Direkt zum Hauptbereich

STARKIII / SEPL-VO2014: Gefangen in der selbstkonstruierten Falle!

Am 27 . Mai tagt der Ausschuss für Bildung und Kultur in Magdeburg. Neben der Beratung zu unseren beiden Petitionen stehen unter TOP 6 zwei Anträge der Partei Die Linke und Grüne/Bündnis 90. Es geht inhaltlich um Anpassungen in der Schulentwicklungsplanung und dem energetischen Sanierungs- und Wirtschaftsförderungsprogramm STARKIII. Wieder der Versuch einer Notreparatur an einem statisch einsturzgefährdeten Gebäude, welches seit zwei Jahren abgerissen gehört, denn es gibt elementare Planungsfehler:

Systemfehler 1 : SEPL-VO2014, Ernst Romoser vor Schulschließungsmoratorium im März 2014


In diesen wenigen Sätzen ist alles erklärt. Ernst Romoser erklärt hier die "perspektivische Schulentwicklungsplanung", deren Ziel es ist, mit möglichst wenigen Schulschließungen eine ortsnahe Grundschulversorgung sicher zu stellen.  Der Zielwert, an welchem sich Planung auszurichten hat, sind also die 2030 zu erwartenden ca.20 Kinder der kleinsten Schule. Damit hätten alle Schulen eine Perspektive. Natürlich hat eine solche Planung zur Folge, dass die Organisation des Unterrichts angepasst werden muss, denn wer weiter starr am Jahrgangsunterricht festhält, kann diesen Zielwert nie und nimmer erreichen! Da ist mit Mindestschülerzahl 60 die absolute Schmerzgrenze erreicht!
Somit wackelt  perspektivisch auch die Zukunft von 219 Schulen(Stand 2013) mit unter 100 Kindern! Sie werden alle bis 2030 an dieser 60-er Grenze knabbern. Wenn wir nun davon ausgehen, dass aus 2 heutigen Schulen eine würde, stehen also 100 Schulen auf der Streichliste.

Bayern und Sachsen sind den Weg der echten Zukunftsplanung gegangen. Auch da gab es Mindestschülerzahlen mit 60 und mehr Kindern. Man hat sich, im, Gegensatz zu Sachsen-Anhalt für einen anderen Weg entschieden.  Bestandsgarantie ab 25 Kindern (Bayern) und 35 Kinder (Sachsen) sind die Richtwerte. Diese gelten sowohl für die Schulentwicklungsplanung wie auch für die Demografie-Checks der EU-Förderprogramme.

Systemfehler 2: STARKIII verlangt im Demografie-Check eine SOLL-Zahl 80 für das Jahr 2035.  Eine Schülerzahl, welche höher ist als  die  IST-Schülerzahl von  144  Grund-Schulen im ländlichen Raum! (Stand Schuljahr 2013/14)

Alleine diese Diskrepanz macht deutlich, dass wir hier nicht von Schulentwicklungsplanung sprechen können. Hier handelt es sich um ein Schulschließungsszenario, EU-finanziert, mit erklecklichen Steuereinnahmen für den Fiskus und dem Ergebnis, dass ortsnahe Schulbildung für immer mehr Familien zum Fremdwort wird. 

Einzig und alleine auf Landesbene entschieden!
STARKIII könnte sich also ebenfalls  an der zu erwartenden Mindestschülerzahl 2030 der kleinsten Grundschule im Land orientieren und darauf die Förderfähigkeit aufbauen. Die EU lässt das zu, Sachsen und Bayern machen dies. Nur: Wer macht dies, wenn die Mindestschülerzahl laut SEPL-VO2014 60 beträgt?
Grotesk ist die Tatsache, dass laut Darstellung des Finanzministeriums das Kultusministerium für die Richtwerte des Demografie-Check verantwortlich ist.
Das Ergebnis: Ein und dasselbe Ministerium erlässt zwei völlig realitätsfremde Mindestschüler-Verordnungen, wobei die Eine die Andere um die doppelte Mindestschüleranzahl übertrifft. NACH der Korrektur der SEPL-VO2014 wird nun deutlich, dass diese Differenz rational weder begründet noch zu erklären ist, wenn man  das oben beschriebene "echte" Zukunftsplanungsmodell als Grundlage nimmt.


