrand..in einer Art Rückbaugebiet...
Fragen:
- wozu verbrennt eigentlich die Stadt Hettstedt weitere Städtebaufördermittel, wenn sie ausgerechnet das Stadtzentrum infrastrukturell immer weiter zurückbaut und Haltefaktoren in die Peripherie verlegt? Dabei geht es nicht nur um die Schule, da ist doch auch noch ein neues Supermarktprojekt auf der Grünen Wiese.welches den bestehenden Kleinhandel, aber auch die Discounter in Zentrumsnähe existenziell gefährden wird!
- Schülerbeförderung: Die Quartiere Bahnhof und Molmeck liegen klar außerhalb der Zweikilometer-Schulwegzone. Für diese Kinder muss also in absehbarer Zeit eine Schülerbeförderung vorgehalten werden. Das Argument, Eltern brächten ihre Kinder eh mit dem Auto zur Schule, ist mehr als oberflächlich. Mit den städtischen Bussen nicht zu machen, oder will man 1.-4. Klässler umsteigen lassen? Kosten?
- Stadtentwicklung oder -abwicklung?: Gedenkt der Stadtrat, um Helios-Klinik, periphere Einkaufszentren und Wohnkomplexe herum eine neue Kernzone zu schaffen? Was soll mit dem immer mehr verödenden Stadtzentrum Hettstedts passieren? Was mit den Quartieren Molmeck und dem Bahnhofsquartier, welches sich jetzt schon in einem bedauernswerten Zustand befindet? Was mit dem Marktplatz und dem Freimarkt?
- Ist man sich bewusst, dass die eh schon tiefen Immobilienpreise in der Innenstadt durch derartige Maßnahmen noch weiter sinken werden, investitionsbereite Interessenten sich noch mehr zurückhalten werden, die angesiedelten Dienstleister und Ärzte einen immer schwereren Stand haben werden?
Eine Maßnahme mit Domino-Effekt
Ein weites Themenfeld, ausgelöst durch einen STARKIII-Köder, auf den man sich blindlings stürzt, viele andere Aspekte außer Acht lassen. Beispielsweise die Frage, wie es sich mit der entwicklungspsychologischen Erkenntnisse verhält, wonach gerade Kinder der Altersgruppe 6-10 für die Persönlichkeitsentwicklung auf überschaubare Räume und Größen angewiesen sind.
Der Preis dieses STARKIII-Projektes, welches hier an Land gezogen werden soll, ist für die weitere sinnvolle Entwicklung Hettstedts zu hoch. Die Tatsache, dass der Demografie-Check NUR erreicht werden kann, indem mindestens 80 Schüler neu an die Novalis-Schule zugeteilt werden müssen, damit der Antrag überhaupt Aussicht auf Erfolg hat, wurde bisher verschwiegen. Das ist jedoch der wirkliche Grund für diese Planungsszenarien. Die Folgen betreffen die Stadt als Ganzes - deren Zukunftsfähigkeit.
Vielleicht lassen sich interessierte Parlamentarier mal den Demografie-Check STARKIII für die Novalis-Schule vorlegen. Da müssten nämlich die Schülerzahlen und Schulstandorte bis 2035 bereits dargestellt sein....Ohne Demografie-Check kein Antrag! Was zählt: Mindestens 100 Schüler im Jahre 2035, ansonsten Rückzahlung der Fördermittel...
Noch ein Hinweis: Wird nun bewusst, dass das von der EU aufgelegte energetische Sanierungs- und Wirtschaftsfördrungsprogramm STARKIII von dieser Landesregierung dazu missbraucht wird, Dutzende von Schulschließungen zu erzwingen? So auch in Hettstedt! Denn der zu erfüllende Demografie-Check ist nicht von der EU vorgegeben, sondern ein Kind des Finanz- und Bildungsministeriums.
Bleibt die Frage, was die Stadt Hettstedt mit dem zu leistenden Eigenanteil von ca. 2 Mio € und Kombination mit STARKV an klugeren Maßnahmen zum Thema Schulplanung umsetzen könnte.
Dieser Beitrag erscheint auch im Bürgerreporter der MZ
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