
"Man kann das ganz schlicht zusammenfassen: Die Anpassung der schulischen Mindestgrößen an die äußeren Rahmenbedingungen wie Demografie, Haushalt und Personalentwicklung ist unausweichlich"
- die "äußeren Rahmenbedingungen" schreien nach elastischen Beschulungsformen und Grundschulen als Haltefaktor. Erkannt in allen neuen Studien, umgesetzt oder auf dem Wege zur Umsetzung in vielen Bundesländern und schon längst eingeführt in den meisten Ländern Europas.
- Personalentwicklung: Das ist der Kampf zwischen Kultus- und Finanzministerium um Einstellungskorridore, welche Letzteres (Haushalt) verweigert. Wie GEW seit einem Jahr kritisiert, laufen wir mit diesem Spargürtel in eine Unterversorgung.
- Leid Tragende sind unsere Kinder. Hohe Klassengrößen, immer weitere Schulwege.
"Die Schulträger und das Land müssen zwangsläufig auf diese Rahmenbedingungen reagieren. Derzeit ist das Land in der glücklichen Lage, diese, unvermeidlich eintretenden, Prozesse durch eine Schulbauforderung begleiten zu können"
- Wie reagiert denn das Kultusministerium auf diese Rahmenbedingungen? Es verdoppelt (SEPL-VO2014), vervierfacht (StarkIII) die bisherigen Mindestschülerzahlen von 40 Kindern/Schule. (Mehr als nur Ausnahmeregelungen! Im Zusammenhang mit der Gemeindegebietsreform wurde vielen Orten Bestandssicherheit der Grundschule zugesichert. Das war 2009/2010)
- Deutlicher gesagt: Eigentlich dürfte STARKIII mit der Schulnetzplanung überhaupt nichts zu tun haben. In Wirklichkeit jedoch setzt STARKIII die wirklichen Planungseckwerte, zwingt zu zweizügigen Grundschulen. Das wiederum gibt der ländliche Raum nicht her! SEPL-VO2014 ist völlig belanglos! Folge: Land verliert und Kinder reisen pro Tag während Stunden zu ihren Schulen.
"Wenn man alternative Modelle mit nur zwei jahrganggemischten Klassen und zwei Lehrerinnen oder Lehrern an der Schule denkt, wie das derzeit von der Initiative „Stoppt Grundschul-Schließungen' Fordert Landschulen'" vorgetragen wird, muss man aber auch fragen Sind das wirklich nachteilsfreie Losungen? Werden solche Modelle allen Erwartungen von Schülern, Eltern und Lehrern an die Grundschule gerecht?
Fachleute bestreiten dies."
Lassen wir diese Aussage so stehen, auch wenn wir inhaltlich etwas ganz Anderes fordern!!! und halten fest:
Länder wie Oesterreich (12,3% aller Grundschulen kleiner als 25 Kinder/Schule), Finnland (25% aller Grundschulen mit weniger als 50 Kindern), Bayern (Bestandesschutz für Dorfschulen mit mehr als 25 Kinder), Sachsen (auf dem Wege zu einer Neuordnung des Grundschulnetzes im ländlichen Raum), sie alle sind offensichtlich beratungsresistent und hören NICHT auf den Rat der nicht näher genannten Fachleute.
Unser Kultusministerium hingegen beherzigt das, fährt mit einem Riesengefährt namens Schule vor, welches aber ein gescheitertes Uraltmodell aus der Zentralisierungsgläubigkeit der 60-er Jahre ist.
"Wenn in einer Grundschule beispielsweise deutlich weniger als 40 oder 50 Schülerinnen und Schüler in zwei jahrgangsübergreifenden Klassen (1+2) und (3+4) von nur zwei Lehrkräften betreut werden, wird zwangsläufig auch fachfremd unterrichtet. Einige Unterrichtsfacher, wie Englisch, Ethik, Religion und Sport sind fachfremd nicht ohne weiteres zu unterrichten"
- Keine solche Schule wird "nur" von zwei Lehrkräften betreut. Stellenpool im Schulsprengel deckt Fachunterricht, Kurse etc. locker.
