Im Sommer 2014 hatten die Kommunen als Standortträger der Grundschulen in einem sehr engen Zeitfenster von Ende Juni bis Ende September so genannte Bedarfsmeldungen für STARKIII-Förderprojekte einzureichen. Die kommunalen Entscheidungsträger sind gut beraten, aber auch aufgefordert, nochmals genau hinzuschauen was damals war und was heute ist. Ein Schuh der Größe 42, einer mit der Größe 46. Lässt sich damit gehen?
1. "Bedarfsmeldung"
Die offizielle Begründung aus dem Finanzministerium für dieses Vorgehen war, dass man sich damit einen Überblick über die zu erwartenden Förderanträge verschaffen wolle.
Die Wegleitung zu dieser Meldung verlangte jedoch bereits sehr detaillierte Angaben bezüglich zu erwartender Energieersparnis und über den Demografiecheck eine weit über die damalige SEPL-VO2014 hinausgehende Konzentration von Schülern an einem Standort.
2. Die Umsetzung
Die zur Verfügung stehende Zeit war für die Standortgemeinden äußerst knapp, da mitten in den Schulferien liegend und überall war zu erkennen, dass diese Vorlagen mit Verweis auf das enge Datum und "wer da nicht dabei ist, kann Förderung vergessen", durch die Gremien gepeitscht wurden.
3. Die Planungsgrundlage
Hierbei handelte es sich um den Schulentwicklungsplan SEPL-VO2014 in seiner Ursprungsfassung, also Mindestschülerzahlen 60 ab 2014, 80 ab 2017. Unter diesen Vorgaben flossen Argumente wie diese in die Debatte (eine Aufzählung):
- Einheitsgemeinde mit 5 Standorten, einer davon weniger als 60, zwei davon zwischen 60 und 80, einer mit 85, einer mit 100 . "Schulkreisänderung bringt nichts, da wenige Jahre später alle drei Schulen zu schließen wären." "Es ist unwahrscheinlich, dass mehrere Förderanträge bewilligt werden, wir konzentrieren uns auf zwei Standorte" Um nun die geforderten Mindestschülerzahlen im Demografie-Check zu erreichen, wurden zwei, evt. sogar drei Schulen perspektivisch in die STARKIII-Bedarfsmeldung eingearbeitet, womit der Demografie-Check für zwei Förderprojekte demografisch makellos war.
- Schulschließung? "Nein. Die 60-er Schule läuft mit Ausnahmegenehmigung und jetzt müssen wir erst abwarten, wie diese Bedarfsmeldung bewertet wird."
Es hängen also viele NICHT vollzogene Schulschließungen in diesen Bedarfsmeldungen!
4. Förderanträge erst im Frühjahr
Kritiker dieses Vorgehens wurden beschwichtigt: "Es handelt sich ja lediglich um die Bedarfsmeldung. Die richtigen Anträge kommen im Frühjahr oder Sommer 2015." Ja, aber: Gemessen an der Tatsache, dass es sich "nur" um eine Bedarfsmeldung handelt, war das Prozedere schon recht komplex und vor allem teuer, 10000 - 15 000 €/Objekt für das energetische Gutachten.
5. Korrigierte SEPL-2014 - Es bleibt bei Mindestschülerzahl 60!
Mit Gültigkeit und Publikation vom 24.12.2014 wurde auf die zweite Erhöhung der Mindestschülerzahlen verzichtet. Es bleibt bis auf Weiteres bei der Mindestschülerzahl 60 im ländlichen Raum.
Das bedeutet: Sämtliche eingereichten Schulentwicklungspläne und Bestandsfähigkeits-/ , Schließungsszenarien 2017/18 müssen neu bewertet werden.
Das Kultusministerium wird sagen, dies sei nicht nötig, da ja die fortschreibende Schulentwicklungsplanungen Lösungen für "gefährdete" Schulstandorte einfordere. Nun seien diese eben nicht gefährdet und basta.
Das ist nur die halbe Wahrheit und und als Aussage zurückzuweisen!
6. Geänderte SEPL-VO2014 entzieht STARKIII-Demografie-Checks den Boden
Kehren wir zurück zu den unter Punkt 2 aufgeführten Argumenten. Mit der Korrektur der SEPL-VO2014 ergeben sich doch nun völlig neue schulplanerische Möglichkeiten. Schulkreisänderungen ermöglichen langfristige Bestandsfähigkeit der 3 Wackelschulen, da sie ja jetzt nicht mehr 80, sondern lediglich 60 Kinder zum Überleben brauchen.
