Direkt zum Hauptbereich

ZdlR(10) ÖPNV im ländlichen Raum


Der ÖPNV im ländlichen Raum wird durch die Landkreise organisiert und durch Gelder des Landes und des Bundes mitgetragen. Im Grunde genommen soll damit die Mobilität der Bevölkerung auch ohne Nutzung von Privatfahrzeugen sicher gestellt werden. Ein Blick auf die Fahrpläne und die Jahreszeiten (auch Schulferien) zeigt, dass man in den meisten ländlichen Regionen weit von diesem Ziel entfernt ist. Dazu einige Stichworte:
  • Die Flottenpolitik der Kreisverkehrsbetriebe richtet sich zu einem großen Teil nach dem zu erwartenden Schülerverkehr aus.
  • Die Fahrpläne zeigen auf,, WAS von diesem offiziellen Fahrplan  während Sommer- und Herbstferien in vielen Regionen noch übrig bleibt.
  • Unter verlässlichen Fahrplänen könnte man verstehen, dass es Nutzern möglich ist, ohne Privatauto mit ÖPNV zu seinem Arbeitsort und auch wieder zurück in sein Dorf zu kommen. Das ist in sehr vielen Landkreisen NICHT möglich, da nach 16 Uhr keine Busverbindungen mehr bestehen.
  • Gefragt werden müsste ebenfalls, ob es eine Aufgabe des ÖPNV sein  könnte/müsste, dass Menschen aus den Dörfern  Freitag/Sonnabend dank eines Abendkurses an Anlässen in regionalen Zentren teilnehmen können. Besonders für junge Menschen im ländlichen Raum ein wichtiger Punkt.
  • Sachsen-Anhalt macht Tourismuswerbung mit Natur, tollen Landschaften, Wandern, Fahrradtouren usw.  Diese Zielgruppe setzt auf einen verlässlichen ÖPNV von A nach B und nicht von A über C und D nach B, was dann für eine Fahrstrecke von 25 Kilometern eine Fahrzeit von 2 Stunden 35 Minuten ergibt. Urlauber, welche ÖPNV nutzen möchten, sollten nicht an den Landkreisgrenzen scheitern.
  • Rufbusse: Worin besteht eigentlich die wirkliche Ersparnis von Rufbussen, welche auf Abruf mit Chauffeur zur Verfügung stehen müssen? Wie präsentiert sich dieses Angebot für Touristen, welche für ihre Rückfahrt von einer Wanderung zwei oder drei Rufbusse hintereinander her bestellen müssen (Bestellung 1-2 Stunden im Voraus, Gruppen mit mehr als 6 Personen 2 Tage im Voraus)? Das kann eigentlich nur noch Sinn machen, wenn da bereits private Unternehmer mit Einzelfahrtentschädigung eingesetzt werden. Andernfalls macht man die perfide Rechnung, dass von 4 Rufbus-Strecken eh nur eine oder zwei anzufahren sind. 
Anders gedacht:
  • Ein erster deutlicher Hinweis findet sich erneut im Jahre 2008 im Papier Pro Landleben der Landesministerien:" Der Schulbusverkehr ist in Bezug auf Qualität und Quantität einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, bei der auch ein Entkoppelung vom ÖPNV kein Tabu-Thema sein darf." (S. 57)
  • Hier kann man weiter denken: Soll sich der bisherige ÖPNV darauf beschränken, die verschiedenen Grund- und Mittelzentren (auch der angrenzenden Kreise) möglichst direkt zu verbinden? In jedem Landkreis gibt es diese Hauptlinien bereits.
  • Sind für die Feinversorgung zu diesen Knoten zukünftig Gemeinden oder freie Unternehmer zuständig, welche auch den Schülerverkehr organisieren und damit mal ein wirtschaftliches Standbein auf sicher haben? Können sie daneben einen verlässlichen Fahrplan mit mindestens 2-Stunden-Takt gewährleisten?
  • Einstieg und Halt auf Zuruf im dünn besiedelten Gebiet sind ein Mittel die Fahrgastfrequenz zu steigern und gleichzeitig eine Marketinginstrument für den Tourismus. In Verbindung mit Monats- und Wochenkarten, welche in der Bevölkerung UND den Pensionen und Hotels aktiv beworben werden, hält sich auch der Zeitverlust im Fahrplan in Grenzen.
  • Haltestellen: Vielerorts fahren die Busse aus dem ländlichen Raum ins Zentrum, direkt an der Linie liegenden Discountern und Supermärkten vorbei. Also Haltestellen, von denen man auch wieder zurück in den Ort kommt, ohne dass man zuerst mit dem Orstbus ins Stadtzentrum und von dort nach 30 Minuten Wartezeit mit dem Landbus nach Hause gefahren wird? Ist doch machbar.. 
  • Wochenendbetrieb muss auf den Prüfstand. Gerade dann, wenn am meisten Leute unterwegs sind, ist der dünn besiedelte ländliche Raum mit ÖPNV teilweise gar nicht erreichbar, sonntags vielerorts überhaupt nicht vorhanden.
  • Könnten  Unternehmer darüber hinaus auch saisonal ausgerichtete bedarfsgerechte Angebote (und Haltepunkte!), also so genannte Touristentrecken bedienen? Z.B. April bis Oktober ENTLANG der Elbe oder der Havel; Harz-Quer- und Längsverbindungen. So genannte Shuttles. Natürlich intensiv beworben in den Verkehrsbüros, Hotels, Pensionen, Restaurants.
  • Angesichts der teils dürftigen Auslastung der regulären Landstrecken: Wie schaut es aus mit preiswerten Einheimischen-Monatsabos z.B.30€ für das Landkreis- oder darüber hinaus Regionalnetz? Zusätzlich Touristenkarte z.B. 7/€ pro Tag,  25 €/Woche Regionalnetz ÖPNV, was natürlich einen verlässlichen Fahrplan bis sicher 22 Uhr voraussetzt.
Diese Aufzählung ist nicht realitätsfremd, sondern ein Zusammenzug verschiedenster Angebote aus dem ländlichen Raum in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Allen gemeinsam ist die Erkenntnis, dass Lebensqualität im ländlichen Raum und Tourismus nur entwickelt werden können, wenn ALLE dazu nötigen Infrastrukturen vorhanden sind. ÖPNV oder wie man das Kind auch immer nennen mag, gehört dazu.

