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Dorgerloh: Neue Vernebelungs-Aktion

Ein neues Statement unseres Kultusministers sorgt wieder für Aufsehen. Laut Bericht in der MZ werden nun viel weniger Schulen als bisher gedacht, geschlossen. Hier eine Passage aus dem Interview:
Dass nur 30 Schulen schließen müssen, geht auf die Schulplanung der Kreise zurück. Die haben laut Dorgerloh die Zeit genutzt, um unter anderem mit neuen Einzugsbereichen die Schüler entsprechend auf die Schulen zu verteilen.
Es ist doch toll, dass es verschiedenen Kommunen gelungen ist, durch veränderte Einzugsbereiche Standorte zu erhalten und damit diese hochproblematische Schulplanungsverordnung zu unterlaufen. Nicht selten sind es jedoch erneut die Kinder, welche den Preis für dieses Husarenstück bezahlen müssen. Sie haben nun plötzlich andere, weitere Schulwege zu gehen. Teilweise derart absurd, dass Geschwister NICHT mehr dieselbe Schule besuchen. Das alles wegen einer Verordnung, welche sich eigentlich im ländlichen Raum nicht umsetzen lässt, an der man aber (offiziell) weiterhin festhält.

Somit wäre Herr Dorgerloh zu fragen, was es denn mit den folgenden Schulen auf sich hat. Zu wenige Schüler, zu kleine Anfangsklasse. Laut SEPL müssten sie geschlossen werden. Aber nein, man lässt sie bestehen, verweigert die Bildung der Anfangsklassen und macht somit auslaufende Beschulung oder Schließung im kommenden Jahr:

Mehrere Grundschulen in Sachsen-Anhalt werden ohne eine erste Klasse ins neue Schuljahr gehen. Das teilte das Landesschulamt MDR SACHSEN-ANHALT mit. Grund sei, dass die Schulen weder die geforderte Zahl der Erstklässler, noch die Gesamtschülerzahl erreichten. Deshalb habe man keine Ausnahmegenehmigung erteilt. Betroffen sind Grundschulen in Eichenbarleben im Bördekreis, in Estedt im Altmarkkreis Salzwedel, in Neukönigsaue im Salzlandkreis sowie Cobbelsdorf und Schköna im Landkreis Wittenberg. Ausnahmegenehmigungen gibt es dagegen für die Grundschule Friedrichsbrunn im Harz.“ quelle mdr

Wieviele Schulen laufen derzeit unter dem Titel „befristete Aussenstelle“? Was ist mit den Schließungsbescheiden in den Landkreisen Mansfeld-Südharz und Burgenlandkreis? Dazu hört man noch gar nichts. Aufgeschoben auf kommendes Jahr? Die Zeit läuft ja berkanntlich davon.

STARKIII
Laut Schulentwicklungsplänen sind bis 2017/18 rund 80 Schulen zu schließen. Mit diesen Schülern wird prognostisch bereits an den neuen Standorten geplant, unter anderem bereiten die Zielstandorte STARKIII-Anträge vor. Wenn nun plötzlich so viele Schulen weniger schließen, was passiert denn mit den ursprünglich angedachten STARKIII-Standorten, welche derzeit mindestens 130-140 Kinder ausweisen sollten, um in den Genuss von Fördermitteln zu kommen? Da fehlen ja plötzlich Schüler... Werden also auch STARKIII-Richtlinien geändert? Falls ja, war denn nicht die ganze bisherige Schulplanung eine Farce? Zum Nachteil der Standorte, welche inzwischen bereits geschlossen wurden?

40 Schulen bis 2017
Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) rechnet „am Ende mit vielleicht 40 Schulen“, die bis 2017 schließen müssen.
Leider geht aus dem Beitrag nicht hervor, ob Herr Dorgerloh den 1. Januar 2017 oder den ersten August 2017 gemeint hat. Bei gleichbleibenden Mindestschülerzahlen, also ohne Korrekturen in den SEPL-Vorgaben, gehen wir weiterhin von rund 90 Schulen aus, welche geschlossen werden müssen, denn: Dann greifen auch die Tricks mit der Schulkreisänderung, welche jetzt einigen Schulen das Leben etwas verlängert hat, nicht mehr.
Sollten aber Korrekturen an den SEPL-und STARKIII-Richtlinien gemacht werden, so müsste eigentlich die gesamte bisherige Schulplanung als gescheitert bezeichnet und neu aufgegleist werden.. Darauf deutet derzeit Vieles hin.

Schulwegzeiten
Offen ist, ob die Schulwege länger werden. „In der Regel dauert der Schulweg nicht länger als 45 Minuten“, sagte Dorgerloh. Der Schülerverkehr werde jetzt aber von Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) überprüft.

Seit Januar erweckt das Ministerium den Eindruck, es sei Herr des Geschehens in Sachen Schülerbeförderung. All diese Widersprüche wurden in diesem Blog schon aufgearbeitet: Es sind die Landkreise, welche Beförderungssatzungen erlassen, die Ministerien haben also nur am Rande damit zu tun.

Aber sei es. Prioritär sollte sich Herr Weibel unverzüglich mit folgendem Problem befassen: Wenn die Aussage des Kultusministers zutrifft, so wäre sofort zu klären, wie es kommt , dass Kinder im Landkreis Stendal um 06:25 auf den Schulbus müssen,.obwohl der Unterricht erst um 07:50 beginnt. Eigentliche Fahrzeit 30 Minuten. Das heisst: Wartezeiten, resultierend aus Fahrtoptimierungen und keinen Extrafahrten für Grundschüler bringen diese unsägliche Situation mit sich. Dasselbe Problem stellt sich bei allen Grundschulen nach Schulschluss... Diese Sauerei ist nun einfach kinderfeindlich, auch wenn Minister Dorgerloh weiterhin wie eine Gebetsrassel von seinen 45 Minuten spricht und die Problematik an den falschen Zuständigkeitsort weiter leitet.

Zusammenfassend: Ein Pressegespräch mit mehr Fragezeichen als Antworten. So wird es wohl weiter gehen, denn: Inzwischen hat das Thema Schulentwicklungsplanung eine derartige Brisanz erhalten, dass eigentlich nur noch Gesichtsverlust entstehen kann, obwohl inzwischen allen Verantwortlichen klar ist, dass die Verordnung in Verbindung mit STARKIII so NICHT umsetzbar sein wird.

Zum Schluss ist gegen folgende Aussage-Verweigerung des Kultusministers lautstark zu protestieren: Zu der Frage, ob eine weitere Schließungswelle droht, wenn die Mindestzahl der Schüler im Schuljahr 2017/18 auf 80 angehoben wird, äußerte sich der Minister nicht.
Das ist, gelinde gesagt, eine Frechheit. Begründung: Schulamtsleiter und Standortgemeinden wurden im Planungsverfahren dazu gezwungen, unter den SEPL-Vorlagen Schulen auch für die Zeit NACH 2017 in die Planung einzuarbeiten. Es steht also laut Schulplanung schon längst fest, welche Schulen auf das Schuljahr 2017/18 geschlossen werden sollen und wo die Schüler neu unterrichtet werden sollen. Wenn sich nun der zuständige Minister dazu nicht äussern will oder kann, dann ist das Vogel-Strauß-Politik und der hilflose Versuch, Druck von diesem Thema zu nehmen.

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