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Schulplanung Mansfeld Südharz: Ein Kreis liquidiert den ländlichen Bereich (1)

Grundschule Wippra
Nun ist also auch der Landkreis Mansfeld Südharz in der Endschlaufe der Schulentwicklungsplanung (SEPL-VO2014). Am 21.1.2014 fand in Sangerhausen eine Sitzung der zuständigen Kommission statt. Dort wurde von der Schulamtsleiterin vorgetragen, was die Gemeinden so alles entschieden haben, welche Schulen als bestandesfähig bis 2019 gelten und welche Schulstandorte geschlossen werden.  Wenn man nun auf die ursprüngliche Argumentation des Kultus- und vor allem des Finanzministeriums eingeht  (Kleine Schulen sind teuer, Lehrkräfte müssen optimaler eingesetzt werden), erkennt man in diesem und den zwei nachfolgenden Beiträgen, dass all das überhaupt keine  Rolle spielt. 
Es geht nicht um Schulentwicklungsplanung, sondern um Immobilienbewirtschaftung und Wirtschaftsimpulse durch Auslösung von Bauaufträgen angesichts praller EU-Fördertöpfe,
mit denen das Land   eine neue Grundschul-Infrastruktur  reinholen möchte. Aus Sicht des Finanzministeriums handelt es sich um ein 900 Mio€ schweres Investitionsprogramm für die nächsten 5 Jahre, von denen ein erklecklicher Teil in die Grundschulen fließen soll und: Das Finanzministerium meint auch, der Preis dafür sei, dass 163 Schulen geschlossen werden müssten. Wir sind also erst am Anfang.....denn Finanzminister Bullerjahn hat richtig gerechnet. Wir kommen bei gleich bleibenden Eckwerten ebenfalls auf über 150 Schulen, welche bis 2025 geschlossen werden müssen. Ein Ding der Unmöglichkeit!!!

Noch eine Bemerkung: Es zeigt sich ganz klar, dass die vermeintliche Kette "Landesregierung macht in Form von Verordnung die Vorgaben - Gemeinden "müssen" auf dieser Basis entscheiden und - an das Kreisschulamt weiterleiten -dort werden die Entscheide auf Hunderten von Seiten hübsch dargestellt -Kreistag entscheidet und dann - ab zur obersten Schulbehörde" nichts Anderes als  ein Zusammenzug von zufällig entstanden und/oder willkürlich gefällten Kommunalentscheidungen sind. Diese enstanden auf Grund lokaler oder persönlicher Seilschaften, haben mit vernünftiger Schulentwicklungsplanung nichts zu tun und es fehlt jegliche Qualitätskontrolle bezüglich der gefällten Entscheide. Siehe unser Beitrag zu Hoym

Wippra
Gehört zu Sangerhausen, liegt als kleines Zentrum im Wippertal und wird von Schülern der näheren Umgebung besucht. Dazu gehören die westlichen Ortsteile von Mansfeld. Es war damals klar und eigentlich beispielhaft, dass man mit Wippra ein Zeichen für Gemeinde übergreifende Beschulung setzte, um unnötig lange Schulwege für die Kinder zu vermeiden. Es war dann auch so, dass das neue Schulhaus, welches vor wenigen Jahren gebaut wurde, mit rund 50% Kostenanteil der Gemeinde Mansfeld errichtet wurde. Stadtübergreifende Kooperation und Schaffung von Schulstandorten für den ländlichen Raum.

Im Zusammenhang mit der Schulentwicklungsplanung ließ ein Beschluss der Stadt Mansfeld aufhorchen und bereits damals machte Walter Helbling in der MZ auf die sich daraus ergebende Problematik aufmerksam. Es ging darum, dass sämtliche Ortsteile der Stadt Mansfeld ("optional und nur bei Bedarf an Schülern") in Mansfeld zu beschulen seien. Es lohnt sich, den Wortlaut im verlinkten Beitrag zu lesen.

Aus Option wird Kahlschlag
Was im November 2013 als "Option der Stadt Mansfeld" schonend an die Leute gebracht wurde, ist inzwischen auf mirakulöse Art und Weise Tatsache geworden.  Wippra, mögliche Schließung laut SEPLVO 2017, soll bereits 2015 geschlossen werden. Darauf haben sich offenbar Mansfeld und Sangerhausen verständigt. Gleichzeitig schreiben sie eine Millioneninvestition, nämlich das Schulhaus, ab. Im Gegenzug hofft Mansfeld, mit einem neuen Förderantrag endlich eine neue Grundschule bauen zu können und um sicher zu gehen, will man nun ab 2015 alle Schüler der Stadt am Orte haben.... Dies also die momentane Planungslage.

