Direkt zum Hauptbereich

Das ist eine Frechheit, Herr Bullerjahn!

Seit 2013 fährt die SPD in der öffentlichen Grundschuldiskussion die Argumentation, dass einzügige Grundschulen im Grunde genommen schlechte Schulen seien. Zweizügige und größere Grundschulen könnten ein besseres Bildungsangebot vorhalten etc. In Wirklichkeit meinen diese Herrschaften, dass sich der Personaleinsatz unkomplizierter planen lasse. Anstatt also neue Organisationsformen, mehr Autonomie für die Kommunen und die Schulleiter aufzubauen, sollen sich alle Betroffenen diesem vorgegeben, völlig überholten Personaleinsatzplan beugen. Insbesondere die Kinder bezahlen diese Starrköpfigkeit mit immer längeren Schulwegen, womit diese vermeintlich bessere Schulform bereits wieder Qualitätseinbußen erleidet...

Der Hammer ist nun aber folgende Erklärung des Finanzministers: 

Minister Bullerjahn: „Ich ermuntere ausdrücklich auch Interessenten, die nicht voll ausgebildete Lehrer sind, sich zu bewerben. Die Erfahrung zeigt, dass sich für viele Stellen gerade im ländlichen Raum keine voll ausgebildeten Lehrer finden.  Quelle

1. Wie müssen sich all die Studenten aus Sachsen-Anhalt vorkommen, welche sich in den vergangenen Jahren mit einer vollständigen Ausbildung um Jobs beworben haben, aber abgewiesen wurden? Sie sind inzwischen in anderen Bundesländern und der Schweiz tätig. Sie fehlen uns hier.

2. Offenbar reichen für Schulen im ländlichen Raum halb ausgebildete Lehrkräfte. Die sollen sich da mal 2 Jahre abstrampeln. Gekoppelt an das Versprechen, nach 2 Jahren fest übernommen zu werden. Spannend: Sachsen-Anhalt stellt also Lehrkräfte ohne abgeschlossene Ausbildung an? Zu welchen Konditionen?   Leere Versprechen, denn:

3. Die Rechnung unseres Finanzministers ist eine ganz andere: In 2 Jahren, in 4 Jahren werden viele dieser Landschulen dank STARKIII geschlossen sein. Wir brauchen also im Moment Lückenbüßer. Personalplanerisch gesehen... Denn unter solchen Voraussetzungen wollen tatsächlich keine Lehrkräfte in unsichere Schulstandorte.  
Wie wäre es denn GLEICH mit Ehrenamt? Wer will noch mal, wer hat noch nicht? Sind ja nur Landschulen, da geht eh keine "normale" Lehrkraft hin...  

4. Das ist in etwa so, wie die Langzeitarbeitslosen, welche in 18-monatigen Kursen zu "Inklusionshelfern" ausgebildet wurden, in dieser Zeit als preiswerte Arbeitskräfte Praktikas absolvierten und jetzt, nachdem die Ausbildung abgeschlossen ist, NICHT übernommen werden. Eine Sauerei!

5. Wir werden derzeit Zeuge, wie ein Finanzminister quer über die Ministerien Leitlinien, Qualitätsaussagen, und Prognosen macht, obwohl das ganz klar NICHT seine Sache ist. Das Ministerkollegium bleibt außen vor. Diese Landesregierung besteht derzeit aus dem Ministerpräsidenten und dem Finanzminister. So düster schaut es aus!

Wir protestieren gegen die Art und Weise, wie das Finanzministerium alles daran setzt, die Infrastruktur des ländlichen Raumes auf allen Ebenen auszudünnen, um anschließend  dem Sinne nach folgende Argumentation aufzufahren:" Sie sehen ja, wie es in den Orten ausschaut. DAS ist der demografische Wandel und da können wir nichts dagegen unternehmen."   

Wir protestieren auch dagegen, dass Grundschulbildung in der Wertigkeit immer mehr in Richtung einer besseren Vorschule umgebaut wird. Die "richtige" Schule beginnt dann ab Jahrgangsstufe 5 mit der heiligen SPD-Kuh Gemeinschaftsschule. 

Diese Prioritätensetzung beinhaltet einen Kardinalfehler: Die Grundlagen für erfolgreiches Lernen werden in den ersten Schuljahren gelegt. Alle Untersuchungen belegen das. Eine Vielzahl von Ländern setzt in dieser Schulstufe deutlich mehr Geld und Personal ein, um optimale Lernvoraussetzungen für unsere Kleinsten zu schaffen. In den Augen des Finanzministers reichen bei uns "nicht voll ausgebildete Lehrkräfte". 