Zahlen 2015 ländlicher Raum
SEPL bleibt bei Mindestschülerzahl 60          STARKIII will mindestens 80 im Jahre 2030- 2035*
                                                                        (* 15 Jahre Laufzeit NACH Fertigstellung des Projektes)

Ein Projekt, welches also nach STARKIII gefördert werden will, benötigt demzufolge heute mindestens 120 Schüler! Das ist der doppelte Wert von dem, was die SEPL-VO2014 als bestandsfähige Schule bezeichnet. Mit der Korrektur der SEPL im Dezember 2014  ist also der Ungerechtigkeitsfaktor von STARKIII gegenüber einzügigen Grundschulen im ländlichen Raum NOCH krasser geworden! Die STARKIII-Planer interessierte das nicht. Weiter auf dem eingeschlagenen Weg.

Anpassung von STARKIII an SEPL-VO2014= 60 Schüler im Jahre 2030 ?
  • Die Folge wäre logischerweise eine Neu-Auflage der Bedarfsmeldung, denn mit einer Reduktion ergäben sich völlig andere Kombinationsmöglichkeiten für die Standortgemeinden. Da dies jedoch schon unterlassen wurde, als in der SEPL auf die 80-er Erhöhung verzichtet wurde, ist davon auszugehen, dass das auch in diesem Falle nicht passieren würde. Das Einzige, was derzeit zählt, die Norm, nach der sich alle zu richten haben, ist STARKIII !! SEPL-VO2014? Vergiss es!
  • STARKIII fährt eine eigenmächtige Schiene, greift in die gewachsene Struktur des ländlichen Raumes ein und verändert Lebensgrundlagen tausender von Familien. Dieses Recht hat das energetische Sanierungs- und Wirtschaftsförderungsprogramm STARKIII NICHT. Auch das Finanzministerium ist nicht befugt, derartige Eingriffe vorzunehmen. 
  • Spezielles "Förderprogramm" für die "Kleinen Schulen"? In diese Richtung hat sich Finanzminister Bullerjahn schon mal vage vor dem Landtag geäussert. Was soll das? Diese kleinen Schulen sind doch schon längst als Futter in die Bedarfsmeldung STARKIII eingearbeitet!
  • Was bringt denn die Reduktion auf 60 Kinder im Jahre 2030? Einen Sollbestand von über 85 Kindern heute! 150 Schulen (Stand Schuljahr 2013/14)  liegen UNTER dieser Marke. Aktuell dürften dies noch 75-80 Schulen sein! ..und es geht erst los mit den StarkIII-"Fusionen".
DAS ist die Falle, in welche sich Regierung UND Parlament hinein manövriert haben. Korrekturen bringen hier gar nichts mehr! Mit oder ohne Anpassung wird hier eine imaginäre Schullandschaft skizziert, an eine 15-jährige  Zweckbindung geknüpft (auch DAS ist KEINE EU-Vorgabe) und die nächste Regierung kann dann die Suppe auslöffeln. 

Kehren wir zurück in die Argumentation von Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort aus dem Jahre 2013: Im Dezember 2012 wurde aus dem Finanzministerium erklärt, rund 160 Schulen seien nicht zukunftsfähig. Ein halbes Jahr, bevor die SEPL-VO2014 überhaupt erlassen wurde! Wir stellten uns damals auf den Standpunkt, offensichtlich sei diese SEPL-VO2014 der Türöffner (=Schließungsverordnung) für das STARKIII-Programm des Finanzministeriums, welches unter Berufung auf ein hoch umstrittenes Deubel-Gutachten der wahre Strippenzieher dieser Schulentwicklungsplanung sei! Stichwort Personalentwicklungsplanung! Auch diese Argumentation bewahrheitet sich heute. Nur scheint es so, dass das damals prognostizierte "Personalsparpotential" nicht bei rund 400 Stellen, sondern höchstens 100 Stellen liegt... Salami-Taktik ohne Ende und das geht nun Jahr für Jahr in Form von Schulschließungen weiter! 

Ab sofort gelten zwei Zählungsarten für Schulschließungen: 
  • a) laut SEPL-VO2014 zu schließende Grundschulen 
  • b) auf Gemeindeebene "freiwillig" geschlossene Schulen, um damit bei anderen Schulen den Demographie-Check zu bestehen. Die "Freiwilligkeit" besteht darin, dass die Kommunen die unrealistischen Vorgaben von STARKIII zu erfüllen haben! 
  • Dazu der Hinweis: Auf welchen Grundlagen soll dieser Demografie-Check heute für die kommenden 20 Jahre errechnet werden? Eine riesige Luftnummer!
  • Die Ministerien für Kultur und Finanzen, welche dies einfordern, sind andererseits nicht mal in der Lage, den Lehrerbedarf der kommenden 5 Jahre korrekt zu eruieren und produzieren Unterversorgung!
Eine wirkliche Korrektur setzt dort an, wo wir 2013 begonnen haben. Moratorium, Neuplanung mit Parametern, welche den Namen Entwicklungsplanung verdienen und sich nicht auf Abwicklungsplanung beschränken. Zu dieser Korrektur war und scheint der Landtag nicht in der Lage! Die Koalition CDU/SPD blockt das konsequent ab!

