Direkt zum Hauptbereich

Sparzwänge und Konsolidierung (1)

Grundschule Klietz
In den letzten Wochen und erneut im Interview mit MDR vom 1.11.2013 hören wir vom Kultusministerium, die gegenwärtigen Schulschließungen seien die Folge von Sparmaßnahmen und Schritten der Konsolidierung. Das klingt plausibel, so lange man nicht genauer hinschaut, wie das denn vollzogen wird. Sobald man dann ins Detail erkennt der aufmerksame Beobachter weder einen Spareffekt noch Konsolidierung für Diejenigen, welche von der Schule profitieren sollten.

1. Konsolidierung  (= Zusammenfassen von Einzelteilen zu einem kompakteren Ganzen)
(auch "Verfestigen einer Sache) 
So, nun fehlt noch die Beschreibung des Objektes: Wer oder was ist "das Ganze"? Wer, was soll zusammengefasst, verfestigt werden?

  • Ist "das Ganze" der Einsatz des zur Verfügung stehenden Lehrpersonals? Hier sind laut GEW für die kommenden Jahre auf Grund von Überalterung und Pensionierung massive Personalprobleme zu erwarten. Gleichzeitig ist bekannt, dass das Finanzministerium die Anzahl der Bediensteten von 20 000 auf 13 000 reduzieren will. Damit ist auch die Neueinstellung von Lehrkräften ein sensibles Thema geworden. Das hat aber nichts mit unseren Schülern zu tun, für welche Schule da sein sollte.
  • Immer wieder hören wir, wie schwierig es sei, Lehrkräfte für ländliche Regionen zu rekrutieren. Außerdem bestehe das Problem des Ersatzes, wenn eine Lehrkraft krank werde. Ja, Letzteres ist ein organisatorisches Problem, welche aus dem Stellenpool 103% Lehrkräfte in allen Nachbarländern recht problemlos gelöst wird. Andere setzen gezielt so genannte Vikare ein, welche die erkrankte Lehrkraft ersetzen. Es handelt sich bei dieser Thematik also um ein Organisationsproblem des Arbeitgebers.  Das hat aber nichts mit unseren Schülern zu tun, für welche Schule da sein sollte.
  • Impliziert Konsolidierung zugleich Qualität? Je grösser, um so besser? Das betrifft die Schulform und ist als Aussage in dieser Form schon längst widerlegt. Sie ist falsch, sofern sie damit den Schulerfolg von  Kindern meint. Lernqualität und Lernerfolg lassen sich nicht durch die Größe einer Schuleinheit definieren.
  • Ist "Konsolidierung" einfach eine allgemeine Umschreibung von: "Wir haben dank rund 600 Mio €-Geldern und 300 Mio€ Eigenleistung oder Schuldenaufnahme der Standortgemeinden die einmalige Chance, uns eine "konsolidierte Grundschul-Schullandschaft" aufzubauen und uns mit einem Schlag von unzähligen Problemimmobilien zu trennen... (Zum Preise der Streichung von rund 50% der Landschulen bis 2019..) ???? Dazu mehr unter "Sparmaßnahmen" im nächsten Beitrag.
Sollte Schule als Ganzes gemeint sein, dann fehlt eigentlich die Kernfrage, denn das, was hier aufgezählt wurde, sind "Produktionsfaktoren", nicht aber die Besonderheiten und Anforderung des Rohstoffes, der hier veredelt werden soll. Mit keinem Wort, nirgendwo, liest und hört man etwas dazu.


Welches sind optimale Lernbedingungen für Grundschulkinder im ländlichen Bereich?

Hat sich Planung nicht nach DIESEN Antworten zu orientieren? Ist nicht diese Definition  ganz entscheidend für Lernerfolg und optimale "Veredelung des Rohstoffes". Oder wollen wir, dass es uns mit unserem Bildungssystem ergeht wie einer Schweizer Fensterbau-Firma in den 80-er Jahren? Expandiert, rationalisiert, automatisiert, tolle Produktionsstrassen eingerichtet. Dann waren im Zuge einer Rezession und anschließender Renovationswelle im Immobiliensektor plötzlich individuelle Fenster gefragt. Die Firma war nicht in der Lage, diese Wünsche zu erfüllen. Eine Fertigungsstrasse für 15 Fenster umzustellen rechnete sich nicht und so geriet der Betrieb wirtschaftlich in schwerste Schieflage... 

