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Kinder (2): Von wegen Chancengleichheit

Auch in diesem Beitrag geht es ausschließlich um die Kinder. Dabei steht die Frage im Zentrum, was Kinder brauchen, worauf man als Umsetzung von Forschungsergebnissen alles achtet, wie die Pädagogik und Lehrmittelkommissionen versuchen, kindgerecht zu handeln und zu planen. Da von alledem in der SEPL-VO2014 NICHTS zu finden ist, muss also auch nicht nach Verbindungen gesucht werden. In der SEPL-VO2014 geht es um Immobilienbewirtschaftung und vermeintlich optimierten Personaleinsatz.


Weltbild von 6-11 Jährigen
Dieses ändert sich im Laufe von 5 Jahren natürlich gewaltig. Wir alle kennen die kleinen Dramen der Einschulung, des Gangs in die KITA. Der Grund ist darin zu sehen, dass Erstklässler nun in eine klar definierte Struktur eingebunden werden und  sich in diesem Rahmen zurechtfinden, auch leisten müssen. Man spricht nicht umsonst von Schulreife. Das ist eine Zäsur.
Maßgeblichen Einfluss auf diese "Eingewöhnung" in der Grundstufe hat natürlich auch der Schulort. Kennt das Kind Ort und Umgebung schon gut, findet es sich auch schneller zurecht, ist entspannt. Kennt es bereist die Klassengemeinschaft, in welcher nun zu lernen ist, so gibt das Sicherheit. Andersrum kann es passieren, dass eben Angstzustände den Alltag überlagern und dominierend werden. Dieses Risiko besteht insbesondere in der Situation, in welcher  Schule weit entfernt vom Wohnort liegt und mit vielen unbekannten Gesichtern zusätzlich verunsichern kann. Das sind prägende Situationen, welche die Persönlichkeitsentwicklung nachhaltig beeinflussen. Für viele Kinder und Eltern kann das zu einem Problem werden. 

Lehrmittel / Pädagogik
Hier geht man davon aus, dass ein Kind "seine" Umwelt optimalerweise in konzentrischen Kreisen zu entdecken beginnt. Nach Eltern und KITA nun Schule. Die unmittelbare Umgebung, den Ort, die Nachbarorte und all dies fließt langsam ein in sein Weltbild. Je mehr reale Bezüge zum unmittelbaren Lebensraum geschaffen werden können, um so größer wird die Voraussetzung, dass das Kind mit beiden Beinen auf dem Boden steht und lernt, sich sicher durch diesen Raum zu bewegen. Mit diesen Fähigkeiten ausgestattet, erkundet es später "fremde" Räume.

Je weiter ein Schulort vom eigentlichen Wohnort entfernt liegt, je mehr die Schuleinheit mit Kindern aus den verschiedensten Lebensräumen zusammengesetzt ist, um so schwieriger wird es für die Lehrkräfte, diese Inhalte umzusetzen, denn es fehlt  eine Triebfeder kindlichen Lernens: Die naturgegebene Neugier und das spontane Aufnehmen und Umsetzen von bereits Bekanntem, Erlebtem. Es muss sich auf seine Lehrkraft verlassen, denn sie ist der einzige Fixpunkt in dieser unbekannten, fremden Schule. Es besteht das Risiko des Treibhausklimas, in welchem man Wissen in einen Trichter füllt. Da aber Realbezüge fehlen, bleibt Vieles beim antrainierten Wissen. Es fehlt die konkrete Anwendung und praktische Umsetzung. Das ist ein zentraler Grund für den Erhalt der Grundschulen im ländlichen Raum aus lernpsychologischer Sicht.

10 Kilometer pro Schulweg  sind für unsere  Kleinen eine große Reise. Räumlich so groß wie für uns eine 30-minütige Fahrt mit dem ICE bei Tempo 200. Am Zielort müssen wir uns neu orientieren. Etwas, was wir Erwachsene meistens schaffen. Für unsere Kleinen ist dies aber  eine Überforderung. Für sie kann das beängstigend sein..

Wer lange fährt, leistet weniger
Dazu gibt es nicht viel zu sagen. Eine von verschiedenen Studien zum Thema lange Schulwege und Schulleistungen, durchgeführt an Schülern des 9. Schuljahres. Noch viel gravierender sind die Auswirkungen auf die Grundschüler.
Lange Busfahrten beeinflussen die Leistungen negativ: Auch diese Faktoren scheinen in der gegenwärtigen Schulplanung ein marginale Rolle zu spielen. 

