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Grundschulversorgung Zwei Bundesländer - Zwei Welten

Grundschule Rösa, Standort gefährdet.
Nach einer grösseren Recherche wird es wieder einmal Zeit, Gedanken zum Thema Grundschulversorgung öffentlich zu debattieren. Wir haben in den letzten Monaten in Sachsen-Anhalt immer wieder gehört, wie schlecht das Lehrer-Schülerverhältnis im bundesweiten Vergleich sei und wie man bemüht sein müsse, da ins Mittelfeld zu kommen.  Ja, das ist eine mögliche Sicht, nur:

Ist es sinnvoll faule Äpfel mit faulen Birnen zu vergleichen?
So lange in unserem und andern Bundesländern Klassengrössen mit 30 Kindern bei einer unterrichtenden Lehrkraft als gesetzlich zulässig und schulisch machbar definiert werden, darf man begründet von faulen Früchten sprechen. Es wird sich landauf landab keine pädagogische Fachhochschule finden lassen, welche diese Norm unterstützen wird. Also erübrigt sich auch dieser stupide Vergleich innerhalb der Bundesländer.

Über die eigene Scholle kucken!
Wer das nicht schafft, soll sich die Segnungen der heutigen Technik zu Nutze machen und unter Bundesland Salzburg den Bildungsserver aufrufen.  Hier kann man nun eingeben: "Volksschule" im ersten Feld, und anschließend den Bezirk, z.B Flachgau im zweiten Feld. Dann erscheint folgende Auflistung:



Interessant ist nun Folgendes: Wie in allen österreichischen Bundesländern findet man im Netz von der Landesregierung die Zusammenstellungen der verschiedenen Schulen abrufbereit. Im  Weiteren scheinen Schulleitungen oder Schulen auch daran gemessen zu werden, wie sie sich in der Öffentlichkeit darstellen. So findet man auf dieser Tabelle zu praktisch jeder Schule eine informative, interessante Web-Seite und stösst auf Raritäten wie diese hier.

Weitere Punkte, welche auffallen:
  • Es gibt Schulleitungen, aber keine Sekretariate. Auch das scheint bis zu einer bestimmten Größe zu funktionieren.
  • Man beachte den Zustand der Schulen, auch die Tatsache, dass verschiedene dieser Kleinschulen erst vor 20 oder 30 Jahren gegründet wurden, andere auf eine 150-jährige Geschichte zurückblicken und bis heute weiter geführt werden.
  • Es fällt auf, wie stark die Schulen ins dörfliche Leben eingebunden sind, auch unterstützt werden.
  • Die personelle Lehrer-Dotierung für diese Klassen ist gekoppelt an die Schülerzahl im Klassenzimmer und kann bis zu zwei Lehrkräfte umfassen. 
  • Es gilt auch für Dorfsschulen Anspruch auf Sonderlehrkräfte im Bereiche Heilpädagogik und Integration.
  • Es gibt auch kleine Dorfschulen ohne Sporthallen. DAS ist nicht das Mass der Dinge, denn Freiraum für Bewegung und Sport gibt es genügend. Flexible Schule eben.
  • Weiter bestätigt sich, dass ein kleines Dorf niemals in der Lage sein wird, jährlich eine gleich bleibende "Menge an Schülern" einzuschulen, wie das in Sachsen-Anhalt mit 10 und bald 15 Kindern pro Klasse gefordert wird.
1. Schulstufe: 10 SchülerInnen
2. Schulstufe: 2 SchülerInnen
3. Schulstufe: 4 SchülerInnen
4. Schulstufe: 9 SchülerInnen
Macht nichts,  moderne Schule vermag darauf zu reagieren !!!

Vergleichskriterien erweitern !
Es ist zu wünschen, dass wir endlich aus dieser Faulobst-Liga heraustreten und uns wirklichen Vergleichen stellen. Natürlich taucht die Frage nach Kosten auf und sie lässt sich beantworten und kontern: 
  • Welches sind denn die Folgekosten unseres derzeitigen Schulsystemes (Transport, Neubauten etc.), insbesondere jedoch die Folgekosten für den Staat bei einer Quote von 12% Schulabgängern ohne Abschluss, gerechnet auf die Lebenszeit dieser Abgänger? 
  • Welches ist der touristisch-wirtschaftliche Wert einer Region mit intakter Bevölkerungsstruktur und was ist, wenn diese nicht mehr vorhanden ist?
  • Wie verhält es sich mit dem "Wurzeln schlagen" als ein wesentliches Kriterium für eine Stabilisierung der Bevölkerungszahlen? Wieviel ist es wert, die dafür notwendigen Voraussetzungen zu schaffen?
  • Was hat es auf sich mit der neuen Kampagne in Sachen Familienfreundlichleit? Beschränkt sich diese ausschließlich auf Mittel- und Oberzentren?
Die Sache mit dem "letzten Jahrhundert"
Nachdem verschiedene Spitzenpolitiker, aber auch Lehrkräfte höherer Schulstufen unsere Forderung nach Erhalt der dörflichen Schulstrukturen auch mit Kleinschulen und jahrgangsdurchmischtem Unterricht mit dem Argument: "Überbleibsel aus dem letzen und vorletzten Jahrhundert, vermag den heutigen Bedürfnissen nicht gerecht zu werden", vom Tisch zu wischen versuchen, sei diesen Theoretikern folgende Sätze ins Hirn gekritzelt:
"Die Mehrheit der Bildungswissenschaftler und Bildungsplaner der 1960er und frühen 1970er Jahre war überzeugt, dass in erster Linie die Organisationsform und Größe einer Schule über die Leistungen der Schüler entscheiden......Der Versuch.........musste scheitern.  Durch diese Planungsideologie und die Festlegung von starren Richtwerten für Klassen- und Schulgrössen verlor die Schulstandortplanung die früher gegebene Flexibilität, um auf regionale Besonderheiten Rücksicht nehmen zu können....
Plakativ formuliert könnte man behaupten, dass die Planungsideologie der 1960-er Jahre sogar noch hinter das Niveau zurückgefallen ist, das bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erreicht worden war.Denn das österreichische Reichsvolksschulgesetz von 1869 ging beispielsweise wesentlich sensibler auf  regionale, soziale und ethnische Disparitäten ein;......" Quelle: Wenn in der Dorfschule das Licht ausgeht (S.23) Prof.Dr. Meusburger, Uni Heidelberg 2009, interessant, nicht wahr?

Die heutige Schulplanung des Landes Sachsen-Anhalt bewegt sich auf einer schon längst widerlegten Planungstheorie aus der Mitte des letzten Jahrhunderts!! Dieses Modell ist  auf der Stufe Grundschule mit gewaltigem Getöse und fatalen Folgen gescheitert!! Insbesondere Österreich, aber auch die Schweiz, haben aus diesen Fehlern von damals gelernt, das Ruder herumgeworfen. Andere Länder wie Frankreich Spanien und die nordischen Staaten, ließen sich gar nie auf diese Theorie ein.  

Unsere Landesregierung will uns landauf landab klar machen, dieser Ladenhüter, verpackt in SEPl-VO2014, sei ein zukunftsfähiges Schulmodell, obwohl unsere Nachbarstaaten, neuerdings auch Bayern, Sachsen und NRW, schon längst beispielhaft zeigen, dass andere Lösungen sich bildungspolitisch als sinnvoller  und volkswirtschaftlich tragfähiger erwiesen haben. 

Deshalb wehren wir uns weiterhin mit allen Mitteln gegen diesen bildungspolitischen Blindflug unserer Landesregierung.

Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort, Sachsen-Anhalt. 

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