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Deutsch und deutlich: Schulentwicklungsplan des Landes definitiv gescheitert!

Seit mehr als einem Jahr liegen den Ausschüssen des Landtages Berechnungen des Aktionsbündnisses vor, wonach die geplante Umsetzung der Schulentwicklungsplanungs-Verordnung (SEPL-VO2014) NICHT die gewünschten Spareffekte bringen wird. Inzwischen ist auch bekannt, dass das Kultusministerium offenbar NICHT in der Lage ist, eine aussagekräftige Wirtschaftlichkeits-Untersuchung im Sinne der Landeshaushaltsordnung vorzulegen, obwohl dies eigentlich die Grundlage für die SEPL-VO2014 sein müsste.

Die Kritik des Aktionsbündnisses Grundschulen vor Ort, wonach sowohl SEPL-VO2014 wie auch STARKIII mit den gegenwärtigen Eckwerten und Mindestschülerzahlen langfristig NICHT umsetzbar seien, wurde offenbar belächelt, konnte aber bis heute nicht widerlegt werden. Die Forderung nach einem Schulschließungsmoratorium - Gegenstand eines Antrages der Linksfraktion im Landtag, zuvor bereits einer von mehr als 30.000 Menschen unterzeichneten Petition des Aktionsbündnisses Grundschulen vor Ort - wurde im Landtag mit den Stimmen der Regierungsparteien CDU und SPD abgelehnt.

Die „Kehrtwende“ der Regierungsparteien: Alles ist möglich, nichts ist fix!

Als erste der beiden Regierungsparteien ließ die CDU verlauten, man prüfe die Einführung von Schulverbünden, ebenso eine Überprüfung der Mindestschülerzahlen von 2017/18 von 60 auf 80 Kinder. Damit provozierte die CDU im Vorfeld der Kommunalwahl eine kleine Koalitionskrise und stellte sich dann aber nach aufgeregter Intervention von SPD-Finanzminister und SPD-Fraktionsvorsitzender wieder hinter die Schulplanungsverordnung. Allerdings war dies lediglich dem Hausfrieden geschuldet, denn nach der Kommunalwahl machten einzelne CDU- Spitzenpolitiker keinen Hehl aus ihrer Absicht, Schulverbünde erneut zu prüfen, wenn nicht mit der SPD möglich, dann eben nach der Landtagswahl 2016 mit einem neuen Partner.

SPD-Chefin Budde will neue Mindestschülerzahlen für den ländlichen Raum
Man darf das nun schon als Überraschung bezeichnen, wenn die Chefin der SPD im Volksstimme-Interview vom 31.7.2014 persönlich die unrealistischen Vorgaben ihrer eigenen Ministerien in Frage stellt: „... und ich meine, dass wir neu überlegen sollten, ob es nicht vernünftig ist, für mehr Schulen im ländlichen Raum die Mindestzahl von 60 Schülern zuzulassen. Das ist eine vernünftige Mindestgröße, um einen qualitativ hochwertigen Schulbetrieb zu ermöglichen.“


Wir halten fest: Entgegen allen bisherigen Behauptungen der SPD-Politiker in den Fachausschüssen, wonach „guter Unterricht“ und ausreichende Unterrichtsversorgung“ nur in zweizügigen Grundschulen zu gewährleisten sei (SEPL-VO2014 fordert für Neueröffnung von Grundschulen Zweizügigkeit!), ist nun also qualitativ hochwertiger Unterricht auch mit 60 Schülern möglich. Das weiß man ohnehin von den vielfältigen Erfahrungen in anderen Ländern und auch in anderen Bundesländern.

Kein Wort zu STARKIII? Hier wird die bestandsfähige Grundschullandschaft geplant!
Laut Pressemitteilungen des Finanzministeriums sind bis 2022 sämtliche „bestandsfähigen“ Grundschulen energetisch saniert. Um diesen Termin zu halten und die EU-Töpfe maximal auszuschöpfen, werden die Kommunen über die Sommerferien zur Einreichung von Bedarfsmeldungen gedrängt. Die dafür vorgesehenen Eckwerte im Demographie-Check: Mindestens 100 Schüler über die Laufzeit von 15 Jahren. Das heißt, es muss ein heutiges Schülerpotential bei Bedarfsmeldung von mindestens 160 Schülern nachgewiesen werden, um STAKRIII-„fähig“ zu sein.

