Wir verzichten hier auf große Erklärungen, weshalb die Lernumgebung, die Art von Schulhausbauten, die Gestaltung (und Nutzung!) der Schulumgebung ganz besonders für Grundschüler eine enorme Bedeutung für nachhaltigen Lernerfolg UND Persönlichkeitsentwicklung haben. Dazu gibt es ausreichend Fachliteratur. Im Zentrum steht dabei die Forderung, dass "Schule aus der Sicht des Kindes gedacht" werden muss. Nur so kann alters- und entwicklungsgerecht gefördert werden. Interessanterweise findet man diesen Denkansatz in sehr vielen KITAS verwirklicht, während in den Grundschulen ganz klar eine Zäsur stattfindet. Die Diesterweg-Schule Halberstadt ist ein ganz tolles Beispiel, wie diese Denkweise planerisch auch für größere Schulanlagen umgesetzt wurde und weiterhin wird. Deswegen steht diese Schule heute im Zentrum.
Die Kamm-Schulanlage
Angelehnt an den klassischen Haarkamm handelt es sich hierbei um eine Schulanlage, bei der von einem Querbau einzelne eingeschoßige Ableger abgehen. Der Vorzug ist, dass eine eigentlich große Schuleinheit in verschiedene, räumlich autonome Kleinschulen aufgeteilt wird. Somit wird für Kinder und Lehrkräfte eine überschaubere Umgebung mit sehr viel Bezug zu Natur und unverwechselbaren Räumen geschaffen. Diese Bauform fand in den 50-er Jahren immer mehr Anklang, wenn sich das zu planende Objekt nicht gerade in einem Verdichtungsgebiet mit hohen Bodenpreisen befand. Im Laufe der Jahrzehnte wurde das Modell Kamm-Schule in verschiedenster Form weiter entwickelt und gilt heute gerade in den skandinavischen Ländern als Schule der Zukunft. Mehr dazu in späteren Beiträgen.
Eine ganz besondere Eigenschaft dieser Bauform ist es, dass sie, egal in welcher Form, diverseste Mischnutzungen zulässt, welche weit über das rein Schulische hinaus gehen können, ohne dass damit der reine Schulbetrieb tangiert wird.
Diesterweg-Schule
- eingeschoßiger, rollstullgängiger Bau auf einem Areal von ca. 13 000 m2.
- 4-zähniger Kamm mit je 4 Klassenzimmern und zwei Materialzimmern/Zahn. Jeder Zahn ist durch einen separaten Eingang oder durch den Korridor des Quergebäudes zu erreichen.
- Jeder Zahn ist zu 50% der Gebäudefläche unterkellert, was weitere Nutzungsperspektiven zulässt.
- in der ursprünglichen Ausführung hat jedes Zahn-Klassenzimmer einen Ausgang in den Garten (heute teilweise zugemauert und als Material- Stauraum in Betrieb)
- Quergebäude (Kamm) mit bis zu 8 Klassenzimmern und angebauter Sporthalle.
- 3 gesonderte Sport- Spielplätze, zugeschnitten für verschiedene Altersgruppen und angrenzend großer Sportplatz in Gemeindebesitz. Keine Beton- und Asphaltflächen.
- Die Anordnung von Korridor, Materialräumen und Klassenzimmern führt dazu, dass keine optischen oder akustischen Emissonen oder Störungen in Nachbarzimmern auftreten, egal, was in der Klasse gerade gemacht wird, selbst wenn die Grünstreifen zwischen den Zähnen genutzt werden.
Kindgerechte Schul- und Lebensqualität, pädagogisches und methodisches Reizklima
Lassen Sie uns planen. Bei Vollauslastung (4-zügig) :
- Egal, von welcher Auslastung und Nutzung der Anlage man nun ausgeht, hier können Lern- und Erlebniswelten geschaffen werden. Rein schulisch betrachtet, besteht nach heutigen pädagogischen und methodischen Standards Potential für bis zu 320 Kinder (bei Klassengröße 20). Klassenzimmer in den Zähnen; Fachräume und Versorgungsräume, Lehrerzimmer, Bibliothek etc. im Verbindungsbau (Kamm)
- Kinder ziehen mit zunehmendem Alter von Kamm zu Kamm. Eingangsstufe Zahn 1/Zahn zwei; 3. Zahn 3. Klasse, 4. Klasse Zahn 4. Lerngruppen, Unterrichtsdifferenzierung, Klassenprojekte, Jahrgangsstufenprojekte finden räumlich autonom im jeweiligen Zahn statt.
- Da methodisch altersdurchmischte Lernformen immer stärker in den Vordergrund rücken, ist es auch vorstellbar die Zähne nach Klassenzügen zu belegen. Zahn 1: Eingangsstufe und Klasse 3 und 4/A, Zahn 2: Eingangsstufe Klasse 3 und 4 B usw.
- Grünflächen zwischen den Zähnen lassen sich konzeptionell an Klassenzimmer anbinden. WievieleArbeitsaufträge, Experimente, oder Gruppenarbeiten können somit direkt und durch die Lehrkraft kontrolliert vor dem Klassenzimmer stattfinden, während ein Teil der Klasse im Zimmer arbeitet?
- Die tollen und schattigen Spielplatzflächen können in bestimmten Fächern (Fremdsprachen, Trainingslektionen, Naturkunde/Experimente) von mehreren Klassen gleichzeitig genutzt werden, ohne dass sie Sichtkontakt zueinander haben.