- Dazu eine Frage: Für welche Fächer außer Religion/Ethik und vielleicht Englisch hat eine diplomierte Lehrkraft KEINE Lehrbefähigung? (Bitte keine Ausrede mit Altersteilzeit, die muss überall durch zusätzliche Lehrkräfte abgedeckt werden!) Deswegen reden wir ja nicht von Lehrkräften, sondern von Vollzeitstellen!
- Mit dem Überhang von 1,3 Vollzeitstellen lässt sich dieses Manko nicht beheben???
"Daher würde für diese Fächer eine Abordnung von anderen Schulen zu organisieren sein In dieser Zeit würde die ansonsten an der Schule tätige Grundschullehrkraft ebenfalls an andere Grundschulen abgeordnet sein Dadurch entsteht ein Tagesrhythmus, der sowohl Kindern als auch Lehrkräften nicht zuzumuten und im Falle einer Erkrankung der Lehrkraft nicht aufrecht zu halten ist."
- Nun, die Kinder wären ja mal nicht betroffen, wenn man obiges Beispiel genau durchliest.
- Erstaunlich ist aber was Anderes: Was in allen Ländern personalorganisatorisch und stundenplantechnisch reibungslos funktioniert (auch im Krankeitsfall!!!!), ist in Sachsen-Anhalt NICHT möglich, sagt das Kultusministerium. Wir haben also im Grunde genommen ein Organisationsproblem oder die Verweigerung, sich mit andern Personaleinsatzplänen überhaupt zu befassen.
- Dafür reisen 6-Jährige täglich bis zu 3 Stunden, stehen vielerorts um 05:30 auf, um ihren Schulbus bei Wind und Wetter zu erreichen. Unter diesem Aspekt ist der obige Satz nochmals zu zitieren, hier passt er besser: "Dadurch entsteht ein Tagesrhythmus, der sowohl Kindern als auch Lehrkräften (welche vielfach ebenfalls an den neuen Standort zu reisen haben) nicht zuzumuten......... ist."
- Entgegen allen Ankündigungen während der Wahlen und in der Koalitionsvereinbarung wurde nicht Entscheidungsautonomie nach "unten" verlagert, sondern in der Obersten Schulbehörde gebündelt. DESWEGEN ist der Schulverbund, die Außenstelle, das Zusammenfassen mehrerer kleinerer Schulen in einen Sprengel für die Planer undenkbar. Das wäre wirkliche Delegation von Verantwortung und würde die Verwaltung in Magdeburg in hohem Maße entlasten.
"Im Vergleich zu größeren Schulen könnten solche sehr kleinen Grundschulen viel weniger inhaltliche Angebote unterbreiten Arbeitsgemeinschaften könnten nicht vorgehalten werden, die individuelle Forderung in Kleingruppen wäre nicht zu gewährleisten. Auch für immer neue und wachsende Schwerpunkte im Schulalltag wie Inklusion oder dem Umgang mit sogenannten neuen Medien hätten nur zwei Stammlehrkrafte an der Schule keinen hinreichenden zeitlichen und organisatorischen Spielraum"
- Oh ja :-) Diese "nur zwei Lehrkräfte" sind der Argumentationshebel. Es sind jedoch bei 50 Kindern 3,3 Vollzeitstellen.... Alle, welche unseren Vorschlag studiert haben, können diesem Gedankengang folgen.
- Die individuelle Förderung IST gedeckt und zwar feudal!!
- Landschulen kennen Inklusion alleine wegen der geographischen Lage seit Jahren. Für viele relevante Studien zum Thema Inklusion waren doch gerade diese Kleinschulen das Forschungsfeld!!! Aber um den Ball aufzugreifen: NATÜRLICH haben Landschulen in Sachen Personalzuteilung Anspruch auf denselben Inklusions-Anteil wie ein Schulzentrum.
Den letzten Abschnitt des Briefes müssen wir zuerst noch verdauen, weil ein Kommentar derzeit zu aggressiv und emotional ausfallen würde. Das kommt dann morgen.
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