Fettleibigkeit und Schlafmangel

Die Klassengrößen
Es ist ein Unding, in 3./4. Klassen an Grundschulen mit Klassengrößen von über 25 Kindern zu unterrichten. Sowohl Lehrkräfte, wie Schüler sind mit diesem Konzept überfordert. Es fehlt der Raum und die Zeit, Kinder individuell zu fördern. Diverse gute Unterrichtsmethoden können in solchen Klassen aus rein räumlichen Gründen gar nicht angewendet werden.  Dies wiederum führt dazu, dass bereits nach 4 Jahren Grundschule teilweise erschreckende Leistungsunterschiede innerhalb der Klassen festzustellen sind.  Hier wird am falschen Ort gespart, was gerade auch in einer Studie der OECD eindrücklich dargelegt wird. Bezeichnenderweise hat Deutschland mit der KMK NICHT daran teilgenommen.  Zusammenzüge ab Seite 18.
Was man also mit der Optimierung von  Klassengrößen (bis 30 Kinder in einer Klasse)  im Grundschulbereich einzusparen hofft, wird man später mehrfach in Förderkursen, Vermittlungsangeboten, Umschulungen oder eben Sozialprogrammen nachbezahlen müssen. Das heißt konkret: Wir haben sehr viele Schulabgänger, welche NICHT auf DAS vorbereitet sind, was im Leben von ihnen erwartet wird: 1/3 Lehrabbrüche in Sachsen-Anhalt. 

Persönlichkeitsentwicklung hat auch was mit Freizeit und Hobbys zu tun
Je enger die Zeitfenster für Freizeit während der Woche sind, um so schwieriger wird es für Kinder, den Zugang zu ganz persönlichen Hobbys zu finden. Sport, Musik, Kreatives: Das braucht seine Zeit und zwar regelmäßig. Je mehr derartige Angebote in die Zentren rücken, desto schwieriger wird es für Kinder und Eltern im ländlichen Bereich, dieses Hobby zu pflegen. Indem die Schule immer weiter wegrückt, entfallen die ländlichen Kultur-Zentren, in denen früher solche Aktivitäten angeboten wurden. Gerade Hobby sind jedoch ein Bereich, in welchem Kinder sich in die Nähe der Spitzenleistungen tasten, Selbstvertrauen tanken und im optimalen Falle das alles auch auf Schulleistungen umzulegen im Stande sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen:
Ein Kind, welches mehr als 10 Kilometer von seinem Schulort aufwächst, muss einen unvergleichlich höheren physischen und geistigen Aufwand erbringen, als DAS Kind, welches direkt am Schulort wohnt, wenn es dieselben Leistungen erreichen will. Außerdem besteht das nicht zu unterschätzende Risiko, dass dieser abrupte Wechsel in eine "ferne" Welt  in der Persönlichkeitsentwicklung deutliche Spuren hinterlässt.

Legen die Eltern zusätzlich noch Wert auf individuelle Förderung, dann ist der Wochenzeitaufwand eines solchen Kindes nur noch mit einem 10-11-Stunden-Tag zu stemmen. DAS IST NICHT KINDGERECHT! Kinder in diesem Alter HÄTTEN jedoch Anrecht auf genau diese Förderung!
Folglich ist das, was derzeit im Bereiche Schulplanung abläuft, eigentlich nicht kindgerecht. Wir wollen gute Leistungen, stabile Persönlichkeiten mit Perspektiven als Spitzenarbeitskräfte und machen  diese Ziele bereits während der ersten Schuljahre zunichte, "produzieren" Mittelmaß. Grundschüler benötigen keine Mini-Universitäten, sondern eine vertraute Umgebung, in welcher sie spielerisch die Freude am Leisten entdecken und Selbstvertrauen gewinnen.

SEPL-VO2014 leistet genau diesem Mittelmaß Vorschub und entvölkert  durch Abbau ortsnaher Grundschulangebote  den ländlichen Raum innerhalb von 25 Jahren,.

Es gibt auch eine subjektive Wahrnehmung: Indem die ortsnahe Grundschulbildung im ländlichen Raum zurückgefahren wird, will man....

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