- Andernorts werden mühsam "grüne Klassenzimmer" geplant und mit viel Geld errichtet - hier sind sie an jeder Ecke bereits eingeplant.
Zweizügig:
Sanierung einer Anlage, welche aktuell oder später nur zu 50% genutzt wird, ist Unsinn. Diese Problematik stellt sich auch in der gesamten STARKIII Planung. Im Gegensatz zu einer Erfurt-Plattenschule haben diese Kamm-Schulen den Vorteil, dass sie sich tatsächlich für unterschiedliche Bedürfnisse nutzen lassen. Dabei gibt es so gut wie keine Reibungsflächen. Am pädagogischen Potential und der kinderfreundlichen Umgebung ändert sich damit gar nichts: Auch hier einige Impulse
- Integration Hort in halbem Kamm-Gebäude, oder Verwendung eines Zahnes für den Hort.
- Integration Kita in Zahn 3/4 und Spielplatz 1 NUR für Kita? Eine wunderschöne eigene Welt!
- Verwendung eines oder zweier Zähne für altersgerechtes / betreutes Wohnen. Lage ist gut, NP gleich in der Nähe.
- Verwendung eines oder zweier Zähne als Quartierzentrum und für Vereine,
- Dienstleister in einem oder zwei Zähnen, Was spricht dagegen? Schul- Quartier- Dienstleistungszentrum. Ein Kamm-Bau gibt das her!
Deutlich wird: Der Wert derartig konzipierter Anlagen ist nicht hoch genug einzuschätzen, da völlig verschiedene Nutzungsarten gleichzeitig möglich sind. Im nächste Beitrag werden einige solcher weiter entwickelter Kamm-Schulen dargestellt. Heute nennt man dies modulare Schul-Architektur, oft begleitet vom Begriff "Fraktale Lernraumgestaltung".
Wem nun die Ohren wackeln - keine Sorge, Sie haben nichts verpasst. Solche Begriffe sind in Sachsen-Anhalt so gut wie nicht in Verwendung. Hier spricht man lieber von CO2-Ersparnis Feuerschutztüren ohne Ende und Internet für Grundschüler und verwechselt das dann mit Schulqualität.
Auch für die Stadt von Bedeutung:
Unbestritten: Der Weiterbestand dieser Schule, auch in einer Mischnutzungsform, hat für die Sargstedter Siedlung einen enormen infrastrukturellen und gleichzeitig auch materiellen Wert, wenn man z.B. die Boden- und Eigenheimbewertung betrachtet. Das wiederum wirkt sich auch fiskalisch positiv für die Stadt Halberstadt aus - daran gemessen ist ein einmalig erzielter Verkaufserlös von geschätzten 150 000 - 200 000 € für eine stillgelegte Anlage ein Tropfen auf den heißen Stein....
Möglichkeiten für die Diesterweg-Schule?
Die entsprechende Tagesstruktur vorausgesetzt, ist diese Schule von ihrer räumlichen Konzeption her auf jeden Fall eine Schule der Zukunft. Und noch was: "Grüne Schule" IST in diesem Falle tatsächlich eine grüne Schule.
Hohe Chancen auf Erhalt von STARKIII-Geldern
- Demografie-Check dürfte bestanden werden, ansonsten Schulkreis anpassen.
- STARKIII dürfte für rein schulische Nutzung angesichts des Gebäudevolumens und der Kostensumme auf Dreizügigkeit pochen. Oder aber:
- Mischnutzung (KITA, Hort etc.) muss frühzeitig abgeklärt werden, da z.B. für KITA eine andere Administration zuständig ist, das Verfahren nicht verumöglicht, aber komplizierter wird. Am besten durch STARKIII-Vertreter vor Ort beraten lassen.
- Da neben Demografie-Check und besonders nachhaltiger Verwendung von Baustoffen in allererster Linie (von der EU gefordert!) die errechnete Energie-Ersparnis einer solchen Sanierung entscheidend für Fördergelder ist (CO2-Ranking), müsste die Diesterwegschule auf Grund ihres desolaten Zustandes auf einen absoluten Spitzenwert kommen und STARKIII-Förderung kriegen.
- Es geht also lediglich darum, dieses Projekt zügig aufzugleisen, zumal ja für Investitionen Diesterweg-Schule bereits über 2 Mio € im Haushalt eingestellt sind. Das wäre der Eigenanteil für eine Sanierung von bis zu 6 Mio €, also 4 Mio aus EU-Fördergeldern!
So betrachtet, ist eine Investition in diese Schule seit Jahren überfällig, der äußere Gebäudezustand ist jämmerlich. Die Stadt hat hier die Chance, auch bezüglich Schulhausbau ein klares Zeichen zu setzen. Denn wie gesagt: Wir kommen auf diese Art Schulen zurück, Anlagen und Konbzepte, welche als "Zukunftsschulen" bekannt sind und zu denen aus halb Europa Bildungspolitker und Lehrkräfte anreisen, um sich einen Augenschein vor Ort zu machen.
Nicht nötig, die räumlichen Voraussetzungen der Diesterweg-Schule stehen dem in keiner Art und Weise nach. Hier lassen sich genau diese Unterrichtskonzepte verwirklichen - in einem sanierten Gebäude - wollen wir doch mal hoffen.
Invetstitionsstau bildlich dargestellt ! |
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