Am kommenden Sonntag entscheiden die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Halberstadt dank eines Bürgerbegehrens darüber, ob der Stadtrat weiterhin an 6 Schulstandorten festhalten muss, so wie es das Stadtentwicklungskonzept vorsieht. Stimmen 25% aller Stimmberechtigen der Stadt (ca 9000 Ja-Stimmen!!) für das Begehren, wird der Stadtrats-Beschluss vom April 2016, nur noch 5 Standorte weiter zu entwickeln , aufgehoben. Zentrales Argument sind die Finanzen und da schaut es katastrophal aus, wenn man die Argumente der Gegner betrachtet. Deswegen erlauben wir uns hier eine kleine Analyse. Wieder stehen nicht die Kinder, sondern Geld im Vordergrund, leider:
Halberstadt steht vor der Pleite?
Mit einer Grafik wird das Haushaltsdefizit 2015 (4 Mio ) kumuliert und zeitlich auf den möglichen Kassenkredit der Stadt (ca. 27 Mio, davon ca. 13 Mio genutzt) gelegt und dargestellt. Fazit: Halberstadt ist 2019 zahlungsunfähig. Eine Sanierung der Diesterwegschule beschleunigt also diesen Absturz. Ein gefährliches Szenario, wenn man so hinschaut. Macht Angst. Recherchen ergeben dann, dass diese Art der Angstmache System hat, für den Moment wirkt, in der Realität jedoch keinen Bestand hat. Ansonsten wäre Halberstadt heute pleite, nicht wahr?
Übersehen wird: In den vergangenen zwei Jahren sind auf sämtliche Kommunen Sachsen-Anhalts Kosten niedergeprasselt, auf welche die Verwaltung keinen Einfluss hatte. KIFÖG, Finanzausgleich, Kreisumlagen, Sicherung der Kultureinrichtungen usw. Trotz Sparmaßnahmen der Kommunen sind die Defizite gestiegen.
Das Problem ist inzwischen erkannt. Die Kommunen erhalten vom Land in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld. Die Pleite rückt somit in weite Ferne. Insbesondere sollte dieses Thema nicht mit dem Thema Erhalt oder Schließung von bestandsfähigen Schulstandorten verknüpft werden, für welche bereits Rückstellungen im Haushalt getätigt worden sind..
Zahlen: Die Lesart ist wichtig :-)
"Die Schulden der Stadt Halberstadt (Kassenkredit) betragen 13 Mio €. Eine Sanierung der Diesterwegschule würde die Schulden auf rund 16 Mio hochtreiben oder die Investitionspauschale kommender Jahre auffressen."
Schulden der Stadt betragen heute 16 Mio € ! Nominell reduziert um ca. 3 Mio Rückstellungen der Stadt für die Diesterwegschule. Sie sind nicht verbautes Geld und bei einer stattfindenden Sanierung aktivierbar.
Begründung: Schuldenstand heute unter der Voraussetzung, dass die vorgesehenen Rückstellungen für Sanierung der Schule im Jahre 2015 verbaut worden wären? 16 Mio €.
Wir lassen diese hohe Summe so stehen.
Die Förderprogramme der EU und des Landes unterstützen die Kommunen in der energetischen und baulichen Sanierung von öffentlichen Gebäuden. Egal, welches der Programme man nutzt, verbleibt für die Kommune ein Eigenanteil von ca. 2 Mio € bei 6 Mio Baukosten. Bei 4,5 Mio € reduziert sich der Anteil auf 1,5 Mio €
"Die Stadt hat keinen genehmigten Haushalt, deswegen können wir uns auch 2 Mio € Eigenanteil nicht leisten."
1. Die direkten Folgekosten für die Stadt belaufen sich bei einer Schließung der Schule auf rund 2 Mio €. (1,2 Mio € KITA Bummi, ca. 800 000 € Anpassungskosten zwecks Aufnahme der Kinder aus der Diesterwegschule). Was die Stadt für Erhalt und Sanierung der Diesterwegschule NICHT aufbringen kann, würde sie jedoch ausgeben, um die Folgen der Schulschließung aufzufangen. Wie geht DAS denn?
2. Die Stadt betreibt weiter 6 bestandsfähige Schulstandorte. Damit ist die Sanierung ganz klar eine unabweisbare Aufgabe und alle weiteren Diskussionen erübrigen sich. DARUM geht es im anstehenden Bürgerentscheid.
Eine Schließung der Diesterwegschule würde 800 000 € kosten. (Volksstimme 16.09.2016)
Nein. Mit einer Schließung der Diesterwegschule müssen in der Kita Bummi zusätzlich 1,2 Mo € investiert werden, da diese ebenfalls sanierungsbedürftig ist. Mit Erhalt und Sanierung der Diesterwegschule wird die KITA in die Schulanlage integriert, Sanierungskosten am alten Standort entfallen.
Schließung der Diesterwegschule produziert also ganz klar Folgekosten von mindestens 2 Mio €.
Die losgetretene Pleite-Hysterie um Erhalt und Sanierung der Diesterwegschule reduziert sich also auf die Frage: Steckt die Stadt bei einem positiven Bürger-Votum für 6 Schulstandorte 2 Mio € Eigenmittel in die Sanierung, bei einem negativen Ausgang 2 Mio in die direkten Folgekosten einer Schließung? Das nennen wir eine Nullnummer.
Untergegangen: Wert einer Schule vor Ort?
Darüber wurde nie gesprochen. Dabei sollte dies in solche Überlegungen mit einbezogen werden. Diese Abwägung zumindest sieht die Landeshaushaltsordnung(LHO) in §7 gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise vor. Wir reduzieren das hier auf einige zentrale Fragen:
- Nicht der Einzige, aber ein wichtiger Faktor: Wertentwicklung der Immobilien mit oder ohne Grundschule im Quartier ? Ein heißes Eisen, was jeder Immobilienhändler bestätigen wird.
- Daraus folgend Steuereinnahmen für die Stadt?
- Zuzug junger Familien mit oder ohne Schule - demografische Entwicklung des Quartiers - daraus folgernd erneut die Frage nach der langfristigen Steuerkraft eines Quartiers.
- Standortattraktivität der gesamten Stadt, welche ein ausgewogen verteiltes Grundschulnetz in der Kernstadt, den Ortsteilen UND Quartieren vorhalten kann? (Stadtentwicklungspan)
All das sind Werte, welche sich auch in Zahlen niederschlagen. Daraus ergibt sich dann sehr schnell, dass das, was wir als Nullnummer bezeichnen, nur die halbe Wahrheit ist. Die Fragestellung verändert sich nämlich wie folgt:
Einsatz von 2 Mio € Eigenmittel in die Diesterwegschule für die Erhaltung eines langfristig Wert schöpfenden Quartierinfrastrukturbausteins, wovon die gesamte Stadt Halberstadt profitieren wird?
Oder:
2 Mio € aus der Stadtkasse für die Folgekosten einer Schließung, addiert um eine
beträchtliche Wertvernichtung und mittelfristig entsprechenden Einnahmenausfall für die Stadt. Wer will sowas?
Am Sonntag fällt der erste Entscheid: 5 oder 6 Standorte. Für einmal sind es die Bürgerinnen und Bürger, welche dies an der Urne entscheiden dürfen. Direkte Demokratie. Entscheiden Sie mit. Gehen Sie abstimmen!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen