Direkt zum Hauptbereich

Die Fallstricke für Grundschulen im Schulgesetz Sachsen-Anhalt

Hier das Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt.  Zum Thema Grundschule gibt es darin einen heiklen Punkt, an welchem sich die Gemüter erhitzen:

§4
(6) Die Grundschule hat wenigstens einen Zug. Die Schulbehörde kann Ausnahmen im Interesse eines wohnortsnahen Schulangebotes zulassen. 

Hier wird grundsätzlich die Möglichkeit von Ausnahmen vom System der Einzügigkeit offen gelassen. Zentral ist der Umstand, dass diese Ausnahmen von "der Schulbehörde" bewilligt wird, ohne näher darauf einzugehen. 

 § 82 (2) hilft weiter:
Schulbehörden sind das für Schulwesen zuständige Ministerium als oberste Schulbehörde und das Landesschulamt.
Somit ist klar gestellt,
dass sämtliche Bewilligungen und Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Norm durch Landesschulamt oder Ministerium gefällt werden und die untergeordneten Gremien wie Landkreise, Verwaltungsgemeinden etc. lediglich Vorschlagsrecht besitzen.  Aktuelles Beispiel aus Weddersleben/Thale, Juni 2013

Die Krux mit der Verordnung !!

Während im Gesetz Grundschule über 6 Punkte definiert wird, regelt die Verordnung zum Gesetz die Details.  Die neueste Verordnung datiert vom 30. Mai 2013 und umschreibt die Schulentwicklungsplanung 2014-2019. Entscheidende Neuerungen für die Grundschulen ist dabei die Erhöhung der Mindestschülerzahlen in zwei Etappen:
§4 
1. Der Richtwert zur Festlegung der Einzügigkeit beträgt:
a) bei Grundschulen
     aa) zum 31. Juli 2017     15
     bb) ab 1. Aug.2017         20

Weiter unten werden Ausnahmen im Grundschulbereich für die ländlichen Regionen erwähnt.
Unterschreitung bis 2017 um maximal 2, ab 2017 um maximal 5 Kinder pro Klasse.

So entstehen zwei Mindestschulgrössen:
Normgrösse von 60 Kindern  (Ausnahme ländlicher Bereich 52) bis Juli 2017.
Normgrösse von 80 Kindern  (Ausahme ländlicher Bereich 60) ab August 2017.

Niemand scheint sich daran zu stören, dass das, was hier als einmalige Korrektur der Mindestschülerzahlen nach oben dargestellt wird, bereits mit Inkrafttreten der Verordnung eine Erhöhung der Schülerzahlen von bisher 40 auf neu 52 Kinder pro Schule im ländlichen Bereich beinhaltet!

Verdoppelung der Mindestschülerzahlen bedeutet Grundschul-Kahlschlag im ländlichen Bereich!

Der Begriff ländlicher Bereich ist sehr eng gefasst, was dazu führt, dass beispielsweise verschiedene Schulstandorte im Harz und Vorharz  NICHT unter diese Definition fallen. Für all diese Grundschulen hat diese Verordnung katastrophale Folgen:

Indem die Mindestschülerzahlen laut Verordnung von ehemals 40 Kindern auf 80 im Jahre 2017 erhöht werden, schreibt der Gesetzgeber  Grundschulen vor, welche im Vergleich zu 2013 doppelt so groß sein müssen. Ein einmaliger, ungeheuerlicher Vorgang! 

Es werden vom Gesetzgeber Schuleinheiten geschaffen, welche erwiesenermassen NICHT in den ländlichen Raum passen und darauf begründet man dann die Notwendigkeit, Schulen zu schließen.

Nicht mangelnde Kinderzahlen in den Dörfern, sondern die willkürlich vom Gesetzgeber auf doppelte Grösse aufgeblasene neue Grundschule, welche so nicht mehr in die Dörfer passt, ist also Ursache für die Schließung von rund 160 Schulstandorten bis 2017.