8 -10 Millionen € alleine für Bedarfsmeldung-finanziert aus den Kommunalbudgets!

Um die geforderten Unterlagen überhaupt liefern zu können, bewilligen die Kommunen Gebäude- Fachuntersuchungen durch Spezialisten in Rahmen von 10 000 -15 000 € pro Projekt, ohne zu wissen, ob sie überhaupt in den Genuss von Fördermitteln kommen werden. Geschätztes Auftragsvolumen in Sachsen-Anhalt für diese Studien: Rund 8 -10 Mio € in freihändiger Vergabe (weil eine öffentliche Ausschreibung zu lange dauern würde, Anmeldeschluss für die Bedarfsmeldung ist vom Finanzministerium auf 30. September 2014 gesetzt!). Das wird bezahlt aus den eh schon klammen Kommunalhaushalten, für die die Planungen des Finanzministeriums in Zukunft geringere Zuweisungen aus dem Finanzausgleich signalisieren.
DAS ist nun Verschleuderung von Steuergeld im großen Stil!

Nochmals: Die SPD zeigt also Gesprächsbereitschaft, 60 Schüler (und nicht mehr 80) für den ländlichen Raum – für den ganzen ländlichen Raum? - über das Jahr 2018 hinaus als Kriterium für Bestandsfähigkeit in der SEPL-VO2014 festzuschreiben. Währenddessen kratzen die Kommunen durch Schulkreisänderungen und weitere Schulschließungen ihre Schülerpotential von 160 Kindern zusammen, um STARKIII-förderwürdig zu werden. Das ist die momentane Situation und darauf ausgerichtet sind sämtliche Planungsbemühungen.

Doch auch hier gibt es Signale, dass es anders kommen könnte. Finanzminister Bullerjahn meint, man müsse für die Kleinen Schulen in späteren Jahren ein maßgeschneidertes STARK-Programm auflegen. Sarkasmus pur: Mit dem jetzigen STARKIII werden genau diese Schulen geschlossen, damit „förderfähige“ Schulen überhaupt den Demographie-Check zu bestehen.

Zwei Definitionen von bestandsfähig: SEPL-VO2014 sagt 80, STARKIII meint 160

Da die Fördergelder über STARKIII fließen, ist völlig klar, auf welchen Wert sich die Kommunen in ihrer Planung ausrichten müssen. Unterschiedliche Verordnungen führen dazu, dass die gesamte Schulentwicklungsplanung mit zwei unterschiedlichen Eckwerten ad absurdum geführt wird!

Mit welcher Ignoranz kann behauptet werden, niemand werde gezwungen, STARKIII zu beanspruchen, wenn die finanziellen Mittel des Landes für die Sanierung von Schulen und KITAS NUR über STARKIII fließen? Derzeit ist dies die einzig relevante Planungsgröße für Kommunen, welche mittel- und langfristig denken.

Wie geht’s weiter? Im Blindflug?

  • Die Regierungsfraktionen kündigen vor oder in den Sommerferien Umdenken und Korrekturen an.
  • Die bisherige Schulentwicklungsplanung müsste also nachgebessert werden.
  • Schulen, welche nach heutiger Lesart in den kommenden Jahren zu schließen sind, wären wieder bestandsfähig.
  • Diese Schulen sind jedoch bereits als „Schülerlieferant“ in STARKIII-Projekten eingeplant.
  • Deswegen wird trotz aller Ankündigungen nach alten Vorgaben weiter geplant, werden Schulen geschlossen.
  • Nach erfolgter Korrektur von SEPL-VO2014 und STARKIII in zwei oder drei Jahren klopfen sich die Politiker auf die Schulter.
  • Sie haben laut korrigierter Verordnung „Kleine Schulen“ gerettet –
  • ...und übersehen, dass diese schon längst irreversibel geschlossen und in STARKIII-Projekten aufgegangen sind
Wer stoppt diesen Irrsinn?
Verantwortungsbewusste Politiker oder Gerichte?

Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort
Ernst Romoser  eromoser@gmx.net
Walter Helbling  walteranamur@gmail.com

Heinz-Josef Sprengkamp  h.sprengkamp@gmx.de

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