Im Anschluss
an die Zusammenstellung von harten Standortfaktoren für Entwicklung
im ländlichen Raum wurde angedeutet, dass wir in Sachsen-Anhalt
bereits Erfahrung mit genau diesen Kriterien haben. Dabei geht es um
die Umstellung auf die POS-Schulen. Ein Vorzug dieses Schulsystems
bestand darin, dass man über 8 oder 10 Jahre an einem Schulort auf
den Beruf oder ein weiter führendes Studium vorbereitet wurde. Das
funktionierte auch dank des enormen Bedarfes an Arbeitskräften. Wie
schnell die Situation nach der Wende gekippt ist, wissen wir alle.
Die
POS-Schulen brachten aber auch die Schließung vieler Dorfschulen mit
sich. Dies geschah mit dem Argument der „modernen“, „besseren“
Schule.. So wurden in den 60-ern bis in die späten 70-er Jahre
hinein Hunderte von Dorfschulen geschlossen. Dies hatte keine
weiteren Folgen, da ja der Staat sowohl für Arbeit vor Ort und
Arbeitsplatzgarantie NACH der Ausbildung gesorgt hatte.
Mit der
Wende fiel Beides weg und was sich in etwas mehr als 20 Jahren in
der Feindemogafie der Regionen abgespielt hat, müsste uns
eigentlich klar genug zeigen, wie zentral wichtig vernetzte,
interdisziplinäre Planung für den ländlichen Bereich sein muss:
- Mit dem Zusammenbruch des Arbeitsmarktes Wegzug einer ganzen Generation in die alten Bundesländer.
- Ab 2000-2005 rappelten sich verschiedene Orte (meistens zugleich Grundschulstandorte) langsam wieder auf. Existenzgründungen, Zuzug oder zumindest kein Wegzug von Familien, leer stehende Immobilien werden neu belebt.
- Gründung von kleinen Gemeindezentren mit Dienstleistern usw.
- Es entsteht in der Altersgruppe 0-45 eine „überlebensfähige“ Dorfbevölkerung, welche sich dynamisch weiter entwickeln wird, sofern man nicht an den Rahmenbedingungen herumschraubt.
Für uns
von Bedeutung ist jedoch die Entwicklung in DEN Orten, welche mehr
als 5 Kilometer von den nächsten Grundschulen entfernt liegen.
Sie sind mehrheitlich folgendermassen zu beschreiben:
- Mangels Zuzug neuer Familien erhöht sich Leerbestand an Immobilien
- Allenfalls Erwerb von Objekten zu Urlaubszwecken (Miserables Geschäft für Kommune)
- Altersdurchschnitt steigt kontinuierlich
- Rest-Infrastruktur bricht weg, da Bevölkerung wegstirbt und mangels Haltefaktoren kein Zuzug stattfindet.
- So finden wir Ortsteile, in welchen noch vor 15 Jahren 400 -500 Einwohner lebten, die heute keine 150 Einwohner mehr haben.
In diesen
Orten hat sich also genau DAS abgespielt, was man auch in Rest-Europa
im Zusammenhang mit der damaligen wissenschaftsgläubigen
Schulzentren-Bildung begonnen und wegen einsetzender Landflucht der
Familien wieder abbrechen musste.
Genau
derselbe Fehler der 60-er Jahre wird nun nochmals begangen!
Jetzt handelt es sich vielfach um Zentrums-Schulen, welche in der
DDR-Zeit Bestand hatten. Sie werden auf Grund der oben beschriebenen
Entwicklung in den entfernten Ortsteilen des Schuleinzugsgebietes von
immer weniger Schülern besucht. Indem man nun aus zwei oder drei
bestehenden Schulstandorten auf einen Standort reduziert, wird also
der Radius nochmals vergrössert und zu schließende Schulstandorte
riskieren denselben Aderlass, der bereits die umliegenden Ortsteile
erfasst hat: Abwanderung von Familien, kein Zuzug, keine
Investitionen, Überalterung. Denn: Es werden erneut harte
Standortfaktoren im ländlichen Bereich willkürlich verändert.
Weiter Zentrumschule statt elastischer, kleiner Schuleinheiten.! Das ist nicht eine Kostenfrage sondern ein politisches Konzept, welches da durchgedrückt wird.
Die Negativ-Spirale dreht sich also weiter: Substanzverlust im
ländlichen Bereich geht weiter – kein Zuzug – Überalterung –
Wirtschaftskraft schwindet – Grundzentren werden gefährdet, da
rund 50% der Einnahmen mit der Region erzielt werden – Neuordnung
der Grundzentren (=Reduktion der Grundzentren) – Neuordnung der
Kommunen wegen schwindender Einwohnerzahlen = neue Kommunalreform
usw. Wo hat das ein Ende? Was soll da noch attraktiv sein?
Man beachte die Aussagen im Wahlkampf:
In diesem Umfeld kommen jetzt zu Wahlkampfzeiten CDU/SPD Politiker
der Koalition, behaupten, sie würden für den Erhalt von
Schulstandorten kämpfen, die ländliche Region stärken, seien
Garanten für ein familienfreundliches Sachsen-Anhalt und glauben
tatsächlich, solche Wahllügen würden widerspruchslos hingenommen!
Machen wir uns nichts vor: Die Mutterparteien dieser Wahlkämpfer
sind sich nämlich einig: Wir können (oder wollen?) uns eine Vollversorgung des
ländlichen Raumes nicht mehr leisten. Diese fragwürdige Aussage
wird derzeit unter dem Diktat des Finanzministeriums umgesetzt und die Schließung von möglichst vielen
Grundschulen im ländlichen Raum ist der Schlüssel, diesen Weg
weiter zu gehen.
Wir finden, Sachsen-Anhalt kann sich Politiker, welche so denken,
nicht mehr leisten.
Die Begründung dazu im dritten Beitrag: Die sträflich einäugige
„Sparpolitik“ der politisch Verantwortlichen!
Alle drei Beiträge in Reihe
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