Fällt nur ein zentrales Element weg, so führt dies vielfach zu einem Domino-Effekt. Dies wird im letzten Beitrag zum Thema Tourisimus an einem konkreten Beispiel dargestellt.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Sprechen wir mal "von Schule" - Klassenzimmer: Wartsaal oder "die zweite Lehrkraft" ?

Wir befassen uns heute mit  den Räumen in welchen Kinder und Jugendliche im Alter von 6 - 16  mehr als die Hälfte ihres Lebens verbringen. Es sind zwei Punkte, welche im Vordergrund stehen: Nutzung des Raumes  und Möblierung. Der Titel deutet es schon an, hier geht es um die Nutzung. Das Bild links zeigt ein Klassenzimmer um 1900 herum.   Der dazugehörige Beitrag ist sehr lesenswert. Schule um 1900 eben. "Und auch aus diesen Jungs und Mädchen ist was geworden", höre ich bereits. Ja, das ist so. Das Bild rechts oben und die Bilder dieses Abschnittes zeigen Klassenzimmer von heute. In den meisten Grundschulen sehen wir nach wie vor die klassische Bestuhlung und sie besagt etwas: Gängigste Unterrichtsmethodik ist Frontalunterricht. Dies wiederum bedeutet für die Schüler: Viel sitzen, viel zuhören, wenig Eigenaktivität und Bewegung. Ja, es gibt auch andere Klassenraumbestuhlungen, sie sind lobend zu erwähnen, denn sie machen auf den ersten Blick klar, dass Unterric

Schülerbeförderung: 75 Minuten für 7-Jährige ! Wo bleibt eigentlich das Jugendamt?

Das Thema Schulschließungen produziert auf einer anderen Ebene Probleme, welche das Kultusministerium kaum und das Finanzministerium offenbar schon gar nicht interessieren. Es geht dabei einerseits um entstehende Kosten für den Schülertransport und zugleich um die Frage: Wo liegt die Grenze der Zumutbarkeit von Schülertransporten für Grundschüler? Dazu hat man in den letzten Tagen mehr erfahren: Kosten der Schülertransporte: Dazu Infos aus dem Kreise Jessen. Die Transportkosten stiegen von 4,26 Mio € im Jahre 2008 auf 5,45 Mio im Jahre 2011. Die durchschnittliche Kilometerleistung für einen Weg/Schüler betrug 15,61 Kilometer (2011) und wird mit den begonnenen Schulschließungen massiv zunehmen. ( Quelle MZ ) Diese Millionen scheinen irgendwo vom Himmel zu regnen und das Haushaltsbudget des Landes Sachsen-Anhalts nicht zu belasten. Hier spricht man nämlich nur vom enormen Sparpotential, ohne genauere Zahlen zu nennen. 75 Minuten von Tür zu Tür Zumindest der Landkreis Mansfeld S

Die Rechte unserer Kinder (1)

http://www.jugenddelegierte.de Nachdem wir inzwischen bis zum Gehtnichtmehr dargestellt haben, dass die Schwerpunkte der gegenwärtigen Planungen des Finanz- und Kultusministeriums ausschließlich finanzielle und personelle Gründe haben, möchten wir in diesem und den folgenden drei Beiträgen die Kinder in den Fokus stellen  Sie sind es, welche am Unmittelbarsten betroffen sind und - das behaupten wir jetzt - entsprechend Schaden nehmen oder benachteiligt werden Die Uno-Kinderrechts-Konvention von 1989  legt die Kinderrechte in 10 Punkten fest:  Drei davon möchten wir in diesem Zusammenhang herausgreifen: das Recht auf Gesundheit das Recht auf Bildung das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung 1. Recht auf Gesundheit Dazu eine Wegleitung zum Schlafbedarf von 6-11-Jährigen Für 5-6-Jährige beträgt dieser 11,5 Stunden, 7-11-Jährige liegt der Wer bei 11 Stunden. Daraus ergibt sich ein handfestes Problem für Eltern, deren Kinder bereits um 05:30 aus den Federn müssen, u