Wir protestieren zugleich dagegen, dass der Mann, dessen Personalentwicklungsplanung aus dem Jahre 2012, welche heute das Papier nicht mehr wert ist, auf welchem sie aufgesetzt wurde, nun versucht, sich hier als Macher darzustellen. 3 Jahre Streit bezüglich der damaligen Vorgaben, auch innerhalb der Ministerien, inzwischen die Erkenntnis, dass das alles so überhaupt nicht geht  und jetzt Schwamm drüber und alles wird gut. 
Nein! Überhaupt nichts ist gut! Diese Fehlplanung unter der Prämisse "wir können uns eine Vollversorgung des ländlichen Raumes nicht mehr leisten" kostet unser Land mittelfristig einen hohen dreistelligen Millionenbetrag! Der Erfolg mit der Schwarzen Null beruht NICHT auf einem konsequent umgesetzten Personalentwicklungsplan, sondern auf einem rigorosen Eingriff in die Kommunalfinanzen, besseren Steuererträgen  und üppiger fließender Subventionen! 

WO ist der Kultusminister, der dieser Argumentation widerspricht? Falls er das nicht macht oder machen kann - Weshalb tritt er nicht sofort zurück, da er offensichtlich überflüssig ist? WO ist der Innenminister, der diese Argumentation widerlegt? WO ist der Wirtschaftsminister, der seinen Platz in der Öffentlichkeit offenbar an den Ministerpräsidenten abgetreten hat? WO ist der Minister für Landesentwicklung und Verkehr, der die Zukunft des ländlichen Raumes visionär beschreibt?  

Und wo ist die Opposition, welche jetzt endlich alle verwaltungsrechtlichen Hebel in Gange setzt, um diesen Irrsinn zu stoppen? 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Sprechen wir mal "von Schule" - Klassenzimmer: Wartsaal oder "die zweite Lehrkraft" ?

Wir befassen uns heute mit  den Räumen in welchen Kinder und Jugendliche im Alter von 6 - 16  mehr als die Hälfte ihres Lebens verbringen. Es sind zwei Punkte, welche im Vordergrund stehen: Nutzung des Raumes  und Möblierung. Der Titel deutet es schon an, hier geht es um die Nutzung. Das Bild links zeigt ein Klassenzimmer um 1900 herum.   Der dazugehörige Beitrag ist sehr lesenswert. Schule um 1900 eben. "Und auch aus diesen Jungs und Mädchen ist was geworden", höre ich bereits. Ja, das ist so. Das Bild rechts oben und die Bilder dieses Abschnittes zeigen Klassenzimmer von heute. In den meisten Grundschulen sehen wir nach wie vor die klassische Bestuhlung und sie besagt etwas: Gängigste Unterrichtsmethodik ist Frontalunterricht. Dies wiederum bedeutet für die Schüler: Viel sitzen, viel zuhören, wenig Eigenaktivität und Bewegung. Ja, es gibt auch andere Klassenraumbestuhlungen, sie sind lobend zu erwähnen, denn sie machen auf den ersten Blick klar, dass Unterric

Schülerbeförderung: 75 Minuten für 7-Jährige ! Wo bleibt eigentlich das Jugendamt?

Das Thema Schulschließungen produziert auf einer anderen Ebene Probleme, welche das Kultusministerium kaum und das Finanzministerium offenbar schon gar nicht interessieren. Es geht dabei einerseits um entstehende Kosten für den Schülertransport und zugleich um die Frage: Wo liegt die Grenze der Zumutbarkeit von Schülertransporten für Grundschüler? Dazu hat man in den letzten Tagen mehr erfahren: Kosten der Schülertransporte: Dazu Infos aus dem Kreise Jessen. Die Transportkosten stiegen von 4,26 Mio € im Jahre 2008 auf 5,45 Mio im Jahre 2011. Die durchschnittliche Kilometerleistung für einen Weg/Schüler betrug 15,61 Kilometer (2011) und wird mit den begonnenen Schulschließungen massiv zunehmen. ( Quelle MZ ) Diese Millionen scheinen irgendwo vom Himmel zu regnen und das Haushaltsbudget des Landes Sachsen-Anhalts nicht zu belasten. Hier spricht man nämlich nur vom enormen Sparpotential, ohne genauere Zahlen zu nennen. 75 Minuten von Tür zu Tür Zumindest der Landkreis Mansfeld S

Die Rechte unserer Kinder (1)

http://www.jugenddelegierte.de Nachdem wir inzwischen bis zum Gehtnichtmehr dargestellt haben, dass die Schwerpunkte der gegenwärtigen Planungen des Finanz- und Kultusministeriums ausschließlich finanzielle und personelle Gründe haben, möchten wir in diesem und den folgenden drei Beiträgen die Kinder in den Fokus stellen  Sie sind es, welche am Unmittelbarsten betroffen sind und - das behaupten wir jetzt - entsprechend Schaden nehmen oder benachteiligt werden Die Uno-Kinderrechts-Konvention von 1989  legt die Kinderrechte in 10 Punkten fest:  Drei davon möchten wir in diesem Zusammenhang herausgreifen: das Recht auf Gesundheit das Recht auf Bildung das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung 1. Recht auf Gesundheit Dazu eine Wegleitung zum Schlafbedarf von 6-11-Jährigen Für 5-6-Jährige beträgt dieser 11,5 Stunden, 7-11-Jährige liegt der Wer bei 11 Stunden. Daraus ergibt sich ein handfestes Problem für Eltern, deren Kinder bereits um 05:30 aus den Federn müssen, u