Heute
erscheint in den Medien ein Beitrag der MZ zum
Bundesverfassungsgericht in Sachen Schulschließungen in Sachsen. Analog zu Sachsen sind demzufolge auch in Sachsen-Anhalt
Klagen von Standortgemeinden, deren Grundschulen durch das Land
verordnet wurde, möglich, so die Aussage. Im Kern ist diese
Information zweifellos richtig.
Bevor nun jedoch Anwälte mit solchen
Klagen beauftragt werden, sollte schon noch etwas genauer analysiert
werden. Denn: In den meisten Fällen der vegangenen Monate ist es ein
Schließungsentscheid der Standortgemeinde, welcher letztendlich das
Ende der Schule bedeutete. Es lohnt sich jedoch, die Art und Weise,
wie diese Entscheide zustande gekommen sind, etwas zu
analysieren, das Umfeld zu beleuchten
Schulhoheit
Im
Zusammenhang mit der Gemeindegebietsreform entstanden ja viele neue
Einheits- oder Verwaltungsgemeinden. Dabei wurde die Schulhoheit von
den ehemaligen selbstständigen Gemeinden auf die Ebene Einheits- oder
Verwaltungsgemeinde verlagert. Klageberechtigt ist also nicht der
Ortsteil oder das Mitglied der Verwaltungsgemeinde. Vielmehr ist es
die Einheits- oder Verwaltungsgemeinde, gegen deren Willen eine
Schule geschlossen wurde.
Was ist Schließung?
Das
Kultusministerium legt ja nicht umsonst hohen Wert auf so genannte
Schließungsbeschlüsse der Gemeinden. Bleibt dieser aus, werden z.B.
Ausnahmegenehmigungen, Anfangsklassen verweigert, womit der betroffene
Schulstandort meistens gleichzeitig unter die geforderte
Mindestschülerzahl fällt und somit durch das Volksschulamt erneut
„Handlungsbedarf“ ausgemacht wird. Hier stellt sich ganz klar die
Frage, inwiefern von „erzwungener“ Schließung gesprochen werden
kann. Derzeit befinden sich ca. 10 Schulen in dieser Hängepartie.
Dazu
kommen Schulschließungen, welche unter den Vorgaben der alten
SEPL-VO2014 erfolgt sind. Nachdem diese
Verordnung geändert wurde, erweisen sich diese Entscheide eigentlich
als falsch und nicht nötig.
Das Kultusministerium kann zu dieser
SEPL-VO2014 KEINE Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorweisen, welche
den Anforderungen der Verwaltungsvorschriften genügt. Vor Inkraftsetzung muss eine solche Untersuchung vorliegen. Damit steht
selbst diese Verordnung rechtlich auf mehr als wackligen Beinen.
Es
ergibt sich aber eine weitere spannende Frage: Ist die derzeitige
Definition von „Schulhoheit der Kommunen“, wie sie in
Sachsen-Anhalt praktiziert wird, angesichts dieses Urteils gedeckt?
Denn: Neben dem Gebäudeunterhalt ist doch die Rolle unserer Kommunen
im Wesentlichen dadurch geprägt, dass Verordnungen des
Kultusministeriums umzusetzen sind – inklusive Schulschließungen.
Schulschließung über STARKIII
Weitere
Schulen wurden in der Schulentwicklungsplanung der
Kommunen/Landkreise bereits als „zu schließen“ bestimmt und
sind in STARKIII Demografie-Checks eingearbeitet. Nimmt man diese
nun auf Grund der veränderten SEPL-VO2014 als bestandsfähig an, so
bricht die Bedarfsmeldung für das Förderprogramm STARKIII zusammen.
Das bedeutet: Die Einheits-/Verwaltungsgemeinde MUSS Schulen
schließen, wenn sie offensichtlichen Sanierungsstau in der
Grundschulinfrastruktur beheben will. „Freiwilligkeit“ könnte
also auch durch „Erpressung“ ersetzt werden Hier wäre zu fragen,
ob genau dieselben Argumente des Bundesverfassungsgerichtes zum
Tragen kommen könnten.
Klageberechtigung
Im
Falle der Einheitsgemeinden ist der
Fall klar. Es sind nicht die Ortsteile, sondern die Stadt-/Kommune,
welche mit Mehrheitsbeschluss als Standortträger gegen eine solche
Schließung klagen müssen. Das Hauen und Stechen in den Stadträten
geht also weiter!
Bei
den Verwaltungsgemeinden scheint der
Fall auf Grund der Zuordnung der Schulordnung gleich zu liegen, wobei
möglicherweise bereits dieses Faktum von den Mitgliedern der
Verbandsgemeinden juristisch separat geprüft werden sollte. Ist
diese Zuordnung der Schulhoheit im Bereich Grundschulen rechtens, oder
wird dadurch die Kommunalhoheit eingeschränkt?
Wir
möchten hier aber noch einen weiteren Punkt aufgreifen:
Wie war das genau mit den Landkreisen?
2013/14
war in der Argumentation der Landkreise landauf landab zu lesen, dass
eine zügige Verabschiedung der SEPL-VO2014 Grundlage sei, um vom
Lande überhaupt an die nötigen Finanzmittel für andere Schulstufen
zu kommen (Schulentwicklungsplan für alle Schulstufen musste in
seiner Gesamtheit verabschiedet werden). Wenn der
Schulentwicklungsplan NICHT verabschiedet werde, würden darunter
auch Gymnasien, Sekundarschulen und weitere Investitionsvorhaben der
Landkreise blockiert.
Als
einziger Landkreis hat MSH versucht, diese Vorlage dreizuteilen. Das
Ergebnis war erstaunlich: Die zwei genehmigten Pläne wurden vom
Landesschulamt akzeptiert , zeitnah fand eine weitere
Kreistagsversammlung statt, an welcher der Ablehnungsbeschluss der
zuvor NICHT genehmigten Schulentwicklungsplanung als nicht
stattgefundene Sitzung deklariert war und im zweiten Anlauf vor einer
gewaltigen Drohkulisse des Landrates bestätigt wurde.
Entsprechende
Dokumente des Schriftverkehrs der Landkreise mit dem
Volksschulamt würden die ganze Farce dieses „demokratischen
Entscheidungsfindungsprozesses“ schlüssig aufzeigen und DAS wäre
dann wohl mit dem Bundesverfassungsurteil zum Thema Kommunalhoheit bei Schulschließungen abzugleichen....
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