Ein trauriger Vorfall bildet den Anstoß zu diesem Beitrag. Gestern morgen ist ein 1. Klässler im Altmarkkreis beim Warten an einer Bushaltestelle ums Leben gekommen. Den Angehörigen gilt unsere Anteilnahme und mit Ihnen leiden viele Eltern von Grundschülern.
Sie machen sich Sorgen, und dies berechtigt. Der traurige Höhepunkt einer Reihe von Schulweggeschichten, welche seit Schulbeginn in Medien und Foren viel Raum einnehmen.
Kinder verachtend
Seit bald einem Jahr macht Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort auf die Problematik der Schülerbeförderung und der kinder- und familienfeindlichen Beförderungssatzungen in den Landkreisen aufmerksam. Was zuerst von Politikern als übertrieben und Einzelfälle dargestellt wurde, ist nun erkannt, soll nun "gelöst" werden, indem es überhaupt nicht gelöst wird.
So lange wir keine klaren von Türe zu Türe Zeit-Regelungen inklusive Wartezeiten haben, ist überhaupt nichts gelöst, werden künstliche Puffer (Wartezeiten, reine Busfahrzeit, Umsteigezeiten usw.) geschaffen, sodass letztlich erneut die Situation entsteht, dass Grundschüler für einen Weg mehr als eine Stunde aufzuwenden haben und nach der Schule nicht selten eine Lektion auf den Schulbus zu warten haben.
Sicherheit:
- Wenn ich mein Kind unangegurtet im Auto mitführe, kriege ich einen Strafbescheid.
- Wenn ich gar in einen Unfall verwickelt werde, kann ich mich auf einen saftigen Regress der Versicherung gefasst machen, weil das Kind nicht angegurtet war.
- Wenn ich im November während 2 Monaten mein 7-jähriges Kind morgens um 06:45 in Dunkelheit mit dem Bus ins Nachbardorf fahren lasse, um frische Brötchen zu holen, dann werden Geschäftsinhaber und Kunden langsam neugierig: "Was ist denn da los? Wie kann man ein Kind so früh alleine losschicken?" Vielleicht kriege ich Besuch von der Familienhilfe...oder vom Kinderschutz?
- Wenn ich mein Kind nach dem Training regelmässig eine Stunde beim Clubhaus warten lasse, bis ich es abhole, werden sich verschiedene Eltern und Trainer so ihre Gedanken machen...
- Wenn der Sportverein seine Junioren-Mannschaft im Kleinbus zu einem Auswärts-Speil fährt, dann muss jedes Kind einen Sitzplatz haben und je nach Region müssen auch Gurten vorhanden sein. Ansonsten geht die Fahrt nicht weiter.
Zweierlei Maß
- Wenn mein Kind auf Grund einer verfehlten Schulplanung immer früher auf den Schulbus muss, habe ich das zu schlucken und niemand ist für die Rechte der Kinder zuständig?
- Wenn mein Kind 45 Minuten lang an der Bushaltestelle stehen bleibt, weil der eigentlich vorgesehene Bus überfüllt ist und der Chauffeur auf das nachfolgende Fahrzeug verweist, darf ich trocken schlucken und habe das zu akzeptieren?
- Wenn die Geschäftsleitung eines Kreisverkehrsbetriebes besorgten Eltern erklärt, es sei legal, dass bei rund 50 Kindern eben etwa 15 zu stehen hätten und dies während einer Fahrt von über 25 Minuten. Änderungen seien nicht vorgesehen, zumal auch keine Fahrzeuge vorhanden seien. Bleibt Ihnen dann auch was im Halse stecken?
- Wenn Politiker sich damit rausreden, das seien eben die Regeln im öffentlichen Verkehr und die Schulbusse würden ja auch nicht schneller als 60 km/h fahren,... (Offenbar soll damit gesagt werden, bei der geringen Geschwindigkeit würden allenfalls einige Beulen entstehen)...
- DANN sollten sich diese Verantwortungsträger 18 Stunden am Tag solche Bilder anschauen und die restlichen 6 Stunden davon träumen.
Erkenntnis:
Geplant und argumentiert wird nach dem Leitsatz: Mit Verlust muss man rechnen. So wie bei der Berechnung von Abwasserrohren. Nicht auf das Jahrhunderhochwasser auslegen, sondern auf den anzunehmenden "hohen Durchschnitt". Spitzenauslegung steht kostenmäßig in keinem Verhältnis zum möglichen Verlustrisiko, sagen da die Planer.... Kalkulierter Schaden, so alle hundert Jahre einmal.....manchmal entstehen auch drei Schäden innerhalb von 5 Jahren
Im Unterschied zum Abwasserrohr handelt es sich hier um jungen Menschen, das, was genau dieselben Politiker als "Zukunft" bezeichnen.
Um Familien, welche man neuerdings mit einer eigenen Welcome-Agentur nach Sachsen-Anhalt locken will. Und gleichzeitig geht man so mit Kindern um.
Kinder- und Familienfeindlich
So ist es und bleibt es. Und die Landkreise schlummern weiter. Denn: Wenn die 45-Minuten-Schulweg-Regel von Haustüre zur Schule tatsächlich gilt, wie Fraktionschef Schröder gerade letzte Woche erneut bestätigt hat, dann kann eben die reine Busfahrzeit nur 30 Minuten betragen und somit sind alle derzeitigen Beförderungssatzungen der Landkreise rechtswidrig.
Wenn dann das Kultusministerium dazwischenfunkt, Fahrrückerstattungen und Ausnahmegenehmigungen verweigert, weil der Landkreis härtere Beförderungssatzungen als die Richtlinie des Kultusministeriums (45 Minuten reine Busfahrzeit) anwendet, dann sollte mal durchgeklagt werden, um dieses miese Hin- und Herschieben zu beenden. Wer ist da verantwortlich und letztlich haftbar? Eine Sache für Elternverbände:
- Was sagt das Referenzurteil des Landgerichtes Hannover genau?
- Klage gegen alle Beförderungssatzungen der Landkreise, da laut diesem Urteil rechtswidrig.
- Musterklage vor Verwaltungsgericht bezüglich Fahrzeiten und Sitzplätzen
- Da voraussichtlich abgelehnt, vor Bundesgericht.
- Da abgelehnt, vor das europäische Verwaltungs- oder Menschen-/ Kinderrechtsgericht.
Falls auch abgelehnt, wissen wir dann endgültig, weshalb Kinder haben, ziemlich fragwürdig und riskant ist, zumal deren Gesundheit in diesem Beschulungsmodell ab erster Klasse massiv gefährdet ist. Nicht nur wegen der frühen Aufstehzeiten und der ungesicherten Stehplätze im Bus.
Ein Trauerspiel. Bundesweit? In Schweden unvorstellbar, in Kanada, USA unvorstellbar, Österreich unvorstellbar, Schweiz unvorstellbar. Und hier erklärt man uns, das alles sei völlig normal... Ist es nicht. Dazu die folgenden Schülerbeförderungs-Richtlinien aus Oberösterreich
Folglich sind die oben gemachten Aussage als solche nicht normal.
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