Direkt zum Hauptbereich

Schulhausneubau: 4,5 Mio € für 36 Kinder - und ein ganzes Dorf.

Volksschule, Mehrzweckgebäude Laterns
Im letzte Beitrag, habe ich zum Thema Schulhausneubau die Frage nach der Definition und dem Stellenwert von Grundschulen im behördlichen Planungs-Verständnis aufgeworfen: "Es geht also um die Definition der Bedeutung von "Schule".  Erweitert: Kernaufgaben, Wirkungsfelder, Synergien, Ressourcen und wie kann dies in  Schulbauplanung einfließen - als Zukunftsinvestition? Welche Faktoren beeinflussen neben reinen Schülerzahlen die Definition zukunftsfähig?"


Was kann Schule denn mehr als Wissensvermittlung? Was ist Schule denn mehr als Bildung? Anstatt nun eine große Abhandlung zu schreiben, trage ich in Form von Links die Geschichte des Schulhausneubaus in der 682-Seelen-Gemeinde Laterns zusammen. Wer am Thema Grundschulen in Sachsen-Anhalt interessiert ist, sollte sich die Zeit nehmen, diese Informationen genauer anzuschauen. Hier kommen die Praxis-Antworten auf obige Definitionsfragen.

Die Gemeinde Laterns liegt im Bezirk Feldkirch im Bundesland Voralberg, Winter- und Sommertourismus, alles präsentiert in einem beachtlichen Web-Auftritt. Im Zusammenhang mit sich abzeichnendem Renovationsbedarf des alten Schulgebäudes stellte sich die Frage nach einem Schulhausneubau und gleichzeitiger Errichtung einer Mehrzweckhalle. Die Gemeinde musste in der Lage sein, ein Zukunftskonzept vorzuweisen, denn auch hier wirft der Staat nicht einfach so 55% Subventionen in ein Fass ohne Boden.

Statistik
Auf den Seiten von Statistik Austria in 2 Minuten gefunden, vergleichbare Angaben für Sachsen-Anhalt auch nach mehr als 30-minütiger Suche nicht entdeckt.  Laterns-Ein Blick auf die Gemeinde. Aussagekräftige Statistik vom Besten. Auf welchen öffentlich einsehbaren Datensätzen wurde und wird eigentlich in Sachsen-Anhalt Schulentwicklungsplanung betrieben? Reicht für sowas die 5. regionalisierte Bevölkerungsprognose?

Es gibt aber noch mehr und da reibt man sich verwundert die Augen. Spiel- und Freiraumkonzept der Gemeinde Laterns - und findet da die Schule wieder in einem ganz anderen Zusammenhang.

Planung:
Anforderungsprofil, Architekturwettbewerb, dabei ein nicht unumstrittener Entscheid, dieses Bauvorhaben über einen lokalen Generalunternehmer zu realisieren. Interessantes Detail:

  • 2 Klassenräume benötigt, drei gebaut. Zimmer übrigens, welche den Namen als Ort modernen Lernens verdienen und dazu gehört auch Fläche. Also keine Hasenställe. Abstrich: Auch in diesem Schulhaus gibt es mindestens ein Klassenzimmer, welches nur auf einer Seite Fenster aufweist und man sieht dank sehr guter Fotos die im Vorgängerbeitrag erwähnte und kritisierte Schattenproblematik
  • Turnhalle, Mehrzweckraum mit Küche, Bühne mit Trennwand als Vereins-/Probelokal nutzbar. 
Das alles klingt nüchtern alltäglich. Dem ist aber nicht so, denn eingeflossen sind inhaltlich und gesellschaftlich die Identität und Zukunft einer Talschaft. Genau so die Geschichte und Tradition. Zum Wohle der Kinder und der Kommune.

Schule als gesellschaftliches und kulturelles Dorfzentrum
Zu erkennen ist das alles am Bericht zu den Einweihungsfeierlichkeiten und dem Bauabschlussberichten der verschiedenen Beteiligten:

  • Abschlussbericht des Generalunternehmers: Wenn man hier die Eigenwerbung überliest, stößt man auf interessante Aussagen, auch zum Thema Schule, Wertschöpfung und deren materielle und ideelle Bedeutung.
Unsere Schulplaner...
In den vergangenen Monaten war von Seiten der Schulplaner  immer wieder das Argument von der so genannt besseren Personal- und Unterrichtsversorgung, dem besseren Bildungsangebot an zentralisierten Grundschulen die Rede. Unsere Forderung nach Erhalt und Förderung von Dorfschulen wurde in eher herablassender Form als Nostalgie und qualitativ nicht (mehr) ausreichend abgetan.
Die Argumente waren: Probleme bei Lehrerausfällen, unzureichende oder komplizierte Fachlehrerversorgung, unzureichende Zusatzangebote wie Arbeitsgruppen, was in größeren Schulen gewährleistet sei... (damit muss wohl so was wie das hier gemeint gewesen sein).  Man beachte, dass es in dieser Argumentation NICHT um Kinder, sondern um den Personaleinsatz geht. 
Schluss mit  Körnchenpickereien wie: "Lehrkraft erkrankt, Kinder zwei Stunden fremdbetreut, igitt igitt". Das ist nämlich in den großen Schulen genau so... Nein, darum geht es nun wirklich nicht. Zentral ist folgender Sachverhalt: All das, was in den österreichischen Schulen Flächen deckend funktioniert, soll in Sachsen-Anhalt nicht organisierbar sein? Das wäre also eine fachliche Bankrotterklärung unserer Verwaltung!

...brauchen Weiterbildung!