Konsequenzen NICHT geprüft
Dass ein derartiger Beschluss einfach in die Schulplanung eingearbeitet wird, zeigt eindrücklich, dass da Schreibtischtäter am Werke sind, welche nicht realisieren, was sie da anrichten:

  • Beschulung der westlichen Ortsteile Mansfelds in Mansfeld ist alleine schon auf Grund der Schülerbeförderungsordnung Mansfeld Südharz NICHT möglich. Diese legt fest, dass von Tür zu Tür inklusive Wartezeiten, Umsteigezeiten 75 Minuten pro Weg zumutbar seien. An sich ist bereits dieser Zeitrahmen ein Skandal. Es reicht jedoch nicht, um die Schüler aus Molmerswende und den umliegenden Orten im Zeitfenster nach Mansfeld zu bringen. Die reine Busfahrzeit beträgt schon eine Stunde.
  • Die Kinder Wippras wären laut Plan in Sangerhausen zu beschulen. 18 Kilometer Schulweg auf einer heiklen Strasse, im Winter mehrfach gesperrt. Auch hier wird das Limit in Sachen Schülertransport überschritten, indem für Grundschulen EINE Rückfahrt zugesagt ist, was bedeutet, dass viele Schüler nach der ersten Mittagsstunde noch 50 Minuten auf den Bus zu warten haben. Eigentlich wäre Pölsfeld noch eine Möglichkeit gewesen, doch hat man jenen Schulstandort bereits geschlossen.
Das alles auf einer Karte, welche NICHT verdeutlicht, dass Wippra im Talgrund liegt und die Strasse dahin kurvig und recht steil ist.:





Von oben nach unten verordnet!
Weder Eltern noch Ortsbürgermeisterin haben von dieser Planung Kenntnis und sind erst durch unser Aktionsbündnis über die neue Situation informiert worden. Die Betroffenen haben dazu also nichts zu sagen.

Liquidation
Nicht zu wenige Kinder, sondern durch Verordnung verdoppelte Mindestschülerzahlen führen zu diesen Entscheiden. Dass die Entscheidungsträger sich darauf berufen, das sei nun mal Gesetz und müsse vollzogen werden, zeigt, dass sie sich ihrer regionale Verantwortung und der Auswirkungen eines Vollzuges dieser Verordnung NICHT bewusst sind. Augen zu und durch, statt massiver Protest gegen diese SEPLVO, welche im ländlichen Raum mit diesen Vorgaben nirgendwo nachhaltig umzusetzen ist. 
Mit unserem Modell des altersdurchmischten Lernens müsste keine einzige Schule geschlossen werden, wird der ländliche Raum gestärkt und trotzdem erreicht das Kultusministerium seine Sparvorgaben.

Protest muss von den Betroffenen kommen
Wie dieses Beispiel zeigt , haben sich offensichtlich zwei Städte ohne Rücksprache und Abstimmung mit den Betroffenen  darauf verständigt, Rosinen aus dem StarkIII-Kuchen zu holen. In diesem Falle neuer Förderantrag für die Primarschule Mansfeld, obwohl StarkIII eigentlich KEINE Vollfinanzierung von Neubauten vorsieht....
Die Folge: Die westlichen Ortsteile der Stadt Mansfeld und das Wippertal sind ab sofort für Familien unattraktiv wie nur etwas. Ein Narr, wer glaubt, diese Schulplanung hätte keine Folgen für die Bevölkerungsstruktur und die Entwicklung des ländlichen Raumes... Das alles wegen einer Verordnung, welche erlassen wurde und irgendwann in die Geschichtsbücher eingehen wird als Beispiel eines Bürokratenaktes mit katastrophalen Folgen für den ländlichen Raum. Deswegen musste die Übung dann auch abgebrochen werden, durchexerziert ....
Dagegen zu protestieren ist Sache der Betroffenen, aber nicht nur: Jeder Schulstandort ist über kurz oder lang mit den Auswirkungen konfrontiert und plötzlich nicht mehr bestandesfähig. Das ist die logische Konsequenz einer defensiven Strukturpolitik.  Dagegen zu protestieren ist auch Sache der Omis und Opas. Sie wissen zum Teil noch aus eigener Erfahrung, was altersdurchmischtes Lernen heißt, haben das in ihren Dorfschulen vor 1970 noch selbst erlebt. Das ist eine andere Qualität und diese wollen wir wieder!!!! 

Ab nächster Woche wird landesweit protestiert!
Aktionsbündnis vor Ort wird  zu einer landesweiten Protestkampagne aufrufen, welche bis zu den Wahlen im Mai dauern wird. Die Kampagne ist ab Sonntag im Netz.

Am 27.1. tagt der Kreisausschuss in Sangerhausen. Die Sitzung ist öffentlich. Überzeugen Sie sich selbst, wie Liquidation funktioniert. Hier die Traktandenliste . Der Kreistag tagt dann am 19. Februar.

Das Wort Liquidation ist angebracht, denn im nächsten Beitrag analysieren wir die Lage westlich von Wippra im Eck Hayn, Stolberg Rottleberode und dem angrenzenden Landkreis. Da wird dann dem größten Planungsoptimisten klar, dass irgend etwas aus dem Ruder läuft.


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