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Koalitionsvertrag: Grundschulen im ländlichen Raum 1

Seit gestern liegt der Koalitionsvertrag für die Legislatur 2016-21  vor. Zum Thema Grundschulen im ländlichen Raum wird ein Lösungsansatz "Schulverbund" präsentiert. Wir begrüßen diesen Vorstoss ausdrücklich, auch wenn dabei noch viele Fragen zu beantworten sind. Dies geschieht in einem ersten Beitrag konkret zum Thema Schulverbund und im zweiten Beitrag zum gegenwärtigen Kontext mit der SEPL-VO2014 und STARKIII. Wir vom Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort finden, diese Fragen müssten beantwortet sein, BEVOR einem Koalitionsvertrag zugestimmt wird. Hier der Text:



"..um zwei oder mehrere Grundschulen organisatorisch zusammenzufassen..."

  • Ein wichtiger Passus für viele flächenmäßig große Einheits- und insbesondere Verbandsgemeinden. "Zwei oder mehrere" würde bedeuten, dass Grundschulen  als Aussenstellen um ein Schulzentrum mit z.B. 80 -100 Schülern bestandsfähig sind.
".. Grundschulverbünde mit zwei bestehenden Grundschulen sollen insgesamt nicht unter 120 Schülerinnen und Schüler aufweisen, an einzelnen Standorten nicht unter 40. 
  • Das bedeutet bei 3 Schulen im Schulverbund mind. 180 Schüler, bei 4 Schulen 240 Schüler? Also lägen wir wieder bei der Mindestschülerzahl 60 im Durchschnitt. Weshalb? Reicht es nicht, ein geleitetes Schulzentrum mit Schulleitung zu definieren, welches dann die Fachlehrer für die Verbundsschulen einteilt und einsetzt?
  • Weshalb taucht da die 60-er Norm überhaupt wieder auf, wenn im dünn besiedelten Raum laut SEPL-VO2014 bisher 52 als Mindestschülerzahl gilt? Soll das gekippt werden?
  • Diese (unnötigen ?!) Mindestschülerzahlen für den Verbund führen zu folgender absurden Situation: Zentrumsschule mit 180 Schülern kann also bis zu drei Verbundsschulen aufnehmen und würde noch locker in den geforderten 240 Schülern liegen.  Im ländlichen Raum wird es jedoch Verbandsgemeinden mit drei Schulstandorten und heutigen Schülerzahlen von 60-80 verunmöglicht, diesen Verbund nachhaltig  aufzubauen, da die Schülerzahlen sinkend sind. Genau DIE Schulen im ländlichen Raum, welche man stabilisieren will, kommen bei dieser Zahlenspielerei NICHT zum Zuge oder nur, wenn sie aus drei Schulstandorten zwei machen!
"Gerade im Primarbereich ist die Bindung an das Lehrpersonal wichtig. Dies kann u.a. durch jahrgangsübergreifenden Unterricht gewährleistet werden."

Eine richtige Aussage, doch lehrt uns die Erfahrung der letzten drei Jahre, dass wir hier deutlich nachfragen müssen: z. B 45-er Schuler mit "jahrgangsübergreifendem Unterricht":
  • Bedeutet dies jahrgangsdurchmischte Klassenbildung (1./2. Klasse, 3./4. Klasse oder weiterhin Klassenbildung auf Jahrgangsstufen? Jahrgangsdurchmischte Klassenbildung erfüllt die Forderung im Koalitionsvertrag "Es darf dabei zu keinem erhöhten Einsatz von Ressourcen kommen." Phasenweise klassenübergreifender Unterricht baut weiterhin auf dem Jahrgangsklassensystem auf und würde dieser Forderung widersprechen, da vier Klassenlehrkräfte gesetzt werden müssen.
  • Wenn tatsächlich jahrgangsdurchmischte Klassenbildung gemeint ist, was unserer Meinung nach der einzige mögliche Weg ist, Schulen langfristig im ländlichen Raum zu halten: Weshalb dann Mindestschülerzahl 40? Dies würde bedeuten, dass in diesen Verbandsschulen mit Klassengrößen (1./2. Klasse und 3./4. Klasse) ab 20 (!) gearbeitet werden muss. Die SEPL-VO2014 sieht aber Klassengrößen ab 15 als Richtwert. Somit wären also Lehrkräfte, welche tatsächlich Kombi-Klassen unterrichten möchten, bezüglich Klassengröße benachteiligt. Logisch wäre dieselbe Klassengröße, also 15 und damit sinkt die Mindestschülerzahl der Verbundsschule auf 30. Nach heutigem Stand wären somit alle (noch) bestehenden Grundschulen Sachsen-Anhalts bestandsfähig bis 2030.
  • Was passiert eigentlich mit den rund 50 Grundschulen, welche in den letzten 5 Jahren geschlossen wurden und nach diesem Vorschlag eigentlich klar bestandsfähig wären?
"Es darf zu keinem erhöhten Einsatz von Ressourcen kommen."

Es sind exakt diese starren Zahlenvorgaben, welche zu erhöhtem Bedarf führen. Weshalb also nicht unser ursprünglich eingereichter Vorschlag? Lehrerzuteilung erfolgt nach Lehrer-Schüler Quote. z.B. eine Vollzeitstelle/15 Schüler + Anteil Päd. Personal. Dargestellt und vorgerechnet hier im Februar 2014.  Damit kann die Schulleitung des Schulverbundes den gesamten Personaleinsatz hervorragend planen.

Wir vom Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort finden es toll, dass ein Richtungswechsel in der Grundschulnetzplanung des ländlichen Raumes angedacht wird. Wir hoffen, dass obige Frage in dieser Woche und an den Parteitagen geklärt werden.

Denn: WER A sagt und es ernst meint damit, muss B sagen und zu B kommen wir im nächsten Beitrag.

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