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Offener Brief an die Landtags-Fraktionen und -abgeordneten

GS Hoym, saniert, 2017 zu schließen
Dieser offene Brief wurde vor einer Woche den Landtagsfraktionen und zu Beginn dieser Woche den Medien zugestellt.

Sehr geehrte Damen und Herren

Am 11. September 2013 hat das Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort Sachsen-Anhalt im Landtag eine Petition zum Erhalt der Schulen im ländlichen Bereiche eingereicht. Unterzeichnet war diese von über 16 000 Personen. Während nun der administrative Ablauf bezüglich des weiteren Vorgehens seinen Lauf nimmt, möchten wir mit diesem offenen Brief direkt an Sie gelangen. Wir sind überzeugt, dass die Umsetzung der SEPl-VO2014 schulpolitisch, aber auch für die Regionalpolitik zum Fiasko werden wird und würden Ihnen gerne folgende Fragen stellen:
  • Sind Sie ganz persönlich bereit, mit Kindern an einem Orte zu wohnen, bei dem sich die nächste Grundschule rund eine Busfahrstunde vom Elternhaus entfernt befindet?
  • Sind Sie ganz persönlich bereit, mit ihrer Familie an einen Ort zu ziehen, dessen Grundschule schon aufgelöst ist, oder in Auflösung begriffen ist?
  • Teilen Sie die Ansicht, dass "gute Schule" eine bestimmte Größe braucht? Wissen Sie, dass diese Theorie aus den 60-er Jahren stammt und schon längst widerlegt ist, wir also einem verblichenen Schulmodell aus dem letzten Jahrhundert nacheifern? Zum Nachlesen: Wenn in der Dorfschule das Licht ausgeht.
  • Können Sie sich vorstellen, dass es viele junge Familien gibt, welche gerne im ländlichen Raume und keinesfalls in städtischen Strukturen leben möchten, sofern eine Grundinfrastruktur gewährleistet ist?
  • Ist Ihnen bewusst, dass um uns herum sämtliche europäischen Nachbarn seit Jahrzehnten (und neuerdings auch die Bundesländer Bayern, Sachsen, NRW) den ländlichen Raum mit Grundschulen, in welchen jahrgangsdurchmischt unterrichtet wird, stützen?
  • Wissen Sie, dass dies in der Überzeugung geschieht, die Aufrechterhaltung des ländlichen Raumes sei auch ein wirtschaftlicher Faktor?
  • Wissen Sie, dass mit Aussicht auf den sich abzeichnenden Fachkräftemangel bereits jetzt im Standortmarketing Bayerns mit dem Erhalt der ländlichen Region ein klarer Standortvorteil im Werben um diese Leute herausgearbeitet wird?
  • Ist Ihnen bekannt, dass die so genannten Sparargumente unserer Landesregierung im Personalbereich der Grundschulen NICHT greifen, wenn  jahrgangsdurchmischtes Lernen ermöglicht wird, also Schulen mit 40 Kindern von zwei und nicht vier Lehrkräften unterrichtet werden?. 
  • Sind Ihnen Schulmodelle wie dieses hier bekannt ? Können Sie sich vorstellen, dass diese Schulen seit Jahrzehnten dafür sorgen, dass die Bevölkerungszahlen im Voralberg weitgehend stabil geblieben ist?
  • Können Sie sich vorstellen, dass eine übergeordnete Schulleitung und Sekretariat bei Landschulen auch bei uns ganz entschieden zu Kosteneinsparungen führen würde?  Beispiel Schweiz.
  • Ist Ihnen bewusst, dass mit der neuen Schulverordnung die Mindestschülerzahlen für Grundschulen im ländlichen Bereich de facto von 40 auf 80 Kinder verdoppelt wurden, Neugründungen von Grundschulen Zweizügigkeit,(also mind. 160 Kinder) erfordern und somit bis 2020 rund 50% aller Landschulen unwiderruflich geschlossen werden sollen?
  • Ist Ihnen bewusst, dass bei einer Umsetzung dieser Verordnung in absehbarer Zeit auch die Grund- und viele Mittelzentren im ländlichen Bereich in ihrer Existenz gefährdet sind?
  • Teilen Sie die Auffassung, dass Sachsen-Anhalt, bestehend aus lediglich zwei oder drei Ober- und vier oder fünf Mittelzentren, NICHT bestandesfähig sein wird?
Sehr geehrte Abgeordnete

Wenn Ihnen all das bewusst ist, wenn Sie alle diese Argumente bereits kennen, wovon wir ausgehen, denn es ist ja ihre Pflicht, sich mit dieser Materie zu befassen, dann wünschen wir von Ihnen auf folgende Frage eine Antwort:

Wie kommt es, dass Sie als Landtagsabgeordneter, Sie als Fraktionsvorsitzende nicht Partei übergreifend sämtliche Hebel in Bewegung setzen, um diese SEPl-VO2014 zu stoppen und durch eine moderne, flexibel anwendbare Schulplanungsverordnung mit entsprechenden Anpassungen des Schulgesetzes zu ersetzen? Wie kommt es, dass Sie sich nicht für die Erhaltung des ländlichen Raumes (zum grossen Teil Ihrer Wahlkreise, sehr geehrte Damen und Herren!!!!) einsetzen? Wie kommt es, dass Sie es zulassen, dass unser Bundesland mit einem veralteten Einheits-Schulsystem überzogen wird, während rundherum flexible, den örtlichen Rahmenbedingungen angepasste Schulformen zum Einsatz kommen? Bitte erklären Sie uns dieses Schweigen!!

Schriftliche Antworten nehmen wir gerne entgegen und publizieren, diskutieren diese auch auf unserer facebook-Gruppe.

Grundschulen vor Ort
Aktionsbündnis Sachsen-Anhalt

Kontakte
Ernst Romoser,
Am Schloßpark 10
39393 Ausleben

ernst.romoser@freenet.de

Walter Helbling 
Am Bach 7
06333 Welbsleben


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