Der Anlass ist aktuell: Mit Schuljahresbeginn besuchen 8 Kinder aus Werben die Grundschule Seehausen, obwohl sie laut Schulplanung in die Grundschule Iden eingeteilt sind. Nun hat sich die Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck entschieden, diese "Umschulung" fotografisch zu dokumentieren. Begründung: "Der Bürgermeister von Arneburg-Goldbeck, Eike Trumpf, verteidigte deshalb die Überwachungsaktion. Der Magdeburger Volksstimme sagte er: "Wir sehen uns in der Pflicht, Schein-Ummeldungen nicht zuzulassen. Die Kinder des Einzugsbereichs Iden müssen in Iden zur Schule gehen." Quelle mdr
"Müssen" Kinder in Iden zur Schule gehen?
Nein, müssen sie nicht. Eltern haben das Recht, begründete Ausnahmeanträge zu stellen, oder aber den Wohnsitz zu ändern. Dies kann sogar der Wohnsitz des Kindes sein, welches aus welchen Gründen auch immer, bei Verwandten "wohnt". Die Art und Weise dieser Beschreibung ist ein Hinweis darauf, dass es sich vielfach um Kunstgriffe handelt, welchen man übrigens landesweit begegnet. Beispiel in Stolberg, wo über 30 Kinder anstatt nach Hayn in die Grundschule Rottleberode gehen werden. Alles bewilligt, denn so kann man Hayn bereits kommendes Jahr schließen und nicht erst 2017. Niemand stört sich hier an den störrischen Eltern, im Gegenteil....
Schulkreis- ein weiteres Planungsinstrument
Die Festlegung, Änderung oder Aufhebung von Schulkreisen kann vom Schulträger, in diesem Falle der Stadt Arneburg-Goldbeck beschlossen werden. Von diesem Recht haben in den vergangenen Monaten viele Kommunen Gebrauch gemacht, um einzelne Schulstandorte zu halten, zu stärken. Das kann auch perspektivisch geschehen, indem man durch einen solchen Beschluss eine eigentlich bestandsfähige Schule in Gefahr bringt und früher schließen kann, als es die demographische Entwicklung voraussieht.
Schulkreise neu fassen, auf Schulkreisen beharren oder Schulkreise auflösen ist also eine Ermessensfrage der Kommune. Ihr Beschluss wird dann vom Landesschulamt in der Regel anerkannt.
Für STARKIII ein wichtiges Instrument
Viele Ortsteile mussten erleben, dass "ihr" Schulstandort im politischen Gerangel mit anderen Grundschulen derselben Kommune untergegangen sind. Die Gründe sind nicht nur mit Mindestschülerzahlen zu erklären. Nein, es geht da um das Attribut bestandsfähig laut STARKIII. Nur wer diesen Ansprüchen genügt, kann auch mit Fördermitteln rechnen. Wer will das nicht?
Deswegen ist es für viele Ortsteile eine doppelt bittere Pille, dass sie nicht nur ihre Grundschule (oft auf Grund von Zufallsentscheiden!) verloren haben, nein: Sie müssen auch noch ihre Kinder an einen entfernten Schulstandort schicken, damit dieser mit EU-Geld energetisch saniert werden kann.
Individuelles Schulprofil - wofür?
Die Zwangszuordnung steht eigentlich im krassen Gegensatz zum immer wieder geforderten individuellen Schulprofil. Schulen sollen sich durch verschiedenen Angebote und inhaltliche Schwerpunkten ein Gesicht geben. Somit könnte man davon ausgehen, dass Kinder mit bestimmten Eigenschaften, Fähigkeiten an der einen Schule besser aufgehoben sind und gefördert werden können, als in der anderen Schule. (Musisch orientiert, sportlich orientiert als Beispiel). Die starre Schulkreisdefinition lässt diese Wahl jedoch nicht zu.
Temporäre Wirkung der Schulkreise
Spätestens ab 2018 wird das wieder völlig anders sein. Dann werden die meisten Kommunen die Schulkreise aufheben können. Weshalb? Weil 50% ihrer Schulen geschlossen sind und mit den verbleibenden und sanierten Schulstandorten durchaus eine Schwerpunktwahl durch Eltern getroffen werden kann. Mit der Festschreibung der Schulkreise geht es also lediglich darum, die angedachte Lösung des Schulentwicklungsplanes nachhaltig umzusetzen, Schlupflöcher zu stopfen.
Beispiel Stadt Seeland: 4 Schulstandorte, in einer sehr überstürzten Aktion wurde 2013 beschlossen, Frose 2014 und die für 2,5 Mio sanierte Grundschule Hoym 2017 zu schließen. Schulkreise fix, Kinder gehen nach Nachterstedt. Dort gab es dann einen Förderbescheid zum Bau einer neuen Turnhalle.. Verbleiben noch zwei Standorte, nämlich Nachterstedt und Gatersleben. 2018 sollen dann die Schuleinzugskreise aufgehoben werden, das ist bereits beschlossen. Welches wäre die heutige Situation der Stadt Seeland bei einer angenommenen Aufhebung der Schuleinzugskreise im Jahre 2013 und der daraus resultierenden Schulentwicklungsplanung im Jahre 2014?
Neben der höchst fragwürdigen Verordnung mit Mindestschülerzahlen zur Bildung von Anfangsklassen ist also das Instrument Schuleinzugskreis in der derzeitigen Form lediglich eine weitere Schikane hin zu förderfähigen Schulen. Eine Förderfähigkeit, welche nicht durch die EU, sondern durch das Kultus- und Finanzministerium in Form des STARKIII Programmes definiert .wird.
Auch
die Landkreise protestieren!
Dieses
ganze, auch zeitlich unabsehbare Hin und Her (nicht nur im
Bereiche Schulentwicklungsplanung!) ist offenbar auch für die
Landkreise ein Ärgernis. Anders kann man das, am 4. September 2014 verabschiedete
10-Punkte-Papier
wohl kaum deuten.
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