Das bedeutet: Überall, wo im alten Schulentwicklungsplan für das Jahr 2017/18 "besteht Handlungsbedarf" markiert ist, entfällt der Handlungsbedarf! Exakt mit diesem Argument "besteht Handlungsbedarf" wurde jedoch der Demografie-Check für Förderobjekte STARKIII mit "Handelsbedarf-Schulen" des Jahres 2017/18 aufgepeppt.
So und nicht anders sind viele "Bedarfsmeldungen" entstanden!
7. Einheitsgemeinden und Verbandsgemeinden ziehen die Schulschließerkarte!
Die Regierungskoalition hat erkannt, dass die Schulproblematik ein Dauerthema bleiben wird. Indem nun die SEPL-VO2014 geändert wurde, hat man diesem Umstand politisch Rechnung getragen. Dies geschah nur in der Absicht, die Schulschließungsproblematik über STARKIII auf die Kommunalebene zu verlegen. Das Land ist fein raus, geprügelt werden in Zukunft die Kommunalpolitiker!
STARKIII mit doppelt bis dreifach so hohen Mindestschülerzahlen wie SEPL-VO2014 wird erklärt mit "wer nicht will, muss ja nicht!" Dem steht gegenüber, dass die Bürgermeister sehr wohl wissen, dass sie auf anderem Wege kaum an Geld kommen, um diesen Investitionsstau auf den alten, heute überdimensionierten POS-Schulen, welche man ihnen "großzügigerweise" nach der Sekundarschulreform im Jahre 2005 überlassen hat, zu beheben.
8. Zwei Planungsparameter - 1 Ministerium!
Zur Lachnummer verkommen SEPL-VO2014 und STARKIII, wenn man den folgenden Aspekt einbezieht. Die SEPL-VO2014 ist eine Verordnung des Kultusministeriums, eigentlich bindend für die Schulentwicklungsplanung unseres Bundeslandes. STARKIII ist ein EU-gefördertes energetisches Sanierungs- und Wirtschaftsförderungsprogramm aus dem Finanzministerium. Der darin geforderte Demografie-Check (mindestens 80 oder 100 Schüler im Jahre 2030) stammt aus dem Kultusministerium! Damit torpediert dieses Ministerium seine eigene, eigentlich maßgebliche Verordnung SEPL-VO2014, lässt sie bezüglich Wirksamkeit ins Leere laufen und führt das Schulschließungsprogramm über das vom Finanzministerium aufgelegte STARKIII-Programm fort! Sowohl SEPL-VO2014, insbesondere aber STARKIII stehen unserer Auffassung nach im Widerspruch zum geltenden Schulgesetz.
Das mögen die Herrschaften doch mal dem Landesrechnungshof und dem Landesverfassungsgericht erklären!
Zur SEPL-VO2014 gibt es keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, welche den gesetzlichen Vorgaben entsprechen würde. Dies wäre aber eine Grundvoraussetzung, eine derartige Verordnung überhaupt auf den Weg zu bringen!.
Mit dem Verzicht auf die zweite Erhöhung und auf Basis der jetzt überarbeiteten Verordnung würde eine solche Wirtschaftlichkeitsuntersuchung noch viel katastrophaler ausfallen, steht die Maßnahme in keinem Verhältnis zum ursprünglich behaupteten Spar-Effekt!
Wann wehren sich endlich die betroffenen Gemeinden?
Um so erstaunlicher ist es, dass Verwaltungs- und Einheitsgemeinden diese Posse klaglos über sich ergehen lassen und genau DAS abwickeln, was in diesem Beispiel beschrieben wurde. Praktisch alle Schulen, welche in diesem Beitrag aufgeführt sind, lassen sich nach neuer SEPL-VO2014 mit geänderten Schuleinzugskreisen halten. Nur eben, über allem steht die STARKIII-Keule! Ändert man die Kreise, fällt die im Sommer gemachte Bedarfsmeldung in sich zusammen. Hat man immer noch nicht erkannt, was da auf die Gemeindepolitiker zurollt?
Man könnte über den Gemeinde- und Städtebund vorstellig werden und wenn dieser aus formaljuristischen Gründen nicht klageberechtigt ist, dann sind 5000 € für eine Musterklage gut investiertes Geld, zumal man für die vorgeschobene "Bedarfsmeldung", welche im Grunde genommen bereits ein Förderantrag ist, unter freihändiger Vergabe mind. 10 000 € pro Objekt aus dem Fenster geschmissen hat.
Der Ball, an diesem Unsinn etwas zu ändern, liegt also eindeutig bei den betroffenen Standortgemeinden! Und natürlich bei den Regierungsparteien CDU/SPD!
STARKIII: sinnlose Geldverschleuderung ohne wirklich gerechnete Gesamt- und Folgekosten. Hier geht es um die Wirtschaftlichkeit. Dazu mehr im nächsten Beitrag.
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