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Das Puzzle ist vollständig = Auflösung der einzügigen Grundschulen!

GS Wust
Am- 27. März wurde im Gesetzesblatt des Landes Sachsen-Anhalt die schon längst fällige Verordnung zur Bildung von Anfangsklassen publiziert. Aus ihr geht hervor, dass die schon zuvor in der SEPL-VO2014 festgelegten Richtwerte zugleich die Vorgaben zur Bildung von Anfangsklassen sein werden. Im normal besiedelten Raum sind dies 15 Kinder bis Sommer 2017 und anschließend 20 Kinder als Mindestgröße zur Bildung einer ersten Klasse.
Bemerkenswert sind die Ausnahmeregelungen, welche in den Raum gestellt werden. Daraus geht hervor, dass wiederum eine gewaltige Bandbreite an willkürlicher Entscheidungskompetenz bei der Obersten Schulbehörde und nicht beim kommunalen Träger liegen wird.


SEPL-VO2014 und Verordnung zur Bildung von Einschulungsklassen definieren einzügige Grundschulen als Auslaufmodell.
Hierbei handelt es sich einzig und alleine um Steuerungsinstrumente, mit welchen mittelfristig die einzügigen Grundschulen aufgelöst werden sollen. Schulplanerisches Ziel sind mind. zweizügige Grundschulen, welche dann in der Praxis von sämtlichen Auflagen der SEPL-VO2014 befreit sind. Diese ist nämlich NUR bei einzügigen Grundschulen wirksam.
Dass dies gewollt ist, erkennt man an folgendem Passus aus SEPL-VO2014.
(15) Neue Schulen können in die Schulentwicklungsplanung aufgenommen werden, wenn der Schulträger für sie mindestens fünf Jahre im Voraus folgende Zügigkeitsrichtwerte nachweist:
1.für Grundschulen : Zügigkeitsrichtwert größer als 2,0,Quelle SEPL-VO2014

StarkIII schließt einzügige Grundschulen von der Förderung aus, setzt deutlich höhere Mindestschülerzahlen!
Die bisher bekannten Förderrichtlinien von STARKIII, welche im Demographie-Check eine Mindestgröße von 100 Schülern im Jahre 2029 fordern, schließen alle einzügigen Grundschulen von einer weiteren Förderung aus. Diese Eckwerte sind ein Werk des Kultus- und Finanzministeriums und nicht eine Auflage der EU! Es handelt sich hierbei also um eine bewusst erzwungene Größe des Kultusministeriums, welche in andern Bundesländern und europäischen Staaten völlig anders gehandhabt wird! Gleichzeitig bedeutet dies, dass Standorte, welche heute einzügig sind und Fördergelder beanspruchen, in ihren Anträgen bereits Schulen einarbeiten müssen, welche erst 2017/18 auf der Schließungsliste von SEPL-VO2014 aufgeführt sind. Deren Schließung ist dannzumal nur noch Formsache!

Standorte mit einzügigen Grundschulen haben also zwei Probleme, welche faktisch zu einem Dauerprovisiorium führen werden:
  1. Einschulungsgröße 20 wird zum Dauerzankapfel und erfordert permanent Ausnahmebewilligungen. Verweigerte Einschulung zieht unweigerlich Schließung der Schule nach sich. Eine solche Norm im ländlichen Bereich zu setzen, ist einmalig und Unsinn, es sei denn, man will tatsächlich einzügige Grundschulen auflösen.
  2. Sanierungen müssen aus kommunalen Töpfen erbracht werden, da zu klein für StarkIII. Angesichts der Dauerunsicherheit mit den Einschulungsklassen wird also die Bereitschaft, hier Steuergelder einzusetzen, minimalst sein! Vor allem aber generieren solche Orte keinen Familienzuzug mehr!
Es ist also davon auszugehen, dass es unter den derzeitigen Vorgaben spätestens 2023 KEINE einzügigen Grundschulen mehr geben wird. Das ist regionalplanerisch gesehen ein völliger Nonsens und stellt gleichzeitig das weitere Netz von ortsnahen Kitas und Kinderhorten in Frage. Genau in diese Einrichtungen wurde aber in den letzten 10 Jahren enorm viel Geld (auch aus EU-Fonds!) investiert!

All das gilt jedoch NICHT für zweizügige Grundschulen!
All die Werte, welche im Falle der einzügigen Grundschule nach Ausnahmebewilligungen schreien, oder aber zur Schließung führen, greifen in der zweizügigen Grundschule nicht:
a) Mindestgröße: Umgelegt müssten ja mind. 160 Schüler vorgehalten werden. Das ist weder gefordert, noch der Fall.
b) Anfangsklassen: Beispiel 35 Schüler, im folgenden Jahr 36 Kinder: Was passiert? Je zwei Klassen mit 17 oder 18 Kindern. Klare Unterschreitung der Vorgaben für die einzügigen Grundschulen. Niemand spricht jedoch von Ausnahmebewilligung etc. Was hier akzeptiert ist, führt bei der einzügigen Grundschule zur Schließung.

Ungleichbehandlung von Stadt und Land! Keine Chancengleichheit im Bereich Bildung!
Es handelt sich also um eine krasse Benachteiligung der Grundschulen im ländlichen Raum und wir fragen nun wirklich, ob das gesetzlich in dieser Form zulässig ist. Unsere ländlichen Regionen sind NICHT mit zweizügigen Grundschulen zu versorgen, es sei denn, man mutet den Grundschülern Schulwege zu, welche denjenigen von Sekundarschülern,  aber nicht den Bedürfnissen von 6-11 Jährigen, entsprechen.

Die Frage nach der Zukunft des ländlichen Raumes ist also aktueller denn je, da mit dieser so genannten „Grundschulnetzplanung“ ganze Regionen von einer vernünftigen Grundschulversorgung abgeschnitten werden.
Es geht jedoch um viel mehr: Das Land greift hier mit Gewalt in die generelle Infrastruktur des ländlichen Raumes ein. Dies hat zur Folge, dass die Entwicklungschancen des ländlichen Raumes arg beschnitten, die Zukunft gefährdet wird.

Wir sprechen ab sofort von Abwicklung des ländlichen Raumes, Aushungern durch Strukturabbau. Diesen Vorwurf machen wir der Koalition aus CDU/SPD in Magdeburg.


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