Dagegen wehrt sich das "Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort" mit allen zulässigen Mitteln.
Sachsen-Anhalt verdient ein flexibleres, zukunfstfähiges  Grundschulsystem.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Sprechen wir mal "von Schule" - Klassenzimmer: Wartsaal oder "die zweite Lehrkraft" ?

Wir befassen uns heute mit  den Räumen in welchen Kinder und Jugendliche im Alter von 6 - 16  mehr als die Hälfte ihres Lebens verbringen. Es sind zwei Punkte, welche im Vordergrund stehen: Nutzung des Raumes  und Möblierung. Der Titel deutet es schon an, hier geht es um die Nutzung. Das Bild links zeigt ein Klassenzimmer um 1900 herum.   Der dazugehörige Beitrag ist sehr lesenswert. Schule um 1900 eben. "Und auch aus diesen Jungs und Mädchen ist was geworden", höre ich bereits. Ja, das ist so. Das Bild rechts oben und die Bilder dieses Abschnittes zeigen Klassenzimmer von heute. In den meisten Grundschulen sehen wir nach wie vor die klassische Bestuhlung und sie besagt etwas: Gängigste Unterrichtsmethodik ist Frontalunterricht. Dies wiederum bedeutet für die Schüler: Viel sitzen, viel zuhören, wenig Eigenaktivität und Bewegung. Ja, es gibt auch andere Klassenraumbestuhlungen, sie sind lobend zu erwähnen, denn sie machen auf den ersten Blick klar, dass...

DAS Wunder: Vom Hungertod bedrohter Esel scheißt Golddukaten.

Anlass zur folgenden Glosse ist dieser Beitrag. Das Wunder des vom Hungertod bedrohten Esels, der über Nacht Golddukaten zu schei ßen begann. Ironie an: Es war gegen Ende des Jahres 2012, als die Besitzer eines Esels, der für viele Einwohner Dienste verrichtete, Alarm schlugen:“ Hört zu, liebe Leute, unserem Esel geht es schlecht. Wir können ihn nur noch dank Zuschüssen und Spenden ernähren. Wir müssen unverzüglich daran gehen, seinen Kalorienbedarf runterzufahren. Das heißt: Er steht nur noch begrenzt zur Verfügung. Wir haben bereits ein Programm, wie das geschehen soll und fordern euch auf, eure Planungen auf Grund dieser Verordnungen in Angriff zu nehmen und uns vorzulegen. WIR werden dann entscheiden, inwiefern wir euch den Esel weiterhin zur Verfügung stellen können oder nicht. So begann ein gehässiges Gezänke zwischen den Anwohnern, denn die Vorgaben sahen vor, dass der Kultur- der Wissenschafts-, der Bildungs- und der Sicherheitsacker nur noch unter großen Ein...

Satzungen zur Schülerbeförderung der einzelnen Landkreise

Wir diskutieren eigentlich über eine Alternative zur gegenwärtigen Schulentwicklungsplanungsverordnung (SEPL-VO2014). Nachdem in einem ersten Kommentar aus dem Kultusministerium verneint wurde, dass es Verordnungen gäbe, welche die Haustür zu Schultüre Zeit von Grundschulkindern mit bis zu 75 Minuten für einen Weg als zumutbar bezeichne, möchten wir  diesen zugespielten Ball aufgreifen und das, was da in den Verordnungen steht, sichtbar machen. Dazu die Anmerkung: Nicht das Kultusministerium erstellt diese Regeln, sondern die Landkreise. Entsprechend unterschiedlich sind die Verordnungen gestaltet. Es werden jeweils zwei Zeiten angegeben. Ein Wert für Grundschüler, der zweite Wert ab 5. Klasse. Dazu verlinken wir die jeweiligen Verordnungen. Wir betonen: Das sind die  als zumutbar definierten Weg-Warte- und Umsteigezeiten  der Altersgruppen 6-10 und der zweite Wert gilt für Kinder ab 11 Jahren!!! Berechnet sind sie pro Weg . Hier die Übersicht: Land...