Wir können uns also "unsere optimale" Schule auf dem Papier oder den Planungsbüros entwerfen und dann diesen Plan umsetzen. So lange jedoch das Wesentliche der Schule, unsere Kinder, deren Bedürfnisse im physischen, pädagogischen und entwicklungspsychologischen Bereich außen vor gelassen werden, ist der Plan als solcher ein Hochrisikoplan. Es besteht die Gefahr, dass der "Rohstoff" ausgeht oder die Veredelung auf Grund unlogischer und schlecht durchdachter Abläufe nur halbwegs gelingt oder scheitert. Können wir uns das leisten?

Auf diesem Wege befinden wir uns mit SEPl-VO 2014.


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Sprechen wir mal "von Schule" - Klassenzimmer: Wartsaal oder "die zweite Lehrkraft" ?

Wir befassen uns heute mit  den Räumen in welchen Kinder und Jugendliche im Alter von 6 - 16  mehr als die Hälfte ihres Lebens verbringen. Es sind zwei Punkte, welche im Vordergrund stehen: Nutzung des Raumes  und Möblierung. Der Titel deutet es schon an, hier geht es um die Nutzung. Das Bild links zeigt ein Klassenzimmer um 1900 herum.   Der dazugehörige Beitrag ist sehr lesenswert. Schule um 1900 eben. "Und auch aus diesen Jungs und Mädchen ist was geworden", höre ich bereits. Ja, das ist so. Das Bild rechts oben und die Bilder dieses Abschnittes zeigen Klassenzimmer von heute. In den meisten Grundschulen sehen wir nach wie vor die klassische Bestuhlung und sie besagt etwas: Gängigste Unterrichtsmethodik ist Frontalunterricht. Dies wiederum bedeutet für die Schüler: Viel sitzen, viel zuhören, wenig Eigenaktivität und Bewegung. Ja, es gibt auch andere Klassenraumbestuhlungen, sie sind lobend zu erwähnen, denn sie machen auf den ersten Blick klar, dass Unterric

Schülerbeförderung: 75 Minuten für 7-Jährige ! Wo bleibt eigentlich das Jugendamt?

Das Thema Schulschließungen produziert auf einer anderen Ebene Probleme, welche das Kultusministerium kaum und das Finanzministerium offenbar schon gar nicht interessieren. Es geht dabei einerseits um entstehende Kosten für den Schülertransport und zugleich um die Frage: Wo liegt die Grenze der Zumutbarkeit von Schülertransporten für Grundschüler? Dazu hat man in den letzten Tagen mehr erfahren: Kosten der Schülertransporte: Dazu Infos aus dem Kreise Jessen. Die Transportkosten stiegen von 4,26 Mio € im Jahre 2008 auf 5,45 Mio im Jahre 2011. Die durchschnittliche Kilometerleistung für einen Weg/Schüler betrug 15,61 Kilometer (2011) und wird mit den begonnenen Schulschließungen massiv zunehmen. ( Quelle MZ ) Diese Millionen scheinen irgendwo vom Himmel zu regnen und das Haushaltsbudget des Landes Sachsen-Anhalts nicht zu belasten. Hier spricht man nämlich nur vom enormen Sparpotential, ohne genauere Zahlen zu nennen. 75 Minuten von Tür zu Tür Zumindest der Landkreis Mansfeld S

Die Rechte unserer Kinder (1)

http://www.jugenddelegierte.de Nachdem wir inzwischen bis zum Gehtnichtmehr dargestellt haben, dass die Schwerpunkte der gegenwärtigen Planungen des Finanz- und Kultusministeriums ausschließlich finanzielle und personelle Gründe haben, möchten wir in diesem und den folgenden drei Beiträgen die Kinder in den Fokus stellen  Sie sind es, welche am Unmittelbarsten betroffen sind und - das behaupten wir jetzt - entsprechend Schaden nehmen oder benachteiligt werden Die Uno-Kinderrechts-Konvention von 1989  legt die Kinderrechte in 10 Punkten fest:  Drei davon möchten wir in diesem Zusammenhang herausgreifen: das Recht auf Gesundheit das Recht auf Bildung das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung 1. Recht auf Gesundheit Dazu eine Wegleitung zum Schlafbedarf von 6-11-Jährigen Für 5-6-Jährige beträgt dieser 11,5 Stunden, 7-11-Jährige liegt der Wer bei 11 Stunden. Daraus ergibt sich ein handfestes Problem für Eltern, deren Kinder bereits um 05:30 aus den Federn müssen, u