Wir sind gespannt, was die EU zu dieser Argumentation sagen wird

Deswegen sind wir  bereits den nächsten Schritt gegangen: Wir möchten wissen, wie die EU diesen Sachverhalt - und zwar nur, was die Förderung oder eben Nichtförderung bestimmter Bereiche im ländlichen Raume betrifft, beurteilt. Am Beispiel von StarkIII. Die Gestaltung des Schulnetzes, also mögliche weitere Korrekturen an SEPL-VO2014, ist Ländersache, deswegen konzentrieren wir uns auf STARKIII.  Hier unser Brief an die zuständigen EU-Stellen und -abgeordneten. Auf die Antwort sind wir gespannt!


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Sprechen wir mal "von Schule" - Klassenzimmer: Wartsaal oder "die zweite Lehrkraft" ?

Wir befassen uns heute mit  den Räumen in welchen Kinder und Jugendliche im Alter von 6 - 16  mehr als die Hälfte ihres Lebens verbringen. Es sind zwei Punkte, welche im Vordergrund stehen: Nutzung des Raumes  und Möblierung. Der Titel deutet es schon an, hier geht es um die Nutzung. Das Bild links zeigt ein Klassenzimmer um 1900 herum.   Der dazugehörige Beitrag ist sehr lesenswert. Schule um 1900 eben. "Und auch aus diesen Jungs und Mädchen ist was geworden", höre ich bereits. Ja, das ist so. Das Bild rechts oben und die Bilder dieses Abschnittes zeigen Klassenzimmer von heute. In den meisten Grundschulen sehen wir nach wie vor die klassische Bestuhlung und sie besagt etwas: Gängigste Unterrichtsmethodik ist Frontalunterricht. Dies wiederum bedeutet für die Schüler: Viel sitzen, viel zuhören, wenig Eigenaktivität und Bewegung. Ja, es gibt auch andere Klassenraumbestuhlungen, sie sind lobend zu erwähnen, denn sie machen auf den ersten Blick klar, dass Unterric

Schülerbeförderung: 75 Minuten für 7-Jährige ! Wo bleibt eigentlich das Jugendamt?

Das Thema Schulschließungen produziert auf einer anderen Ebene Probleme, welche das Kultusministerium kaum und das Finanzministerium offenbar schon gar nicht interessieren. Es geht dabei einerseits um entstehende Kosten für den Schülertransport und zugleich um die Frage: Wo liegt die Grenze der Zumutbarkeit von Schülertransporten für Grundschüler? Dazu hat man in den letzten Tagen mehr erfahren: Kosten der Schülertransporte: Dazu Infos aus dem Kreise Jessen. Die Transportkosten stiegen von 4,26 Mio € im Jahre 2008 auf 5,45 Mio im Jahre 2011. Die durchschnittliche Kilometerleistung für einen Weg/Schüler betrug 15,61 Kilometer (2011) und wird mit den begonnenen Schulschließungen massiv zunehmen. ( Quelle MZ ) Diese Millionen scheinen irgendwo vom Himmel zu regnen und das Haushaltsbudget des Landes Sachsen-Anhalts nicht zu belasten. Hier spricht man nämlich nur vom enormen Sparpotential, ohne genauere Zahlen zu nennen. 75 Minuten von Tür zu Tür Zumindest der Landkreis Mansfeld S

Die Rechte unserer Kinder (1)

http://www.jugenddelegierte.de Nachdem wir inzwischen bis zum Gehtnichtmehr dargestellt haben, dass die Schwerpunkte der gegenwärtigen Planungen des Finanz- und Kultusministeriums ausschließlich finanzielle und personelle Gründe haben, möchten wir in diesem und den folgenden drei Beiträgen die Kinder in den Fokus stellen  Sie sind es, welche am Unmittelbarsten betroffen sind und - das behaupten wir jetzt - entsprechend Schaden nehmen oder benachteiligt werden Die Uno-Kinderrechts-Konvention von 1989  legt die Kinderrechte in 10 Punkten fest:  Drei davon möchten wir in diesem Zusammenhang herausgreifen: das Recht auf Gesundheit das Recht auf Bildung das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung 1. Recht auf Gesundheit Dazu eine Wegleitung zum Schlafbedarf von 6-11-Jährigen Für 5-6-Jährige beträgt dieser 11,5 Stunden, 7-11-Jährige liegt der Wer bei 11 Stunden. Daraus ergibt sich ein handfestes Problem für Eltern, deren Kinder bereits um 05:30 aus den Federn müssen, u