Bestandsfähigkeit ist im
Zusammenhang mit der laufenden Schulentwicklungsplan und den
erwarteten STARKIII-Förderungen ein Schlüsselwort. In der
praktischen Anwendung bedeutet es, dass Betroffene Standortgemeinden
auf Grund einer willkürlich festgelegten Zahl erkennen, ob oder bis
wann ihr Schulstandort bestandsfähig und anschließend aufzugeben
ist.
Interessant ist bei dieser
Thematik, dass niemand die Umkehrfrage stellt.“Wenn unsere Schule
nicht mehr bestandsfähig sein soll, liegt das nun an der Schule oder
an der Definition von Bestandsfähigkeit? Ein praktisches Beispiel:
Nachdem auf einer Buslinie während der letzten zwei Jahre ein
Passagierdurchschnitt von 5 Personen/Fahrt und eine stärkste
Frequenz von 15 Personen/Fahrt festgestellt wurde, stellt sich die
Frage, ob es weiterhin sinnvoll ist, mit einem 50-Plätzer diese
Strecke zu bedienen. Lohnt sich das noch? Soll man die Linie aufrecht
erhalten/einstellen?
Ein freier Unternehmer
käme wohl aus betriebswirtschaftlichen Gründen zum Schluss, bei
Neuanschaffungen auf kleinere Fahrzeuge umzustellen. Damit steht die
Rentabilitätsrechnung auf anderen Beinen.
Das Dogma Jahrgangsklassen
Genau so verhält es sich
beim Thema Grundschulen im ländlichen Raum. Zur Verfügung steht ein
Einheitsgefäß namens Jahrgangsklasse. Die„Rentabilitätsschwelle“
ist bei 15 Kindern/Klasse angesetzt. Das ist Unsinn, weil es sehr viele Schulen gibt, welche seit Jahren und auch prognostisch mit Gesamtschülerzahlen zwischen 40 und 60 Kindern stabil sind. 30 Schulen wurden inzwischen schon geschlossen.
Die Kinder haben dann entferntere Schulstandorte zu
besuchen , wo sich Bildung „rechnet“, wenigstens für das
Kultusministerium. Im Gegensatz zum oben beschriebenen freien
Unternehmer, ist dessen unternehmerische Flexibiltät nicht gewünscht, überlässt
man das Feld allenfalls freien Schulträgern, welche dann ihrerseits
mit Eröffnung freier Schulen die Schulplanung des Landes ganz schön
durcheinander wirbeln, die so hoch gelobte „Rentabilität“ wieder gefährden.
Jahrgangsklasse ist gezielt eingesetzter Landschulkiller
Das ist ganz einfach zu
erklären: Bis 2025 wird prognostisch mit einem Schülerrückgang von
beinahe 30% gerechnet. Schulen mit heute 20 Kindern/Klasse rutschen
also unter die Einheitsnorm von 15 Kindern für Bildung einer
Anfangsklasse. Anstatt auf ein geeigneteres Beschulungsmodell
(jahrgangsdurchmichster Unterricht) auszuweichen, wird verbissen am
Jahrgangsklassenunterricht festgehalten.
Das bedeutet: Politisch
besteht der erklärte Wille, den ländlichen Raum bezüglich
Grundschulen kontinuierlich auszudünnen, auch in den kommenden
Jahren. Jede Standortgemeinde kann dies an ihren eigenen Zahlen und
Prognosen ablesen: Im Laufe der kommenden 10 Jahre ist Schluss, das
Gefährt Jahrgangsklassenunterricht ist im ländlichen Raum nicht
zukunftsfähig, gehört abgelöst.
Wo bleibt die politische Reaktion der Standortgemeinden?
Angesichts dieser klaren
Perspektive bleibt die Frage, weshalb nicht schon längst die
Anwendung der viel flexibleren und personaltechnisch effizienteren
jahrgangsdurchmischten Klassenbildung gefordert wird. Es ist der
einzige Weg, dieser Entwicklung gebührend Rechnung zu tragen, entgegen zu steuern. Verbunden mit einer Reduktion der Mindestschülerzahlen auf 35 lässt
sich eine Schule im ländlichen Raum mit 2 Klassenlehrern und den
entsprechenden Fachlehrkräften sehr wohl führen, auch wenn unser Kultusministerium das Gegenteil behauptet. Vorausschauende
Kommunalpolitiker sollten dieser Problematik Rechnung tragen, schon
längst gemeinsam aktiv werden – oder glauben sie nicht mehr an die
Zukunftsfähigkeit ihres Ortes?
Gestritten werden muss heute, nicht morgen!
Ohne diesen politischen
Druck – und zwar ab sofort – wird sich an der derzeitigen
Entwicklung nichts ändern. Das Verschieben allfälliger Entscheide
auf einen Zeitpunkt NACH den Landtagswahlen 2016 ist eine Finte. Bis
dann ist nämlich über STARKIII mit noch viel höheren
Mindestschülerzahlen das Grundschulnetz in Sachsen-Anhalt
festgezurrt.
Gestritten werden muss also jetzt: Um eine Anpassung von
STARKIII an eine neu festzulegende Mindestschülerzahl für
Grundschulen im ländlichen Raum. Diese Mindestschülerzahl hat auf
jahrgangsdurchmischtem Unterricht aufzubauen und muss deutlich tiefer
liegen, als die bisherige Mindestschülerzahl 60.
Sachsen hat das
Problem erkannt und die Mindestschülerzahlen auf 35 runter
korrigiert. Wann endlich folgt Sachsen-Anhalt?
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