Im Zentrum von Schulplanung und Schulentwicklung muss das Kind mit seinen Bedürfnissen und nicht eine Organisation/Verwaltung oder der Lehrkörper stehen. Schließlich sprechen wir von Bildungsauftrag und nicht von  (vermeintlich!) optimaler Verwaltungs- und Personaleinsatzplanung.
Zuerst mal Bedürfnisse der Kinder und daran haben sich Schulentwicklung und Personalplanung zu orientieren.  Zum Thema Schulentwicklung im ländlichen Raum ist akuter Bildungsnotstand quer durch die Ministerien und Regierungsparteien auszumachen.
Als Motivationshilfe für sofortige, in die Tiefe gehende Weiterbildung Bilder. Sie stammen aus Laterns und zwar aus den Jahren 2012 (noch "alte Schule") bis 2014. Zusammenzufassen unter: Gute, Kind gerechte, abwechslungsreiche und alle Ressourcen schöpfende Schule. Schon im alten Gebäude! Das neue Schulhaus ist lediglich das Sahnehäubchen.
Das Gesamtkonzept hingegen bedeutet für die Kommune DEN zentralen Infrastrukturbaustein für die Zukunftsfähigkeit des Ortes als Lebensraum. Also auch ein Thema für Raum- und Kommunalplaner! All das kostete 4,5 Mio € - eine Zukunftsvestition in den ländlichen Raum.

Das Bilderalbum  Man beachte die Zeitabstände zwischen den einzelnen Alben. Und sicher: "Daneben" wird ja auch noch ganz klassisch unterrichtet: Bestimmt genau so professionell, wie das ganze Drumherum.  Powerschule , nach dem Motto "Selbst machen und erleben! - nicht konsumieren!"
Oder, wie  der Titel eines  der vielen Aktionstage:"Wir sind alle coole Socken."



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Sprechen wir mal "von Schule" - Klassenzimmer: Wartsaal oder "die zweite Lehrkraft" ?

Wir befassen uns heute mit  den Räumen in welchen Kinder und Jugendliche im Alter von 6 - 16  mehr als die Hälfte ihres Lebens verbringen. Es sind zwei Punkte, welche im Vordergrund stehen: Nutzung des Raumes  und Möblierung. Der Titel deutet es schon an, hier geht es um die Nutzung. Das Bild links zeigt ein Klassenzimmer um 1900 herum.   Der dazugehörige Beitrag ist sehr lesenswert. Schule um 1900 eben. "Und auch aus diesen Jungs und Mädchen ist was geworden", höre ich bereits. Ja, das ist so. Das Bild rechts oben und die Bilder dieses Abschnittes zeigen Klassenzimmer von heute. In den meisten Grundschulen sehen wir nach wie vor die klassische Bestuhlung und sie besagt etwas: Gängigste Unterrichtsmethodik ist Frontalunterricht. Dies wiederum bedeutet für die Schüler: Viel sitzen, viel zuhören, wenig Eigenaktivität und Bewegung. Ja, es gibt auch andere Klassenraumbestuhlungen, sie sind lobend zu erwähnen, denn sie machen auf den ersten Blick klar, dass...

Schülerbeförderung: 75 Minuten für 7-Jährige ! Wo bleibt eigentlich das Jugendamt?

Das Thema Schulschließungen produziert auf einer anderen Ebene Probleme, welche das Kultusministerium kaum und das Finanzministerium offenbar schon gar nicht interessieren. Es geht dabei einerseits um entstehende Kosten für den Schülertransport und zugleich um die Frage: Wo liegt die Grenze der Zumutbarkeit von Schülertransporten für Grundschüler? Dazu hat man in den letzten Tagen mehr erfahren: Kosten der Schülertransporte: Dazu Infos aus dem Kreise Jessen. Die Transportkosten stiegen von 4,26 Mio € im Jahre 2008 auf 5,45 Mio im Jahre 2011. Die durchschnittliche Kilometerleistung für einen Weg/Schüler betrug 15,61 Kilometer (2011) und wird mit den begonnenen Schulschließungen massiv zunehmen. ( Quelle MZ ) Diese Millionen scheinen irgendwo vom Himmel zu regnen und das Haushaltsbudget des Landes Sachsen-Anhalts nicht zu belasten. Hier spricht man nämlich nur vom enormen Sparpotential, ohne genauere Zahlen zu nennen. 75 Minuten von Tür zu Tür Zumindest der Landkreis Mansfeld S...

Die Rechte unserer Kinder (1)

http://www.jugenddelegierte.de Nachdem wir inzwischen bis zum Gehtnichtmehr dargestellt haben, dass die Schwerpunkte der gegenwärtigen Planungen des Finanz- und Kultusministeriums ausschließlich finanzielle und personelle Gründe haben, möchten wir in diesem und den folgenden drei Beiträgen die Kinder in den Fokus stellen  Sie sind es, welche am Unmittelbarsten betroffen sind und - das behaupten wir jetzt - entsprechend Schaden nehmen oder benachteiligt werden Die Uno-Kinderrechts-Konvention von 1989  legt die Kinderrechte in 10 Punkten fest:  Drei davon möchten wir in diesem Zusammenhang herausgreifen: das Recht auf Gesundheit das Recht auf Bildung das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung 1. Recht auf Gesundheit Dazu eine Wegleitung zum Schlafbedarf von 6-11-Jährigen Für 5-6-Jährige beträgt dieser 11,5 Stunden, 7-11-Jährige liegt der Wer bei 11 Stunden. Daraus ergibt sich ein handfestes Problem für Eltern, deren Kinder bereits um 05:30 ...